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Wie
gut
war sie wirklich, die gute alte Zeit?
Auch Schulen haben
ihre Geschichte.
Manchmal eine recht
aufregende. Was sie
im Laufe der Zeit so
alles mitmachen, das
klingt stellenweise ab–
surd,manchmalko–
misch, nicht selten
auch wie ein Krimi
oder Kriegsroman.
Begleiten Sie hier
S&W auf einem
Streifzug durch die
Vergangenheit einer
Münchner Volks–
schule.
EIN
LEBEN
6
"Not, Hunger und
Inflation bestimmten
in den Anfangs–
jahren das Schul–
leben an der Führich–
straße", erinnert
sich Rektor
Fritz Steinbauer.
Langsam blättert der alte Mann die
vergilbten Akten durch . "Mein
Gott", sagt er, "das kann man sich
heute gar nicht mehr vorstellen, daß
Schulschwänzen einmal 2 Millionen
Mark Strafe pro Tag kostete. Und
doch ist es wahr. Noch ganz andere
Dinge könnte ich aus meinem lan–
gen Lehrerleben erzählen." Der
Mann verstummt, rührt in seiner Tas–
se Tee.
Es hat lange gedauert, viele Tele–
fonate gekostet, bis S&W ihn endlich
aufgespürt hatte, ein Gespräch mit
ihm vereinbaren konnte. Nun sitzen
sie sich gegenüber und kramen in
der Vergangenheit, der junge Mann
aus der Redaktion und der 85jährige
Fritz Steinbauer - geboren als Bis–
marck noch lebte. Er ist der älteste
Augenzeuge einer Geschichte, die
hier nacherzählt werden soll.
Es ist die Geschichte einer bayeri–
schen Volksschule. Wie in einem
Brennspiegel sammelten sich in
ihren alten Akten Freude und Leid,
Wohl und Wehe einer ganzen Epo–
che. Diese Schule steht im Münch–
ner Osten an der Führichstraße,
dort, wo der grüne Zwiebelturm der
Ramersdorfer Kirche jeden Autofah–
rer grüßt; der sich auf der Salzburger
Autobahn der Stadtgrenze nähert.
Im Jahre 1917, als die Russen Re–
volution machten, die Amerikaner
an der Westfront auftauchten und
die Deutschen vor einem neuen
Hungerwinter standen - mitten im
1. Weltkrieg-, wuchs in Ramersdorf
ein Schulkomplex in die Höhe. Die
ersten Kinder zogen dort ein, drei
Wochen bevor in Bayern die Monar–
chie stürzte und das Chaos der Revo–
lution sich anbahnte.
"Es war 1920", erinnert sich Herr
Steinbauer, "als ich hier in der Füh–
richstraße als Junglehrer anfing. Der
Neubau war in jeder Hinsicht groß–
zügig, angefangen bei den hellen,
freundlichen Klassenzimmern, den
vorbildlichen sanitären Anlagen, der
Turnhalle, dem Schulbad, bis hin