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Im Hausoben

verloren zwei

.-----~•

junge Men–

schen ihr Le–

ben. Sie expe–

rimentierten

mit Fundmunl–

tlon. Im Haus

-

unten ging ein

selbstgeba–

stelter Spreng–

körper in die

Luft. Die Fol–

genwaren

auch hier ent-

setzlich.

._____________::.....;;...___..;.;::

Vom Kindenpiel

zur Katastrophe ist oft

nur ein Schrttt

Fortsetzung von Seite 13

Arm ist abgerissen, aus der

Halsschlagader schießt Blut Es

sieht aus wie nach einem Bom–

benangriff.

Tagelang kämpfen die Ärzte

um Werners Leben. Sie können

es retten . Doch der Bub wird

für immer gezeichnet sein. Das

Gesicht bleibt entstellt, ein Au–

ge und der rechte Arm sind ver–

loren.

Die Kripo stellte fest: Wer–

ners Zukunft wurde von einer

Handgranate zerstört. Im nahen

Reichswald hatte er sie ein paar

Tage vorher gefunden, zu Hau–

se versteckt und an einem

freien Nachmittag mit der Ei–

sensäge bearbeitet Dabei kam

es zur Explosion.

Werner ist kein Einzelfall.

Jahr für Jahr ereignen sich sol–

che entsetzlichen Unfälle. ln

Wäldern, auf Wiesen, Baustel–

len oder Deponien finden Kin–

der immer wieder Dinge, die

ihre Neugier und ihren For–

scherdrang wecken.

Da werden rostige Rohre,

Metallkästen oder Behälter aus

dem Boden gezogen, die wie

Spraydosen aussehen. Ah–

nungslos tragen die jungen

Schatzgräber ihre Beute nach

Hause. Dort wird gedreht und

geschraubt, mit Hammer, Feile

oder Eisensäge versucht, dem

geheimnisvollen Inhalt auf die

Spur zu kommen. ·

Keiner ahnt, daß er ein Spiel

14

mit dem Tod treibt; denn die

verheerende

Explosionskraft

von Fundmunition läßt kaum

eine Chance zum Überleben .

Jahrzehnte nach dem Ende

des

Zweiten

Weltkriegs

schlummern diese gefährlichen

Überreste noch immer in Äk–

kern, Wiesen und Wäldern,

Flußbetten und Baugruben .

Dabei handelt es sich nicht

nur um alte Handgranaten wie

im Fall Werner. Auch Karabi–

nermunition, Tretminen, Wer–

fergranaten, Brandbomben und

Panzerfäuste führten schon zu

schwersten Unfällen.

Kaum jemand ahnt, wie

übersät das Land mit solchen

tödlichen Depots ist Seit 1956

wurden in Bayern 77000 da–

von entdeckt. Allein im Jahre

1982 kam Fundmunition mit

einem Gesamtgewicht von 150

Tonnen zu Tage, darunter

knapp 1000 SprengbomhPn.

Es ist ein tödlicher Irrtum zu

glauben, daß die lange Lage–

rung im Boden die Gefährlich–

keit vermindert hätte. Im Ge–

genteil. Alter und Rost machen

das Zeug oft besonders emp–

findlich. Die geringste Berüh–

rung kann dann die große Kata–

strophe auslösen.

Auch wenn man Kindern

noch so oft sagt, die Finger von

Fundmunition zu lassen, so ist

die Gefahr damit allein nicht zu

bannen. Welcher Bub erkennt

denn schon, daß das rostige

Ding, das er aus dem Boden

zieht, eine Mine, eine Eier–

handgranate oder Panzerfaust

ist? Keiner hat doch jemals zu–

vor so etwas gesehen. Darum

zeigt SCHULE & WIR auf den

Seiten 12 und 13 Photos dieser

todbringenden

Fundsachen

und bittet die Eltern: Nehmen

Sie sich Zeit, mit ihren Kindern

die Bilder genau anzusehen.

Besprechen Sie die Größe

der Geschoße und Sprengsätze.

Sie ist abzulesen an der farbi–

gen Meßlatte. Auch das Ausse–

hen der Fundmunition sollten

sich die Kinder gut einprägen,

damit sie im Ernstfall Bescheid

wissen.

Sagen Sie Ihrem Kind, wo

immer es so ein Ding entdeckt,

muß es sofort die Finger davon

lassen und die Polizei verstän–

digen.

Aber auch die Lehrer sind in

Pflicht genommen . Eine Be–

kanntmachung des bayerischen

Kultusministeriums, erneut ver–

öffentlicht im Amtsblatt Nr. 19

vom 5. Sept 1983, macht es al–

len Schulen zur Aufgabe, im

Unterricht die Gefahren des

Sprengstoffs zu behandeln.

Leider erschöpft sich dieses

Thema nicht mit der Fundmuni–

tion. Ebenso gefährlich sind

selbstgebastelte Sprengsätze.

Immer wieder kommt es auch

hier zu schwersten Unfällen.

Folgende Beispiele gingen im

Juni 1983 durch die Presse: '

Einem Schüler aus Cham

wurden beim Experimentieren

mit brisanten Chemikalien bei–

de Hände abgerissen, sein Bru–

der an Brustkorb und Gesicht

lebensgefährlich verletzt We–

nige Tage vorher hatte ein ähn–

licher Unfall das Leben eines

jungen Menschen im Landkreis

Regensburg ausgelöscht

Die Statistik zeigt: Fast nur

Buben werden zu Opfern von

Eigenbau-Bomben. Ihre ange–

borene Abenteuerlust und Be–

geisterung fürs Basteln bringen

sie dabei in Todesgefahr. Wel–

ches Schülerherz schlägt nicht

höher, wenn es knallt, raucht

und der Dampf aufsteigt?

Da soll ein Briefkasten in die

Luft fliegen, dort ein Loch aus

einer Schloßmauer gesprengt

werden . Anderswo füllen die

jungen Alchemisten ein Rohr,

einen Tennisball oder eine

Blechbüchse mit Explosivstoff.

Besonders gefährdet sind

Schüler, deren Lieblingsfach

Chemie ist Die faszinierenden

Versuche im Unterricht regen

ihre Phantasie an und reizen

zur privaten Nachahmung. Da–

bei überschätzen die Amateure

aber gründlich ihr Können und

unter~chätzen

die Gefahr. Weil

Jugend im "dummen Alter"

Warnungen ohnehin in den

Wind schlägt, kann den Eltern

nur eines empfohlen werden:

Kontrolle und nochmals Kon–

trolle. Ein Beamter des Landes–

kriminalamtes:

"Es ist erstaunlich, wie wenig

Väter und Mütter die Freizeit–

beschäftigung ihrer Kinder be–

obachten. Da sammeln sich in

Hobbyräumen, Kinderzimmern

und hinter Kellertreppen Fla–

schen, Tüten und Büchsen un–

bekannten Inhalts. Da wird ge–

mixt, gerührt, Pulver gestampft,

am Küchenherd mit Reagenz–

gläsern hantiert, ohne daß je–

mand etwas dabei findet Wo

nur der geringste Verdacht in

Richtung Explosivstoff geht,

sollten Eltern den Weg zur

nächsten

Polizeidienststelle

nicht scheuen. Er ist alle

besser als ein verlorenes A

oder verstümmelte Hände."

Viel zu wenig beachtet wird

auch, wie unfallträchtig die so–

genannten

pyrotechnischen

Gegenstände sind. Dazu gehö–

ren Knallfrösche und Knallerb–

sen, Kobold- und Sternraketen,

Schweizer Kracher und Kano–

nenschläge.

Es ist nicht nur lebensgefähr–

lich, sondern gesetzlich verbo–

ten und mit Strafe bedroht, sol–

che Feuerwerkskörper selbst

herzustellen. Sie dürfen auch

nicht zerlegt odf!r verändert

werden. Alle im Handel käufli–

chen, für Kinderhände verbote–

nen Knallkörper sind übrigens

leicht daran zu erkennen, daß

die Aufschrift der Packung in

grüner Farbe gedruckt ist

Kein Silvester, an dem bei

uns nicht Kinder durch unsa" · -–

gemäßen Umgang mit solct

Knallkörpern und Raketen zu

Schaden kommen. Allein beim

letzten Jahreswechsel registrier–

te das bayerische Landeskrimi–

nalamt 27 solcher Unfälle mit

25 Schwerverletzten unter 18

Jahren.

Ein 13jähriger Bub muß jetzt

blind durchs Leben gehen, weil

ihm ein anderer beim Neu–

jahrsschießen

1983 einen

Knallkörper ins Gesicht warf.

Nur aus Jux.

Um Mißverständnissen vor–

zubeugen: Keinem Kind soll

die Lust am selbständigen Expe–

rimentieren, der Forscherdrang

in Wald und Feld, die Freude

am Feuerwerk zu Neujahr ge–

nommen werden. Aber es gibt

eine Grenze, auf die nicht nur

Eltern, sondern alle Erwachse–

nen achten müssen. Sie beginnt

dort, wo der Tod ins Spiel

kommt

e