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wesen gymnasiallastig?

Über diese Thematik wird soviel ge–

klagt - ich will mich da ein bißchen

dagegenstellen. Mit einer Abiturien–

tenquote von ca. 16 Prozent nimmt

Bayern immer noch einen der hinte–

ren Ränge ein; und wenn bei uns auf

lange Sicht gut 30 Prozent das Gym–

nasium besuchen, eine ähnliche Zahl

auf die Realschule geht und in etwa

die gleiche Menge an der Haupt–

schule verbleibt, dann behaupte ich,

daß diese Drittelung keine aufsehen–

erregende Geschichte ist, sondern

ein gesundes Verhältnis.

Könnten Sie das noch etwas näher

erläutern?

ln einer Zeit, in der man der Bildung

und Ausbildung einen so hohen Stel–

lenwert zuordnet, halte ich es für

wichtig, daß man den Kindern ent–

sprechend . ihren Begabungen und

Neigungen ein Optimum an Bildung

ermöglicht. Dabei sollte jeder die

ihm gemäße Schule besuchen kön–

nen. Zum anderen bringt es die Klein–

familie mit sich, daß sich die Eltern

heute sehr viel mehr um die Ausbil–

dung ihres Kindes kümmern können

als früher. Dies darf aber nicht hei–

ßen, daß jeder nur noch das Gymna–

sium für sein Kind im Auge hat.

l.~t

daran gedacht, das bisherige

Ubertrittsverfahren in absehbarer

Zeit zu verändern?

Es gab ernsthafte Überlegungen in

diese Richtung. Ich bin aber zu dem

Ergebnis gekommen, daß gegenüber

dem bisherigen Verfahren eine gene–

relle Aufnahmeprüfung die schlech–

tere Lösung wäre. Ich meine, daß es

gerechter ist, wenn ein Lehrer, der ein ·

Kind in der 3. und 4. Klasse betreut

hat, dieses Kind pädagogisch beur–

teilt und yine Aussage darüber

macht, für welche Schulart es am be–

sten geeignet ist. Zu denken gibt es

mir allerdings, wenn sich die Eignung

für das Gymnasium je nach Region in

äußerst unterschiedlichen Prozent–

zahlen ausdrückt. Das werde ich

nicht akzeptieren. Hier müssen wir

16 SCHULE

aktuell

durch Fortbildung und durch Ge–

spräche mit den Grundschullehrern

einen Ausgleich herbeiführen. Auch

wenn Lehrkräfte einem unterschiedli–

chen Druck ausgesetzt sind, entschul–

digt das nicht, daß sie unterschiedlich

beurteilen und gewichten.

Könnte man das Gymnasium nicht

"Für

Katastrophen-

meldungen

gibt es

keinen Grund/

1

dadurch entlasten, daß man die übri–

gen Schularten, insbesondere die

Hauptschule, aufwertet?

Um die Aufwertung der Hauptschule

bemühe ich mich seit Beginn meiner

Amtszeit. Dabei sind es zwei Felder,

die es so sorgfältig wie möglich zu

bestellen gilt. Das wichtigste Feld ist

das der Perspektiven. Ich unternehme

alles, um die berufliche Qualifikation

gegenüber einem schulischen Ab–

schluß gleichwertig zu machen. Mei–

ne konkrete Antwort: Ich strebe an,

und zwar schon für das Schuljahr

1992/93, daß qualifizierte Haupt–

schüler, die ihre Berufsausbildung

gut abgeschlossen haben, mit dem

Qualifizierten beruflichen Bildungs–

abschluß einen mittleren Schulab–

schluß, also eine uneingeschränkte

Mittlere Reife erhalten. Damit eröff–

net sich für solche Hauptschüler nach

neun Jahren Volksschule und drei

Jahren Berufsausbildung zum Bei–

spiel der Zugang zur Fachoberschu-

le oder zur Fachlehrerausbildung.

Wo liegt der zweite Ansatzpunkt?

ln der Unterrichtsgestaltung der

Hauptschule selbst. Wir haben mit

dem Fach Arbeitslehre und dem ver–

pflichtenden Betriebspraktikum die

Praxisorientierung dieser Schulart

noch stärker herausgestellt. Neue

Aufgabe wird es sein, die Hauptschu–

le den Erfordernissen des Qualifi–

zierten beruflichen Bildungsabschlus–

ses und den gestiegenen Anforderun–

gen der Arbeitswelt anzupassen. Da–

zu müssen die Stundentafeln und

Lehrpläne unter besonderer Gewich–

tung der Fächer Deutsch, Mathema–

tik und Englisch überprüft werden.

Und das Image der Hauptschule?

Es ist wahr, daß aus verschiedenen

Gründen die Hauptschule für eine er–

hebliche Zahl von Elterh einen nega–

tiven Beigeschmack hat und alles

versucht wird, die Kinder in andere

Schularten zu bringen, wobei es

zwischen Stadt und Land große Un–

terschiede gibt. ln der Großstadt sind

dabei die Probleme weitaus gravie–

render als auf dem Land, wo die

Hauptschule viel gesünder ist, als

manche Verbände es wahrhaben

wollen. Ich kann nur ganz deutlich

sagen, daß wir geeignete Maßnah–

men ergreifen werden, um die atmo–

sphärischen und materiellen Voraus–

setzungen für die Hauptschule weiter

zu verbessern.

Warum können Sie sich nicht mit ei–

nem 10. Schuljahr in der Hauptschule

anfreunden?

Das Aufpfropfen eines 10. Jahres hat

in keinem Land der Bundesrepublik

Deutschland eine höhere Quote an

Hauptschülern gebracht - dies kann

also nicht der richtige Weg sein. Wir

setzen vielmehr auf eine Aufwertung

der beruflichen Qualifikation. Kin–

der, die mehr praktisch begabt sind,

erhalten so gleichwertige Abschlüsse

und gleichberechtigte Anschlüsse.

Die Schulart, die direkt zur Mittleren

Reife führt, ist nach wie vor die Real–

schule.