zu werden, auch wenn dies vorerst
noch im Schonraum Schule stattfindet.
Eine Besonderheit des Münchner
Gisela-Gymnasiums dagegen ist die
überschaubare Zahl von nur 12 Schü–
lern in manchen Klassen. Ungewöhn–
lich ist außerdem, daß ein Teil dieser
Schüler die ganze Unterrichtsstunde
über wie gebannt an den Lippen des
Lehrers hängt und die Stirn runzelt,
wenn er einmal beim Reden den Kopf
senkt. Die besondere Aufmerksamkeit
hat ihren Grund: Gut die Hälfte der
Anwesenden - es handelt sich um ei–
nen Grundkurs im Fach Katholische
Religionslehre - ist hörgeschädigt. Des–
wegen trägt der Lehrer einen Kopfhö–
rer mit Mikrophon, die Schüler sitzen
im Halbkreis vor ihm und schalten
sich per Knopfdruck in die Hör–
Sprech-Anlage ein, wenn sie etwas
sagen wollen. Die teils schwerhöri–
gen, teils nahezu gehörlosen Schüler
dagegen können die Anlage direkt an
ihr Hörgerät anschließen.
Klassen wie diese, in denen hörge–
schädigte und normalhörende Schüler
unter besonderen Bedingungen ge–
meinsam unterrichtet werden, gibt es
am Gisela-Gymnasium seit dem Schul–
jahr 1984/85, als der Modellversuch
)ntegrative Beschulung hörgeschädig–
ter Realschulabsolventen in der Ober–
stufe des Gymnasiums" vom Kultusmi–
nisterium eingerichtet wurde.
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Natür–
lich haben wir immer wieder Anfra–
gen von Eltern, die uns ihre hörge–
schädigten Kinder gerne schon ab der
fünften Klasse schicken würden", sagt
Oberstudienrat Johannes Netter, der
die Integrationsklassen betreut. ,,Es wür–
de aber sicher den Rahmen unserer
Schule sprengen, wollten wir für jede
Klassenstufe zusätzlich einen eigens
schallisolierten Unterrichtsraum ein–
richten."
Für die normalhörenden
Schüler bedeutet die Anwe–
senheit von Schwerhörigen
eine ziemliche Umstellung ih–
res sonstigen Sprachverhal–
tens.
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Man
muß vor allem
deutlich artikulieren", erläu–
tert Markus und gibt verle–
gen zu, daß er auch nach
fast vier Jahren noch manch–
mal vergißt, das Mikrophon
einzuschalten. Ganz wichtig
sei es außerdem, berichtet
er, beim Sprechen nicht die
Hand vors Gesicht zu halten
und vor allem dabei die hör–
geschädigten Klassenkame–
raden und nicht den Lehrer
anzuschauen. Besonders letz–
teres sei für einen Schüler si–
cher anfangs ungewohnt,
sagt Betreuungslehrer Johan–
nes Netter. Damit sie sich
besser in die Situation von
Schwerhörigen einfühlen kön–
nen, sollen auch die Normal–
hörenden immer wieder ei–
nen Kopfhörer tragen.
Die hörgeschädigten Schü–
lerinnen und Schüler selbst
betrachten die Teilnahme an
den Integrationsklassen vor
allem als Vorbereitung auf
das
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richtige Leben".
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Natür–
lich gehen die Lehrer hier im
allgemeinen schneller vor als an der
Realschule für Schwerhörige, und
manchmal gibt es auch Verständi–
gungsprobleme", sagt Gunnar, der
von Geburt an schwerhörig ist und
kurz vor dem Abitur steht. ,,Aber da–
durch, daß ich jetzt ein paar Jahre mit
Normalhörenden in einer Klasse war,
haben sich bei mir viele Hemmschwel–
len abgebaut." Seine Klassenkamera–
din Kristina hat den Eindruck, daß um–
gekehrt auch die Normalhörenden
von der Anwesenheit Schwerhöriger
profitieren.
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Manchmal tut es ihnen
ganz gut, wenn etwas nochmal wie–
derholt wird, weil es einer von uns
nicht ganz verstanden hat", schmun–
zelt sie.
Vorbehalte abbauen will man auch
in Würzburg arri Matthias-Grünewald–
Gymnasium, das besonders auf die
Integration von sehbehinderten Schü–
lern eingerichtet ist. Im laufe der
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SCHULE
aktuell
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