dJ
diiS
/emen?z.a.Kurzschrift
Zeitalter der Computer und der Elektronik ist sie keine verstaubte Kunst.
großen Tageszeitung durchblät–
tern . Laufend findet er dort In–
serate, worin Schreibkräfte mit
möglichst perfekten Kenntnis–
sen in Kurzschrift gesucht wer–
den . Ähnliches ergaben auch
groß angelegte Untersuchun–
gen in jüngster Zeit. Ihr Fazit:
An vielen Arbeitsplätzen spie–
len Stenokenntnisse nach wie
vor eine große Rolle.
Der angeblich alte Hut "Ste–
nographie" ist also gar nicht so
aus der Mode. Auch die ausge–
feilteste Bürotechnik vermochte
Kurzschrift nicht zu ver–
ngen. Warum?
Eine moderne Allroundsekre–
tärin ist heute längst kein
Schreibsklave mehr, wie der
gescheite Tiro im alten Rom,
sondern eine Mitarbeiterin mit
vielfältigen Aufgaben. Sie muß
Telefonate
entgegennehmen
und den Inhalt schriftlich fest–
halten. Aus vorgegebenen
Stichworten muß sie Briefe ent–
werfen, Besprechungsergebnis–
se festhalten , Sitzungen proto–
kollieren usw. Ein Tonbandge–
rät kann ihr dabei nicht helfen .
Darum ist Steno nach wie vor
ein unentbehrliches Hilfsmittel.
Dies gi lt nicht nur für die Sekre–
tärin, sondern letztl ich für je–
den, .der mit Texten zu tun hat.
Gerade in den Chefetagen
lehnen viele Vorgesetzte ein
Diktiergerät ab. Der Grund:
(
plizierte Briefe, Sachdar-
' Iungen oder Ansprachen
müssen zunächst einmal ent–
worfen werden.
Mit der Kurzschrift kann man
seine Gedanken so schnell wie
sie auftauchen schriftlich fest–
halten. Der große Vorteil ge–
genüber einem Tonbanddiktat
Die Stenonotizen Iiegen klar
vor Augen, sind übersichtlich,
prüfbar, mit
e~n
paar
Bl.~istift
strichen zu verbessern, zu
überarbeiten, zu ergänzen,
sprachlich durchzufeilen .
Hier wird deutlich, daß die
Stenographie alles andere ist als
reine Bürotechnik. Tatsächlich
gibt es kaum einen Beruf, worin
sie nicht nutzbringend zu ge–
brauchen wäre. Da ist z. B. der
Rechtsanwalt, der sich wäh–
rend der Verhandlung Zeugen–
aussagen notiert. Dem Arzt, der
die· Krankengeschichten seiner
Patienten zu Papier bringen
muß, nützt die Kurzschrift
ebenso wie dem Kaufmann, der
eine Lieferung notieren möchte
oder dem Sportjournalisten, der
die Höhepunkte eines End–
spiels festhält
Ob im Büro oder zu Hause
vor dem Fernseher, bei der
Bahnfahrt oder am Telefon : Ste–
nographie ist überall das ein–
fachste und rationellste Hilfs–
mittel, geistiges Gut gedanken–
schnell und auf engstem Raum
niederzuschreiben. Block und
Bleistift genügen.
Mit Stenokenntnissen ist man
aber nicht nur im Arbeitsleben
um Nasenlängen voraus. Sie
helfen auch jedem, der sich erst
auf seinen Beruf vorbereitet.
Das sind z. B. die Studenten,
die den Vortrag ihres Professors
so genau wie möglich,. mit–
schreiben und in den Bibliothe–
ken aus Fachbüchern oder Zeit–
schriften wichtige Stellen her–
ausziehen wollen.
Und was nützt Kurzschrift in
der Schule? Selbst wer noch
nicht die volle Schreibge–
schwindigkeit erreicht hat,
kann davon schon profitieren.
Mit ihrer Hilfe lassen sich z. B.
Ausführungen des Lehrers no- .
tieren, Referate von Mitschü–
lern, Stoffsammlungen, Tafel–
anschriften oder Gliederungs–
beispiele festhalten .
Wer einen Kurzschrift-Lehr–
gang besucht, lernt aber nicht
nur eine höchst praktische
Schreibtechnik. Er ergänzt und
vertieft damit auch seine Kennt–
nisse der Muttersprache. Wör–
ter lassen sich nämlich erst
dann richtig stenographieren,
wenn man sie in ihre Bestand–
teile ·zerlegen kann. Kurzschrift
lernen heißt also zugleich
grammatikalische Zusammen–
hänge besser begreifen .
Daneben wird der Sprach-
schatz größer, weil beim Ein–
üben bestimmter Zeichen gan–
ze Wortfamilien zusammenge–
stellt werden. Wenn es gilt, Ste–
nogramme wieder in die Lang–
schrift zu übertragen, festigt
man die Rechtschreibung.
Doch damit nicht genug: Die
Stenographie schult mit ihren
vielen Kürzeln und Silbenzei–
chen, die man sich einprägen
muß, auch das Gedächtnis.
Der Stenograph kann nicht das
halb gesprochene Wort, den
unfertigen Satz festhalten . Er
muß immer erst den Zusam–
menhang hören, bevor er zu
schreiben beginnt. Wenn es so
weit ist, muß er im Geist schon
wieder dem Neugesprochenen
folgen.
Ein Stenogramm aufnehmen
bedeutet also ständiges Voraus–
denken, Mitdenken und Nach–
denken . Blitzschnell müssen
Hirn und Hand zusammenar–
beiten. Darum ist Kurzschrift
auch ein Leistungstraining für
den Verstand, erfordert ein ho–
hes Maß an Konzentration und
Selbstdisziplin .
Daneben dient sie der Ord–
nungserziehung. Noch weit
weniger als die Langschrift dul–
det Stenographie Schludrigkei–
ten . Bereits kleinste Abwei–
chungen im Schriftbild können
ein Wort unleserlich machen
oder seinen Sinn entstellen .
Weil der Schüler darauf achten
muß, die Schriftzeichen so ex–
akt wie möglich zu setzen, er–
zieht die StenÖgraphie zu Sorg–
falt und Genauigkeit.
Jonathan Swift; der berühmte
Verfasser von "Gullivers Rei–
sen", stellte schon vor mehr als
200 Jahren fest: "Wenn ich
einen jungen Menschen sehe,
der imstande ist, die geflügelte
Kunst korrekt und schnell zu
gebrauchen, so weiß ich, daß
Mit der Stenographie öffneten
sich Frauen den Weg in die
Büroberufe. Das war ein wich–
tiger Schritt zu ihrer Emanzi–
pation.
es einer ist, der seinen Weg ma–
chen wird, da er die unleugba–
ren Eigenschaften Fleiß und
Ausdauer besitzt."
Es ist gewiß kein Zufall, daß
so viele berühmte Geister auf
den Gebrauch der Kurzschrift
nicht verzichten wollten. Zu
ihnen gehören z. B. Theodor
Heuss, Bernard Shaw, Charles
Dickens und Erich Kästner.
Einer von ihnen, der große Par–
lamentarier Prof. Carlo Schmid,
sagte einmal treffend : "Wer
Kurzschrift nicht beherrscht,
kommt mir vor wie einer, der
barfuß über eine frisch geschot–
terte Straße gehen muß. Hätte
er gute Schuhe, dann könnte er
schneller laufen."
e
~ .
"'
c
Kurzschrift ist
kein Kind unse–
rer Tage. Erfun–
den hat sie ein
Sklave im alten
Rom. Mit seinen
Zeichen schrieb
man auch noch
Dictum est
enim
.tb
antiquis: ]\lon occides. Ego autem dico
(Gesagt ist 1J.1m/ich 'i.:ou den Alten: Du .-ollst ni(ht töten. leb .zber s.1ge
I
",;
~
A
9
h./
~
)'
,...,j)
~ ~
im Mittelalter
vobis, quonMm,
q···
irascitur fr.rtri
suo, reu.•
erit iudicio.
...
euch,
'f
"-'-'Cl'
Jeincm
Emder ziirnt,
sch,;ldig
ist des
GC'I'icbts)
(1.!
.1,
(Abb. rechts).
L______:_______________________
1
15