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Die Gesundheitsberichte des Landgerichtsarztes Dr. Schleis von Löwenfeld (1772-1852)

Einsichten und Perspektiven 3 | 17

lichen Gesundheitsdienst (ÖGD) z.B. bei der Einführung der

Pockenschutzimpfung ist noch wenig bekannt. Als einer der

ersten staatlich besoldeten Ärzte wurde er zum Vertreter eines

neuen Systems staatlicher Medizinalverwaltung in Bayern.

Durch die zunehmende Digitalisierung historischer Doku-

mente sind seine und andere Topographien nun online frei

zugänglich.

Joseph Kuhn hat 2007 an die „vergessene Geschichte“

der Gesundheitsberichterstattung erinnert, die mehr als 200

Jahre zurückreicht und ihre Wurzeln in den sog. „medizini-

schen Topographien“ hat.

2

Zu den Pionieren dieser Quellen-

gattung in Bayern zählt der Oberpfälzer Landgerichtsarzt Dr.

Christoph Raphael Schleis von Löwenfeld, der trotz einiger

Publikationen,

3

die sich mit ihm befassen, bislang nicht den

Bekanntheitsgrad erreicht hat, den er als einer der fortschritt-

lichsten Amtsärzte seiner Zeit verdient hätte.

Herkunft und Studium

Christoph Raphael Schleis von Löwenfeld wurde am

21. September 1772 in Sulzbach, Fürstentum Pfalz-Sulz-

bach (heutiges Sulzbach-Rosenberg, Landkreis Amberg-

Sulzbach), geboren und stammte aus einer angesehenen

Adelsfamilie.

4

Sein Vater Dr. Bernhard Joseph Schleis

von Löwenfeld (1731-1800) war Stadt- und Landge-

richtsphysikus in Sulzbach, später dort auch kurfürstli-

cher Hof- und Medizinalrat sowie Leibarzt der Herzogin

Dorothea Franziska von Pfalz-Zweibrücken (1724-1794),

2 Joseph Kuhn: Die historische Entwicklung der kommunalen Gesundheits-

berichterstattung – eine Forschungslücke, Gesundheitswesen 69 (2007),

S. 507–513.

3 Wolfgang Locher: Schleis von Löwenfeld– ein oberpfälzisches Ärztege-

schlecht, in: 350 Jahre Wittelsbacher Fürstentum Pfalz-Sulzbach. „Die

Mitten im Winter grünende Pfaltz“ (Schriftenreihe des Stadtmuseums und

Stadtarchivs Sulzbach-Rosenberg 22), Sulzbach-Rosenberg 2006; ders-

ders.: Nachwort, in: Christoph Raphael Schleis von Löwenfeld, Medizini-

sche Ortsbeschreibung der Stadt Schwandorf im Nordgau. Unveränderter

Nachdruck der Ausgabe von 1799 (Schriftenreihe des Stadtmuseums und

der Stadtbibliothek Schwandorf 1), Kallmünz 1999, S.1-28; Hellmut Haff-

ner: Das »Oberpfälzische Wochenblatt« und die Presseanfänge der mitt-

leren Oberpfalz (Amberg und Sulzbach) bis zum Beginn der Tageszeitung,

Sulzbach-Rosenberg 1968; August Hirsch (Hg.): Biographisches Lexikon

der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker, München/Berlin 1962;

Georg Klitta: Wer ist Christoph Schleiß von Löwenfeld? Der Heimaterzäh-

ler, Heimatbeilage für das Schwandorfer Tagblatt Nr. 3 v. März 1954, o.S.

4 Bezüglich der biographischen Daten findet man unterschiedliche Anga-

ben bzw. Unstimmigkeiten, u.a. beim Geburtsdatum. Laut Taufeintrag, er-

halten vom Bischöfl. Zentralarchiv Regensburg am 14.02.2017, wurde er

am 21.09.1772 in Sulzbach getauft, wobei es damals üblich gewesen sei,

die Taufe am Tag der Geburt vorzunehmen. Seine Vornamen lauten Chris-

toph Christian Joseph, er selbst nannte sich aber Christoph Raphael. Die

Schreibweise des Nachnamenteils „Schleis“ variiert mit „Schleiß“. Weitere

wichtige Quelle: Staatsarchiv Amberg: Regierung, Kammer der Finanzen

3607. Franziska Schleiß v. Löwenfeld an Regierung der Oberpfalz, dat.

Amberg 5.4.1852; Literatur vgl. Anm. 3.

der Stammmutter des bayerischen Königshauses. Als füh-

rendes Mitglied der freimaurerischen Vereinigung der sog.

Gold- oder Rosenkreuzer erlangte er über die medizini-

schen Aktivitäten hinaus historische Bedeutung. Hervor-

zuheben ist seine Aufgeschlossenheit gegenüber neuen

Entwicklungen: So probierte er 1769 wohl als erster Arzt

in der Oberpfalz die Blatternimpfung an seinen eige-

nen Kindern aus, also die seinerzeit nicht unumstrittene

und risikobehaftete Impfung Gesunder mit Pockeneiter

erkrankter Personen. 1794 gründete er in Sulzbach eine

Wochenzeitung, das Oberpfälzische Statistische Wochen-

blatt, und nutzte es bis zu seinem Tod gerade auch für die

gesundheitliche Aufklärung.

Sein Sohn Christoph Raphael studierte von 1791-1794

in Ingolstadt Medizin und erwarb 1794 den Doktortitel

Dissertation 1794

Quelle: Bayerische Staatsbibliothek München, Diss. 1431-1/28#Beibd.28,

Titelblatt, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10844452-4