Schulversuch Flexible Grundschule - Dokumentation, Ergebnisse, Emfpehlungen für die Praxis - page 58

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2 Umgang mit Heterogenität im Unterricht
2.1 Nutzung der Heterogenität
durch Lernen von- und mitein-
ander
Nicht wenigen Lehrerinnen und Lehrern be-
reitet der Gedanke Unbehagen, zum ersten Mal
eine jahrgangsgemischte Klasse zu unterrich-
ten. Möglicherweise legen sie dabei die Vorstel-
lung zugrunde, sie müssten sich nun täglich für
zwei Jahrgangsstufen vorbereiten, und sehen die
Klasse eigentlich als zwei Klassen. Der Aufwand
für Vor- und Nachbereitung würde sich folglich
verdoppeln. Wird die jahrgangsgemischte Klasse
dann tatsächlich in „Abteilungen“ geführt, also
getrennt nach Jahrgangsstufen, wird nicht nur
der organisatorische und planerische Aufwand
größer. Es werden gerade die Vorteile vergeben,
die in der Mischung sowohl für die Entlastung
der Lehrkraft als auch für das Lernen der Schü-
lerinnen und Schüler liegen. Wird die Klasse hin-
gegen als eine Lerngruppe gesehen, in der die
Lehrkraft selbst neue Einteilungen entsprechend
den Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnissen
der Kinder treffen kann, hat bereits ein Perspek-
tivenwechsel stattgefunden. Die Chancen des
Konzepts und eine differenzierte Betrachtung des
Aufwands bei Planung und Durchführung (Abb. 1)
rücken in den Fokus.
Abb. 1: Hilfreiche Faktoren für den Einstieg
1
Gemeinsame Lernsituationen
Natürlich ist es möglich, dass in den Klassen
der Flexiblen Grundschule auch phasenweise
eine Trennung nach Jahrgangsstufen erfolgt, und
selbstverständlich sind Helfersysteme möglich
und sinnvoll, besonders auch in der Phase des
Schulanfangs. Wichtig ist dabei jedoch die fle-
xible Einteilung der Gruppen, die von tatsächli-
chen Lernbedürfnissen und nicht mechanisch von
Jahrgangsstufen ausgeht. „Abteilungsdenken“
als
durchgehendes
Prinzip der Planung und Or-
ganisation von Unterricht ist nicht mit der Flexi-
blen Grundschule vereinbar. Weder die räumliche
Trennung noch nach Jahrgangsstufen durchge-
hend unterschiedliche Themen – bei gemeinsa-
mer Anwesenheit in einem Klassenzimmer – ent-
sprechen ihrem Konzept.
Zentrales Kernelement der Flexiblen Grund-
schule ist es, die vorhandene Heterogenität
der Schülerinnen und Schüler in der Klasse als
Chance zu sehen und sie für das Lernen frucht-
bar zu machen. Um den Unterricht entsprechend
zu planen und zu organisieren, spielen Entschei-
dungen eine Rolle, die zum einen die Qualität der
Lerninhalte und Aufgabenstellungen betreffen,
zum anderen die Methoden und Lernformen im
Unterricht.
Gemeinsame Lernaufgaben und
Lernumgebungen
Im Hinblick auf die Qualität der
Lerninhalte und Aufgabenstellun-
gen sind gemeinsame Lernaufgaben
und Lernumgebungen in besonderer
Weise geeignet, die Heterogenität
der Schülerinnen und Schüler pro-
duktiv zu nutzen. Der Begriff „ge-
meinsame Lernaufgabe“ drückt das
Kernanliegen des Unterrichts in der
Flexiblen Grundschule deutlich aus:
Individuelles Lernen nimmt seinen
Ausgang bei gemeinsamen Themen
und Lernaufgaben. Gemeinsame
Lernaufgaben können beispielsweise
die gemeinsame Vorbereitung eines
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