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so die Rektorin, „versuchen wir ge–

zielt, Referenten aus dem Elternkreis

für kurze, interessante Beiträge zu ge–

winnen." So habe einmal ein deut–

scher Arzt über das gesunde Früh–

stück informiert, ein andermal ein tür–

kischer Vater seine Heimat anhand

von Dias vorgestellt.

Dass dieses Konzept der aufge–

lockerten Elternabende gerade auch

bei den ausländischen Mitbürgern an–

kommt, beweisen allein schon die

Zahlen : In früheren Zeiten erschienen

Türkische Küche

bei Schulveranstaltungen türkische El–

tern nur selten, bestenfalls wagten

sich einige Väter herein, die Deutsch

sprechen konnten . Bei einer erst kürz–

lich abgehaltenen Klassenelternver–

sammlung hingegen waren, wie El–

ternbeiratsvorsitzender Konrad Eber–

hardt berichtet, „alle türkischen Schü–

ler ganz selbstverständlich durch

ihren Vater oder ihre Mutter vertreten;

in vielen Fällen waren die Frauen so–

gar alleine gekommen ."

Auch über Elternabende hinaus ist

in Ichenhausen die aktive Mitarbeit

von Eltern am Schulleben hoch will–

kommen . Gerade die Eltern der Mo–

dellklassen - aber nicht nur sie - sind

um gute Ideen nicht verlegen. Wenn

etwa ein Busunternehmer Schüler und

Eltern aus der Klasse seiner Tochter

über Sicherheit auf dem Schulweg in–

formiert, wenn ein Vater, von Beruf

Förster, zu einer gemeinsamen Wald–

führung einlädt und solche Unterneh–

mungen auch noch mit einem gemüt-

liehen Imbiss enden, dann ergeben

sich wie von selbst Gelegenheiten zu

zwanglosem Gespräch und gegensei–

tigem Kennenlernen .

Und andere Eltern lassen sich ihrer–

seits zu Initiativen anregen . Da backen

dann z.B. türkische Mütter zusammen

mit den eigenen und den deutschen

Kindern bei Schulveranstaltungen Brot.

Oder man besucht eine nahe gelege–

ne Moschee, was inzwischen zum

festen Programm eines jeden Schul–

jahres gehört. Begonnen hatte diese

Tradition mit einer Besichtigungsfahrt,

die ein türkischer Vater vor ein paar

Jahren für zwei Klassen und einige El–

tern organisiert hatte. Frau Songül Tag

denkt persönlich besonders gerne an

das Schulfest im letzten Sommer zu–

rück, als sie zusammen mit anderen

Schülereltern Spezialitäten der türki–

schen Küche anbot. Vielen Deutschen

habe das Essen geschmeckt, erzählt

sie, und die Gäste hätten sich interes–

siert nach den Zutaten erkundigt. Aber

auch die anderen anwesenden Türken

seien sehr stolz auf den erfolgreichen

Stand ihrer Landsleute gewesen .

Bei vielen anderen Aktivitäten en–

gagieren sich inzwischen ausländi-

Der praktische

Anschauungsun•

terricht in einer

Moschee soll

bei

Eltem

und Kin·

dem Verständnis

für die andere

Kultur

wecken.

sehe und deutsche Eltern gemeinsam,

sei es bei der Gestaltung des Schul–

hofs, dem Verfassen einer Schulbus–

broschüre oder der Betreuung der

Schüler bei Hausaufgaben. „Ein

Außenstehender würde das vielleicht

unter dem Blickwinkel 'interkulturelle

Elternarbeit' sehen, für uns ist es ei–

gentlich schon nahezu der Normal–

fall", meint Elternbeiratsvorsitzender

Konrad Eberhardt. Gewiss gibt es

nach wie vor einzelne ausländische

Eltern, an die man nur schwer heran–

kommt. Aber aufs Ganze gesehen ist

die Präsenz gerade der türkischen El–

tern an „ihrer" Schule enorm gestie–

gen . Und auch bei Problemen, wie sie

im Schulalltag immer wieder auftre–

ten, ist die grundsätzliche Gesprächs–

bereitschaft im Vergleich zu früheren

Zeiten deutlich höher, der Kontakt

zwischen Schule und Eltern span–

nungsfreier geworden.

Dass es zu einer so positiven Ent–

wicklung kam, ist sicher zunächst ein–

zelnen engagierten Personen zu ver–

danken, Deutschen und vor allem Tür–

ken, die durch ihr Beispiel andere er–

mutigten. Darüber hinaus hat sich

aber in all den Jahren die Schule bei

der Elternschaft insgesamt den Ruf er–

worben, ein fruchtbares Feld für inter–

kulturelle Aktionen zu sein. „Die Eltern

erwarten viel auf diesem Gebiet und

wollen mitarbeiten. Wir könnten das

Menschen zusammenführen

nicht mehr auf den Stand von 1990

zurückführen", erklärt Schulleiterin

Evelyn Schier. Auch die anfangs so

misstrauisch betrachteten Modellklas–

sen mit ihrer starken Mischung von

Ausländern und Deutschen sind inzwi–

schen bei den Eltern beider Seiten

heiß begehrt.

Schulleitung und Elternbeirat sahen

und sehen es als eine entscheidende

Aufgabe an, innerhalb der Schule

Menschen zusammenzuführen . Der

Tendenz, sich in die eigene Gruppe,

die eigene Sprache zurückzuziehen,

will mon in Ichenhausen immer wie–

der durch gemeinsame Unternehmun–

gen entgegensteuern. Ob das Ken–

nenlernen der anderen Kultur dann in

ein tieferes Verständnis und in persön–

liche Freundschaften mündet, liegt

nicht mehr in der Hand der Schule,

sondern bei jedem Einzelnen selbst.

Dass es sogar schon einmal zu einer

gemeinsamen Studienreise von Eltern

und Lehrern durch die Türkei kam, ist

sicher ein Glücksfall. ,;Normalerwei–

se", darüber ist sich der Elternbeirats–

vorsitzende im Klaren, „buddeln wir

im Kleinen". Für das nächste Schul–

jahr ist nun ein Deutschkurs für auslän–

dische Mütter geplant.

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