4.1 / Entscheidungshilfe für Lehrkräfte
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fliktpotenzial verbirgt und wo mögliche
Fallen liegen (beispielsweise aufgrund
einer schwierigen Familiensituation ei-
ner Schülerin bzw. eines Schülers). Sie
begleiten den gesamten Prozess, sind
Ansprechpartnerin bzw. Ansprechpart-
ner für Ihre Schülerinnen und Schüler
und tragen eine hohe Verantwortung.
Lassen Sie sich diese Rolle nicht von
Trainern oder Coaches streitig machen.
Verschaffen Sie sich über Ihre
eigene
Rolle
im geplanten Programm Klarheit:
Sind Sie Teilnehmerin bzw. Teilnehmer
im Programm und damit wie die Schü-
lerinnen und Schüler in den Prozess in-
tegriert? (Das bietet die Chance der
unauffälligen Steuerungsmöglichkeit,
birgt aber die Gefahr, selbst der Dyna-
mik im Prozess zu unterliegen. Prinzi-
piell ist anzufragen, ob die Rolle der
Teilnehmerin bzw. des Teilnehmers
einer Lehrerrolle überhaupt gerecht
werden kann.) Oder sind Sie neutraler
Beobachter, der die Schülerinnen und
Schüler kennt, weiß, wo Grenzen lie-
gen, und dafür sorgt, dass diese nicht
überschritten werden? (Diese Rolle bie-
tet die Chance der fokussierten Wahr-
nehmung, allerdings wirken Interventio-
nen von außen sehr stark.) Oder sind
Sie Partnerin bzw. Partner in einem Lei-
tungsteam, in dem Ihre Kompetenzen
und Ihr Wissen um die Klassenzusam-
mensetzung gefragt sind?
Es empfiehlt sich zudem, sorgfältig auf
pädagogische Settings
zu achten und
mit den Coaches vorab zu besprechen,
welche Schwierigkeiten auftreten könn-
ten. Dazu ist es notwendig, sich mit den
Inhalten und Methoden im Vorfeld ver-
traut zu machen und zu prüfen, ob of-
fengelegt wird, was im Programm alles
gemacht werden soll.
Zudem sollte der gesamte Prozess kri-
tisch begleitet und darauf geachtet
werden, dass nicht in vielen kleinen
Schritten
Grenzen
immer weiter ver-
schoben werden.
Hilfreich kann sein, sich im Vorfeld
mögliche Reaktionen und Konsequen-
zen zu überlegen. Wie
interveniere
ich, wenn etwas aus dem Ruder läuft
oder sich anders entwickelt, als ich es
für gut und richtig erachte?
Kritische Fragen während des Aufent-
halts/Angebots:
Werden die Mahlzeiten einseitig aus-
gewählt (z. B. nur vegetarische Kost)
und verbindlich vorgeschrieben?
Behalten Worte ihre Bedeutung? Müs-
sen Begriffe neu erlernt werden? Wird
die Verwendung mancher Worte unter-
sagt? Welchen Sinn hat dies?
Finden die Übungen in Gruppen statt –
und zwar derart, dass man nur schwer-
lich von Vertrauensschutz sprechen
kann?
Wie geht man mit den Schülerinnen
und Schülern um: Achtet man auf ihre
Würde oder werden Einzelne vor ande-
ren herabgesetzt?
Sagt man den Schülerinnen und Schü-
lern, dass sie selbst zu 100 Prozent für
ihr eigenes Leben verantwortlich sind?
Werden ihnen einseitige, eindimensio-
nale oder weltanschaulich fragwürdige
Parolen eingetrichtert?
Werden den Schülerinnen und Schü-
lern Schuldgefühle eingeredet?
Achtet man Wünsche der verantwort-
lichen Lehrkraft sowie der Schülerinnen
und Schüler?
Darf Kritik geübt werden? Wie geht
man mit dieser um? Wird sachlich-
logisch geantwortet oder wird die Kritik
nicht ernst genommen?
Wie ist die zugrunde liegende Pädago-
gik ausgerichtet? Ist das Leitbild der
Pädagogik eine freie, selbstständige
und selbstbewusste Persönlichkeit oder
will man Einfluss und Kontrolle gewin-
nen?
In manchen Fällen werden oben genannte
Grenzen überschritten, sodass ein Eingrei-
fen der verantwortlichen Lehrkraft erforder-
lich ist.