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Zeit hat die Schule verschiedene Seh–

hilfen angeschafft, bietet Schulbücher

in Großdruck an und stellt den Sehge–

schädigten Arbeitsmaterialien zur Ver–

fügung, die durch Hochkopieren ver–

größert wurden. „Im Abitur haben die

Angaben manchmal Plakatformat",

Nach wie vor Zulauf

sagt Oberstudienrat Eberhard Roth–

bauer, dessen Aufgabe unter ande–

rem darin besteht, die Kollegen an

der Schule in die besonderen Erfor–

dernisse von Sehbehinderten einzu–

weisen. „Das Tafelbild zum Beispiel",

erklärt er, „muß besonders übersieht- •

lieh sein, nur dann können Sehbehin-

High-Tech im

Klassenzimmer:

Kopfhörer und

M11crophone

er–

mög6chen es am

Münchner

Gisela·

Gymnasium

den

Schwerhörigen,

sich

am

Unterricht

zu betel1igen.

derte es überhaupt lesen und gegebe–

nenfalls mit einer Art Sofortbildkame–

ra eine DIN-A4-Kopie davon für sich

anfertigen." Bei Prüfungen bekommen

die sehbehinderten Schüler außerdem

zusätzliche Arbeitszeit eingeräumt.

Daß am Matthias-Grünewald-Gym–

nasium wie auch am Dante-Gymnasi–

um in den letzten Jahren die Zahl der

behinderten Schüler kontinuierlich zu–

rückgegangen ist, liegt paradoxerwei–

se an dem offensichtlichen Erfolg sol–

cher Integrationsmodelle. Denn mittler–

weile trauen es sich auch andere Schu–

len zu, körper- oder sehbehinderte

Schüler aufzunehmen . Dazu kommt,

daß immer mehr Eltern es ablehnen,

ihr behindertes Kind auf Jahre hinaus

in einem Heim unterzubringen, nur

14 SCHULE

aktuell

damit es einen höheren Schulabschluß

erwerben kann. Lediglich das Gisela–

Gymnasium verzeichnet aufgrund sei–

ner einzigartigen technischen Ausstat–

tung nach wie vor einen großen Zu–

spruch auch auswärtiger Schüler. Da–

mit Körper-, Seh- und Hörbehinderte

wohnortnahe allgemeine Schulen be–

suchen können, hat das Kultusministe–

rium vor einigen Jahren die sogenann–

ten „Mobilen Sonderpädagogischen

Dienste" eingerichtet, die zu diesem

Schuljahr nochmals aufgestockt wur–

den. Mit dieser mobilen Betreuung

wird die integrative Förderung von

über 1000 Kindern in Bayern unter–

stützt.

Die Aufnahme Sehgeschädigter,

Hörgeschädigter und Körperbehinder–

ter in die allgemeine Schule bedarf

der Zustimmung des Schulaufwands–

trägers. Allerdings kann die Zustim–

mung „nur bei erheblichen Mehrauf-

Eine Ermessensfrage

wendungen verweigert werden", heißt

es in Art. 21 Abs. 2 des Bayerischen

Gesetzes über das Erziehungs- und

Unterrichtswesen (BayEUG) . Auch die

Bayerische Bauordnung schreibt seit

den 70er Jahren vor, daß öffentliche

Gebäude so gestaltet sein müssen,

daß sie Behinderte „zweckentspre–

chend benutzen oder aufsuchen kön–

nen". Bereits bestehende Gebäude sol–

len nachgerüstet werden, „wenn das

technisch möglich und dem Eigentü–

mer wirtschaftlich zumutbar ist", heißt

es weiter in Art. 54 Abs. 3 der Bau–

ordnung. Ob der nachträgliche Ein–

bau eines 100.000 Mark teuren Auf–

zuges einer Kommune zugemutet wer–

den kann, ist also eine Ermessensfra–

ge, die vor allem in Zeiten knapper

öffentlicher Kassen schwierig zu ent–

scheiden ist.

Andererseits gehorchen Schulen an–

deren Bedingungen als beispielsweise

ein Arbeitsamt, das so gebaut sein

muß, daß es zum Beispiel ein erwach–

sener Rollstuhlfahrer völlig eigenstän–

dig benutzen kann. „Gehbehinderte

Schulkinder haben schließlich Klassen–

kameraden, die sie notfalls auch mal

ein paar Stufen hoch–

tragen können': sagt

Baudirektorin Gabri–

ele Famers von der

Obersten Baubehör–

de im Bayerischen In–

nenministerium. „Es

muß außerdem bei

nachträglichen Bau–

maßnahmen nicht

immer die lOOpro–

zentig perfekte Lö–

sung sein, die dann

der Kommune zu teu–

er ist und nur deswe–

gen nicht umgesetzt

wird." Vieles könne

auch mit minimalem

Aufwand bewerkstel–

ligt werden. ,,Je nach

Art der Behinderung

reicht es bisweilen schon aus, in der

Toilette eine Zwischenenwand heraus–

zureißen, um eine Kabine mit ge–

nügend Manövrierplatz für einen Roll–

stuhl zu schaffen."

„Wenn eine Schule nur einen einzi–

gen Schüler im Rollstuhl hat", sagt

auch Studiendirektor Heinz Reinhardt,

der auf über 25 Jahre Erfahrung mit

der Integration von körperbehinderten

Kindern und Jugendlichen am Münch–

ner Dante-Gymnasium zurückblicken

kann, „dann ist es oft irgendwie mög–

lich, den Schulbetrieb darauf abzu–

stellen. Allerdings wird es immer Fälle

von Behinderungen geben, denen un–

ser Gymnasium aufgrund seiner be–

sonderen Ausstattung eher gerecht

werden kann als ein anderes."

D