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H

err Minister, in letzter Zeit war

der Ruf nach einer grundlegen–

den

Veränderung

unseres

Schulwesens deutlich zu vernehmen.

Wie stehen Sie dazu?

Solche Forderungen hat es immer ge–

geben und wird es immer wieder ge–

ben - das ist nur natürlich. Ich habe

selbst angeregt, die Grundstrukturen

des bayerischen Schulwesens für die

nächsten zehn Jahre zu überdenken,

Bilanz zu ziehen und die Frage zu be–

antworten, ob wir Neuerungen brau–

chen. Grundsätzlich bin ich dafür,

daß gerade eine Politik, die auf Soli–

dität und Kontinuität baut, nicht sta–

tisch, sondern offen für Neuerungen

sein -soll, wenn diese wirklich Verbes–

serungen darstellen.

Auf welchen Prinzipien muß eine ver–

antwortliche Bildungspolitik Ihrer

Meinung nach basieren?

Die oberste Maxime ist die Verant–

wortung für die anvertrauten Kinder

und Jugendlichen- alles andere muß

dahinter zurückstehen. Eng damit zu-

14 SCHULE

aktuell

sammen hängt der Aspekt, daß die

Schule unbedingt auch als Lebens–

raum gesehen werden muß. Da in

unserer Zeit die Kinder vornehmlich

aus kleinstrukturierten Familien stam–

men, oft Einzelkinder sind und es häu–

fig schwierige Familienverhältnisse

gibt, ist die Schule um so mehr gefor–

dert, Defizite aufzufangen. Ich betone

dabei, daß keine noch so gute Schule

ein kaputtes Elternhaus ersetzen

kann, aber sie muß - soweit sie die

Möglichkeiten dazu hat - ein Ge–

meinschaftsangebot darstellen, einen

Raum, in dem Freude und Feste ge–

nauso ihren Platz haben wie Aufga-·

benerfüllung oder Prüfungspflichten.

Und damit komme ich auf den dritten

Aspekt zu sprechen: Bei allem Ver–

ständnis dafür, daß junge Menschen

nicht überfordert werden sollen, müs–

sen auch sie lernen, daß es nötig ist,

Leistungen zu erbringen und sich für

andere einzusetzen. Hier liegt eine

eminent wichtige soziale Erziehungs–

aufgabe der Schule.

Sie haben aber schon häufig vor ei–

ner Verschulung des Lebens gewarnt.

Ja! Ein Schlagwort unserer Zeit lau–

tet: Wir müssen lebenslang lernen.

Ich warne vor einem Mißbrauch die–

ses Wortes. Sicher, jeder von uns

muß sich weiterbilden, und es gilt, die

Menschen von dieser Idee zu über–

zeugen und entsprechende Angebote

zu machen. Das kann aber nicht hei–

ßen, daß wir für alle Lebensabschnitte

verbindliche Lernziele vorschreiben

und darüber hinaus die jeweiligen

Lerninhalte genau festlegen. Eine to–

tale Vereinnahmung durch die Schule

darf es nicht geben.

Lehnen Sie deshalb auch die Ganz–

tagsschulen ab?

Wenn Sie damit die Ganztagsschule

mit pflichtunterricht auch am Nach–

mittag meinen - dann ja. Es ist von

der Pädagogik und der Psychologie

nachgewiesen, daß Kindern- je nach

Alter - nur in einem begrenzten Um–

fang Unterricht zugemutet werden

kann und daß freie Zeit genauso

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