Die Kunst steht
hoch in der
Gunst der
Grundschüler
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Kinder sind nun einmal keine
Automaten. Interesse und Auf–
merksamkeit lassen sich nicht
in ein solches Stundenschema
pressen. Darum entscheidet
nun der Lehrer in Schwerpunkt–
fächern wie Deutsch, Mathe–
matik, Heimat- und Sachkun–
de, Musik- und Bewegungser–
ziehung sowie Kunsterziehung
nach pädagogischem Ermes–
sen, welchen Anteil jedes Fach
davon am Tag haben soll.
Insgesamt 17 Wochenstun–
den entfallen auf diesen varia–
blen Block des "Grundlegen–
den Unterrichts". Aber auch
bei der flexiblen Zeiteinteilung
darf kein Fach zu kurz kom–
men . Die verbindlichen Lern–
ziele müssen überall erreicht
werden .
Für alle Klassen sieht der
neue Lehrplan künftig auch
Förderstunden vor. Bei den
Abc-Schützen sind das zwei
pro Woche, für die übrigen
Schüler ist eine vorgesehen.
Worum geht es dabei? Manche
Kinder fassen schnell auf, ande–
re brauchen etwas länger. Der
Lehrer erkennt rasch, wo Lük–
ken zu schließen sind, ein
Rückstand aufgeholt werden
muß. Während der Förderstun–
den hat er Zeit, sich solchen in–
dividuellen Schwächen zu wid–
men.
Alles in allem ergibt sich für
die Grundschüler folgende Bi–
lanz der wöchentlichen Unter–
richtszeit: Die Erstkläßler ha–
ben 24 Stunden Schule, die
Zweitkläßler kommen auf 25
Stunden, im dritten und vierten
Jahrgang bilden 29 Stunden
den Grenzwert. Der Blick über
die weißblauen Grenzpfähle
zeigt: Mit diesem Unterrichts–
angebot
gehören
unsere
Grundschulen zu den Spitzen–
reitern in derBundesrepublik.
Aber Aufgabe der Grund–
schule ist es nicht, nur Wissen
und Können zu vermitteln.
Ebenso wichtig ist die Erzie–
hung der Kinder. Sie wird nur
dort gelingen, wo Vertrauen
herrscht und das Gefühl der
10
Dergute
Ton im
Stundenplan
Kinder wollen basteln,
spielen, laufen und mu–
sizieren. Darum haben
Werken, Textilarbeit,
Musik, Sport und Kunst–
erziehung einen hohen
Stellenwert im neuen
Lehrplan . Fastein Drit–
tel des gesamten Unter–
richts entfällt auf diese
Stunden.
Geborgenheit. Je länger der
Lehrer täglich mit den Kindern
seiner Klasse arbeitet, je mehr
Unterrichtsstunden in seiner
Hand vereinigt sind, desto gün–
stiger wirkt sich das auf die Er–
ziehungsarbeit aus.
Daher soll, wo immer mög–
lich, nur ein einziger Lehrer
den gesamten Unterricht einer
Klasse erteilen. Dieses "Kias–
senlehrerprinzip" erhält im
neuen Lehrplan einen hohen
Stellenwert. Den Kindern soll
auf diese Weise erspart wer–
den, sich von Stunde zu Stunde
auf immer andere Lehrer ein–
stellen zu müssen . Das wir.
den Aufbau persönlicher Bez
hungen im Schulleben sicher
erleichtern.
Wie kam man eigentlich auf
die Idee, unsere Grundschule
nach einem neuen Plan arbei–
ten zu lassen? Waren dafür ein–
same Entschlüsse am grünen
Tisch verantwortlich? Um hier–
auf eine Antwort zu finden,
lohnt sich der Rückblick auf die
Entstehung des neuen bayeri–
schen Grundschullehrplans.
Seine Anfänge reichen zu–
rück bis in das Jahr 1976. Nicht
weniger als
2000
Grundschul–
lehrer wurden damals über ihre
Meinung zum alten Lehrplan
befragt. Das für ganz Bayern re–
präsentative Ergebnis zeigte : Je–
der dritte Lehrer meldete Kritik
an, wünschte zum Beispiel Än–
derungen im Mathematikunter–
richt Jeder zweite Lehrer hi'"'
die lateinischen Fachausdrüc
in der deutschen Sprachlehre
für überzogen . Und die Gram–
matikregeln schnitten im Leh–
rerurteil sogar noch schlechter
ab.
Auch
Fachwissenschaftler
und die Elternverbände wurden
um ihre Meinung gebeten.
Langwierige Entscheidungspro–
zesse mußten schließlich her–
ausfinden, was von bewAhrter
alter Substanz erhalten bfe'iben
sollte und wo etwas geändert
oder ein neuer Anfang gesetzt
werden mußte.
Wie immer die Entscheidung
zuletzt ausfiel, nie ging es dar–
um, das Kind der Schule anzu–
passen. Im Gegenteil. Leitge–
danke war stets, Unterricht und
Erziehung noch stärker als bis–
her an der Vorstellungsweit und
dem Leistungsvermögen der
Kinder auszurichten .
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