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ren vorgesetzt .wird. Der aktive
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Musiker dagegen ist frei von
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solchen Zwängen. Er macht
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ist enorm. Was uns selbstver- eine Musik, wie sie ihm gefällt.
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ständlich und alltäglich er- Er braucht weder Interpreten
Fortsetzung von Seite 3
hung, fördert die humane Bil–
dung auf vielen Gebieten.
Ist es ein Zufall, wenn die
Seelenheilkunde auch im Zeit–
alter der Chemotherapie das
Musikspiel einsetzt, um Verhal–
tensstörungen, Ängste und
Spannungen bei Kindern abzu–
bauen?
Aktiv musizierende Kinder
sind oft in ihrer Intelligenzent–
wicklung weiter als solche, die
kein Instrument spielen. Wie
soll man sich das erklären?
Vielleicht so: Die Noten mit
ihren verschiedenen Zeitwer–
ten, Vorzeichen und Verzierun–
gen, die vielen Symbole für
Pausen, Tonarten, Spielweisen
usw. sind Schriftzeichen wie
die Buchstaben. Beim Lernen
und aktiven Gebrauch werden
hier wie dort dieselben intellek–
tuellen Fähigkeiten trainiert.
Wer Musik macht, lernt also
neben der Muttersprache noch
eine Art zweiter Sprache, die
der Töne. Dabei muß er sich
nicht minder konzentrieren wie
beim Lesen oder Schreiben. Er
muß eine Menge verschiedener
Zeichen im schnellen Wechsel
erfassen und ihre Bedeutung er–
kennen. Sie sind .in einen
geistigen Zusammenhang ein–
zuordnen und sinnvoll mitein–
ander zu verbinden. Erst da–
durch erwacht die Notenschrift
zu lebendiger Musik.
Außer dieser Intelligenzlei–
stung erfordert das Instrumen–
talspiel nicht zuletzt körperli–
che Fertigkeit und Gewandt–
heit. Je nach der Technik der
Tonerzeugung müssen Hände,
Mund oder Füße mit großer Ge–
schicklichkeit und Schnelle be–
wegt werden.
Der Umfang der hier gefor–
derten geistigen Steuerleistung
scheint, das entpuppt sich so noch Dolmetscher, er ist sein
bei näherem Hinsehen als ein eigener Herr im Reich der
höchst kompliziertes Zusam- Töne.
menwirken von Hirn und
Aber Instrumente können
Hand, von Denken und Ge- noch mehr. Sie überwinden
dächtnis.
Raum und Zeit. Wenn ein Mu–
Darum ist auch das regelmä- siker spie.t, ist es, als träten die
ßige Üben auf einem lnstru- Komponisten zu ihm ins Zim–
ment alles andere als geistloser mer. Bach, Beethoven und Bar–
Drill. Es ist auch nicht nur eine t6k, aber auch die Beatles of–
Schulung des Willens, der fenbaren ihr Denken und Emp–
Selbstbeherrschung und Finger- finden. Die Tonsprache ist Un–
fertigkeit. Wer ein Instrument sterblich und grenzenlos.
lernt, nimmt teil an einem Kul-
Der aktive Umgang mit der
tivierungsprozeß, der den gan- Musik macht auch fähig, wirkli–
zen Menschen formt, bis hin zu ehe Kunst von Kitsch zu Unter–
Körperhaltung, Atemtechnik, scheiden . Wer selbst spielt,
Kraft und Ausdauer.
weiß Könner und Stümper aus–
D
as erkannten übrigens
schon die antiken Phi–
losophen. Musik hiel–
ten sie für diejenige
Kunst, die am meisten
zur Moral-, Charakter- und Ge–
schmacksbildung
beiträgt.
Warum sollten wir heute an–
ders darüber denken?
Wer Musik treibt, der öffnet
sich den Weg in ein schier un–
erschöpfliches Arsenal herrli–
cher Kunstschätze. Wohlklin–
gende Köstlichkeiten, die im
Laufe vieler Jahrhunderte zu–
sammengetragen wurden, ste–
hen zu seinem Genuß bereit.
Von großen und kleinen Mei–
stern einst ans Licht der Welt
gebracht, · warten sie darauf,
vom Spieler neu entdeckt und
wiedergeboren zu werden.
Darüber darf kein Zweifel
sein: Selbst die beste Schall–
plattenpressung und Wiederga–
beelektronik können die Freude
der Begegnung mit Musik nicht
so vollkommen machen wie ,
das eigene Spiel.
Platten- und Radiohörer müs–
sen nämlich die Musik so neh–
men, wie sie ihnen von ande-
einanderzuhalten. Er wirft das
anspruchsvolle Lied nicht in
den gleichen Topf wie die
Schnulze und hält eine seriöse
Jazz-Improvisation nicht für
Kaffeehausgeklimper.
Musizieren dient aber nicht
nur der eigenen Freude und
Entspannung, der Bildung und
dem Kunstgenuß. Auch seine
gemeinschaftsbildende Kraft ist
groß. Das beginnt schon bei
der Hausmusik.
Wenn sich die Bauernfamilie
mit Hackbrett, Gitarre und Zi –
ther zur Stubenmusik zusam–
mensetzt, dann spüren Kinder
und Eltern, daß sie zusammen–
gehören. Plötzlich ist der Un–
terschied zwischen den Gene–
rationen aufgehoben, wie hef–
tig er sonst auch zutage treten
mag.
Ob Streichquartett, Bauern–
trio oder BigBand: Überall, wo
gemeinsam musiziert wird, ent–
steht Gemeinschaft. Als Teil
des Ganzen lernt der einzelne
sich einzugliedern, auf andere
zu achten, das heißt eine Ord–
nung anzunehmen und anzuer–
kennen. Man darf nicht aus
dem Takt kommen, nicht forte
spielen, wenn piano gefordert
ist. Wer aus der Reihe tanzt, ge–
fährdet die Anstrengung der an–
deren, das Gesamtwerk.
Doch bei aller heilsamen
Ein- und Unterordnung muß
niemand, der mit anderen mu–
siziert, auf die Entfaltung seiner
Persönlichkeit verzichten. Im
Gegenteil: Der schüchterne
Bub, der als Gitarrist Anschluß
an eine Band findet, gewinnt
gerade dadurch Sicherheit und
Selbstvertrauen. Er steigert sei–
nen "Wert". Wie gut er auch
immer allein musiziert haben
mag, erst in der Gemeinschaft
erspielt er sich seinen Namen,
kann er zeigen, was er ist und
wieviel in ihm steckt.
W
er Musik macht, hat
auch ein "Instru–
ment", um anderen
zu helfen. Der Or–
ganist im Gottes–
dienst stimmt die Kirchenge–
meinde andächtig. Eine ganz
andere Stimmung
stell~n
die
Bläser beim Standkonzert her.
Die Volksmusikanten einer
Weihnachtsfeier zaubern Be–
sinnlichkeit in den Raum. Die
Schülerband gibt dem Ab–
schlußball Schwung und Froh–
sinn.
Man sieht: Musiker erreichen
viel. Mit ihren Instrumenten ha–
ben sie zugleich die Herzen der
Hörer in der Hand. Aber auch
darüber darf man reden: Musik
ist nicht immer nur um Gottes–
lohn zu haben. Seit eh und je
sind die Nichtmusiker bereit,
für den Hörgenuß Bares auf den
Tisch zu legen. Legionen von
Hobbymusikern besserten sich
mit ihrer Kunst schon das Ta–
schengeld auf.
Aber auch hauptberufliche
Musiker führen längst kein
Hungerleiderdasein mehr. Or–
ganisten und Orchesterspieler,
Solisten und Musikerzieher -
Tausende finden in diesen Be–
rufen ein respektables Auskom–
men. Und ausnahmslos jeder,
auch der größte Virtuose, von
dem heute alle Welt spricht,
fing einmal ganz klein an, als
unbekannter Dreikäsehoch im
InstrumentaIunterricht.
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Wer musiziert, wird gefordert. Aber mehr noch gefördert.
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