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DieGewillt

richtet sich n11th

der G11ttung

19

Die Säulen geben

an, wie viele Ge–

waltereignisse

pro Stunde in den

einzelnen Pro–

grammsparten

beobachtet

wurden.

9,7

6,0

11

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westdeutschen Kinogänger sind

heute junge Leute zwischen 14

und 19 Jahren! Noch stärker ist

ihr Anteil am Fernsehkonsum.

Nach einem für das Banner

Bildungsministerium erstellten

Gutachten starren schon 60

Prozent der Dreijährigen in die

Röhre. Vierjährige, die nicht

fernsehen, sind die große Aus–

nahme. Etwa 80 Prozent der

Drei- bisDreizehnjährigen brin–

gen es täglich schon auf einein–

halb Stunden Fernsehkonsum.

Welchen Lehrplan fürs Leben

nen sie, wenn ihnen im Kino

laufenden Band oder per

Fernsehen im Acht-Minuten–

Takt Verbrechen aller Art, Prü–

gelszenen, besinnungs- und er–

barmungslos.er

Totschlag vor–

exerziert werden? Anstand,

Höflichkeit und die zivilisierten

Formen der Konfliktbewälti–

gung sucht man hier vergeb–

lich. Ebenso die vom Grundge–

setz gebotene Achtung vor der

Würde des Menschen und die

Un;J.ntastbarkeit des Lebens.

Gemüt und Gewissen blei–

ben ebenso ausgeblendet wie

Gefühl und Erbarmen, Hilfsbe–

reitschaft und Toleranz. Statt

beispielhaft das in Szene zu set–

zen, was Ethik, Moral und Reli–

gion fordern , wird die erfolgrei–

che Anwendung des Gegenteils

vorgeführt, nämlich Faustrecht

und Selbstjustiz. Rache ist rich–

tig und Gewalt ist gerecht, so

lautet die böse Botschaft.

Wissenschaftler vom Boston

City Hospital (USA) stellen die–

sem Lehrplan der Lebensver–

achtung ein vernichtendes

Zeugnis aus: Die fortwäh rende

Wiedergabe von Gewalt in

Film und Fernsehen fördere an–

tisoziale Verhaltensmuster. Es

gebe klare Zusammenhänge

zwischen passivem Betrachten

von Gewaltszenen und daraus

folgender aktiver Aggression.

Diese Auffassung teilt auch

die Forschungsgruppe Kamme–

rer in ihrem Gutachten für das

Bildungsministerium*).

Dort

heißt es: "Aggressive Fernseh–

bilder verstärken in besonderer

Weise vorhandene aggressive

Neigungen ." Früher übermäßi–

ger Konsum von Gewaltbildern

verleitet dazu, aus dem Fernse–

hen typische Verhaltensmuster

realitätsblind und kritiklos zu

übernehmen .

Demnach kann es kein Zufall

sein, wenn nach amtlicher Kri–

minalstatistik die Delikte Raub,

gefährliche Körperverletzung

und Vergewaltigung heute ge–

radezu .jugendtypisch genannt

werden müssen. Bundesweit

sind fast ein Drittel aller Straf–

täter Kinder, jugendliche . und

Heranwachsende. Beim Delikt

"Raub" kommen auf 100000

jugendliche 18 Verurteilte. Von

einer gleichgroßen Gruppe Er–

wachsener wird wegen Raub

nur einer verurteilt.

Hierher gehört auch, was die

Konrad-Adenauer-Stiftung über

die Einstellung der jungen Ge–

neration zu den Grundwerten

berichtet. Demnach sei seit Jah–

ren die Achtung vor Recht und

Gesetz deutlich auf dem Rück–

zug. Kein Wunder, wenn man

bedenkt, daß in der von

SCHULE & WIR analysierten

Fernsehwoche von der ARD

nicht weniger als 230 Szenen

ausgestrahlt wurden mit illega–

len Gewalthandlungen.

Es ist müßig zu fragen, ob un–

sere Fernseh- und Kinopro–

gramme so sein müssen, wie

sie heute leider sind . Fest steht:

Weder die öffentlich-rechtli–

chen noch die freiwilligen Auf–

sichtsgremien konnten die Ent–

wicklung verhindern . Darum

ist es unrealistisch, von dort Im–

pulse für eine Umkehr zu er–

hoffen.

So bleibt die Abwehr der in–

humanen Botschaft aus dem

Bildschirm und von der Lein–

wand eine Aufgabe unserer Fa–

milien . Dafür ein paar knappe

Hinweise:

1.

Bieten Sie Ihrem Kind Al–

ternativen zum Fernseh- und

Kinokonsum. Die Angebote für

Die Gewillt sthliigt 11uth im Comit zu

Zeichentrickfilme und Klamaukstreifen ("Slapsticks")

zeigten in der Testwoche weit mehr Gewalthandlun–

gen pro Stunde als Krimi- und Westernserien.

eigenes Tun und Erleben rei–

chen von der Tier- und Pflan–

zenpflege über Sport und Haus–

musik bis zur jugendgruppen–

und Hobby-Arbeit. Dabei er–

fahren Kinder die Welt aus er–

ster Hand, Zerrbilder aus den

Medien werden neutralisiert.

2.

Gebrauchen Sie das Fern–

sehgerät nicht als Bewahran–

stalt, wo man Kinder abstellt

und sich selbst überläßt. Wäh–

len Sie statt dessen geeignete

Sendungen aus für Ihr Kind.

Davon gibt es mehr als man

glaubt. Mit Hilfe einer guten

Programmzeitschrift lassen sie

sich schnell finden. Ebenso

leicht entdecken Sie dort die

Mord- und Prügelgeschichten,

vor denen sie Ihr Kind schützen

möchten . Bei der Zusammen–

stellung eines ganz persönli–

chen Fernsehprogramms leistet

ein Video-Recorder vorzügli–

che Dienste.

3.

Reagieren Sie nicht mit er–

hobenem Zeigefinger und tota–

lem TV-Verbot, wenn Ihr Kind

gelegentlich in den Bann ag–

gressiver und brutaler Bildsze–

nen gerät. Wenden Sie statt

dessen in einem Gespräch sei–

ne Aufmerksamkeit auf das Leid

der Opfer. Mit ihnen sollte es

sich solidarisieren und nicht

mit den Schlägern und falschen

Heroen. je mehr Ihnen das ge–

lingt, um so leichter wird Ihr

Kind das elterliche Verbot ein–

sehen und bejahen.

4.

Klagen Sie Gewaltdarstel–

lungen in den Medien. an, wo

und in welcher Form sie sich

zeigen. Machen Sie Front ge–

gen die hier drohende Beschä–

digung unserer Jugend. Erhe–

ben Sie Ihre Stimme dagegen,

daß sich die Flut der Brutalsze–

nen in den Medien zum Verrat

an jeder Friedenserziehung

~nt­

wickelt. Halten Sie durch Bei–

fall für gute Sendungen den

Verdacht von sich fern, Sie sei–

en grundsätzlich ein Feind der

Medien und ihrer Freiheit.

5.

Das Leben von Vater und

Mutter ist das erste und wichtig–

ste Buch, in dem Kinder lesen.

Auch die Fernsehgewohnheit

entwickeln Kinder am Vorbild

der Eltern. Beginnen Sie daher

notfalls bei sich selbst mit dem

moralischen Umweltschutz.

e

") Kammerer: Ergebnisse der Mediennut–

zungs- und Medienwirkungsforschung un–

ter Berücksichtigung bildungspolitisch re–

levanter Aspekte, München 1982

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