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LERNORT PRIVATSCHULE

Fortsetzung von Seite 7

Viele bayerische Privatschu–

len sind wie die Würzburger

Werkberufsschule Stätten histo–

rischer Bedeutung. Die Taub–

stummenanstalt Dillingen rich–

tete zum Beispiel 1921 den er–

sten Kindergarten für gehörlose

Mädchen und Buben ein . Auch

die älteste Hotelberufsfach–

schule Deutschlands, gegrün–

det 1936, geht auf eine bayeri–

sche Privatinitiative zurück.

Ähnlich die "Münchner

Brauereiakademie", die als

eine der ältesten Einrichtungen

dieser Art schon 1895 gegrün–

det wurde. Ihre Diplome haben

inzwischen Weltgeltung er–

langt. Ein anderes Beispiel ist

die Chemieschule Dr. Elhardt,

die bereits seit 1888 junge Leu–

te in Bayern für Spezialberufe

in der chemischen Industrie

ausbildet.

Man sieht: Nicht nur die

christlichen Kirchen leisteten

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Pionierarbeit Auf dem Gebiet

der Privatschulen engagiert sich

seit Generationen auch die

freie Wirtschaft. Aber damit ist

der Kreis der privaten Schul–

gründer und -träger noch lange

nicht erschöpft.

Heute gehören dazu auch

Stiftungen,

Schulvereine,

Zweckverbände, Gesellschaf–

ten mit beschränkter Haftung

und private Schulunternehmer.

Die meisten von ihnen sind ge–

meinnützig, das heißt sie arbei–

ten ohne Gewinn, wollen nur

der guten Sache dienen .

Wie gründet man eigentlich

eine Privatschule? Darf das je–

der? Gibt es dafür Vorschriften,

sind Bedingungen zu erfüllen?

Das Recht, eine private Schule

zu gründen, ist im Grundgesetz

und in der Verfassung des Frei–

staats Bayern verankert. Nähere

Einzelheiten regelt das Bayeri–

sche Erziehungs- und Unter–

richtsgesetz. Darin ist auch die

Pilicht des Staates verankert,

Aufsicht über die Privatschulen

zu führen .

Keine darf ohne behördliche

Genehmigung eröffnet werden .

Dafür gibt es gute Gründe;

denn auch in Privatschulen

muß gewährleistet sein, daß

Schüler eine solide Ausbildung

erhalten. Ziele und Abschlüsse,

die dort erreicht werden, müs–

sen denen an öffentlichen

Schulen entsprechen .

DerStaat

schießt zu

Auch das Gebäude, in dem

unterrichtet wird, hat den amt–

lichen Richtlinien zu entspre–

chen. Die Qualität der Lehr–

kräfte und die im Unterricht an–

gestrebten Lehrziele müssen

vergleichbar sein mit denen

der öffentlichen Schulen . Die

staatlichen Schulbehörden kön–

nen darüber hinaus Mindestan-

forderungen für die Stunden–

und Lehrpläne der Privatschu–

len festsetzen .

Auch dies gehört zu den Auf–

lagen, die ein privater Schulträ–

ger erfüllen muß: Er hat finan–

zielle Erleichterungen für Eltern

anzubieten, die das Schulgeld

nicht aufbringen können, etwa

Freiplätze oder eine Gebühren–

ermäßigung.

Viele Privatschulen haben

das Prädikat "staatlich aner–

kannt". Andere nennen sich

"staatlich genehmigt". Der Un–

terschied macht sich vor allem

bei den Abschlußzeugnissen

bemerkbar. Die der staatlich

"anerkannten" Schulen verlei–

hen die gleichen Berechtigun–

gen wie die der öffentlichen

Schulen.

Bei den staatlich "genehmig–

ten " ist dies nicht der Fall. Wol–

len ihre Schüler das

iturzeugnis, die "Mittlere Rei

oder den qualifizierenden

Hauptschul-Abschluß erwer–

ben, müssen sie an einer öffent–

lichen Schule die entsprechen–

den Prüfungen ablegen.

Doch Vater Staat stellt an die

Privatschulen nicht nur Forde–

rungen, sondern er fördert sie

auch kräftig. Kostendeckend

kann nämlich heute fast kein

privater Schulträger mehr arbei–

ten. Aufwendungen für Lehrer–

gehälter, Baumaßnahmen, Ein–

richtung, Schulbus, Lernmittel,

Licht und Heizung haben astro–

nomische Höhen erreicht.

Eigene Gesetze veranlassen

den Staat, als Geldgeber hier

einzuspringen. Dabei macht er

Unterschiede. Staatlich "aner–

kannte" gemeinnützige Schu–

len kommen in den Genuß aller

Zuschüsse, die der GesetzgeiY

vorgesehen hat. Die Finanzhh

fe für staatlich "genehmigte"

Schulen ist in der Regel niedri–

ger und an die Erfüllung be–

stimmter Anforderungen · ge–

bunden.

Der staatliche Finanzauf–

wand für die Privatschulen er–

reicht in Bayern 1983 die stolze

Höhe von 753 Millionen Mark.

Zum Vergleich : Diese Summe

entspricht den Ausgaben für die

Universitäten Passau, Bam–

berg, Bayreuth, Augsburg, Re–

gensburg, Würzburg und Er–

langen .

Warum greift der Staat zur

Förderung der Privatschulen so

tief ins Steuersäckl? Die Antwort

klingt paradox: Er spart damit

Geld . Müßte er nämlich das rie–

sige Bildungsangebot der priva–

ten Schulträger selbst auf die

Beine stellen, wären seine Aus–

gaben beträchtlich höher als der

Zuschuß, den er jetzt gibt.