Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 3/13) - page 53

Die Rationalität der Etappen europäischer Integration 1939–2013
Einsichten und Perspektiven 3 | 13
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Karikatur: Peter Leger, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
trittsvertrag unterzeichnen, der eine fünfjährige Über-
gangsfrist vorsah, in deren Verlauf die griechische Wirt-
schaft sukzessive an das Niveau der EG angepasst werden
sollte. Die EG sagte zu diesem Zweck beträchtliche finan-
zielle Mittel zu. Der Vertrag trat ab 1. Januar 1981 in Kraft.
Mit dem 1. Januar 1986 folgten auch Spanien und Portugal
als weitere Mitglieder. Die Zwölfergemeinschaft schuf neue
Herausforderungen für die EG. Setzte die befürchtete Bin-
nenwanderung „billiger“ südeuropäischer Arbeiter in die
Kernregionen Europas nicht ein, so waren die befürchteten
Strukturunterschiede in der Wirtschaft und das enorme
Wohlstandsgefälle zwischen Gründerstaaten undNachzüg-
lern nicht rasch auszugleichen und von langfristiger struk-
tureller Problematik, weil die Wettbewerbsfähigkeit der
ÖkonomienGriechenlands und Portugals beschränkt blieb.
Politische Motive sehr vernunftgeleiteter Natur, nämlich
zur Konsolidierung und Stabilisierung der südeuropäischen
Demokratien beizutragen, waren letztlich entscheidend,
obwohl es Bedenken wegen der wirtschaftlichen Rückstän-
digkeit dieser Länder gab. Der Finanzierungsbedarf war
enorm, das demokratie- und ordnungspolitische Argument
sollte aber nicht nur die Oberhand behalten, sondern sich
für die achtziger und neunziger Jahre auch als richtig er-
weisen.
Binnenmarkt, deutsche Einheit, Vertrag von
Maastricht und die „EFTA-Erweiterung“
1985–1995
Einheitliche Europäische Akte und Binnenmarkt
Seit Anfang der achtziger Jahre setzte eine konzertierte
deutsch-französische Integrationspolitik ein, die sehr von
rationalen und politischen Überlegungen inspiriert war. Die
Hauptakteure waren Frankreichs Staatspräsident François
Mitterrand, EG-Kommissionspräsident Jacques Delors
und Deutschlands Bundeskanzler Helmut Kohl. Am 19. Ju-
ni 1983 hatte der Europäische Rat in Stuttgart die „Feierli-
che Deklaration zur Europäischen Union“ unterzeichnet,
und am 14. Februar 1984 war der Vertragsentwurf zur
Gründung der „Europäischen Union“ vom Europäischen
Parlament angenommen worden, was Aufbruchstimmung
signalisierte. Am 7. Januar 1985 hatte Delors die Präsident-
schaft der EG-Kommission übernommen. Am 3. Dezem-
ber 1985 einigte sich der Europäische Rat im Grundsatz
über die „Einheitliche Europäische Akte“ (EEA) zum Aus-
bau der vertraglichen Grundlagen der EG im Sinne der
Stuttgarter Deklaration. Das von der EG-Kommission seit
1985 lancierte Binnenmarktkonzept „EG 92“, die am 1. Ju-
li 1987 in Kraft getretene EEA vom 17./18. Februar 1986,
1...,43,44,45,46,47,48,49,50,51,52 54,55,56,57,58,59,60,61,62,63,...72
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