Nicht nur auf Kopf
und Hand kommt es an bei
der Ausbildung. -Auch
Charakter ist gefragt.
Fortsetzung von Seite 3
Genau 4796 Lehrlinge füllten
die Fragebögen aus und schick–
ten sie an das Institut zurück.
Sie gaben darin an, was ihnen
Arbeitstugenden heute bedeu–
ten. Da die Umfrageaktion an–
onym war, mußten sie sich kein
Blatt vor den Mund nehmen,
konnten im Gegenteil ganz of–
fen ihre Meinung zu Papier
bringen.
Doch nicht nur die Lehrlinge
wurden befragt, sondern auch
ihre Ausbilder. 1415 von
ihnen, ebenfalls ein repräsen–
tativer Querschnitt, bekamen
einen Testbogen vorgelegt Auf
ihm mußten sie ankreuzen,
welche Einstellungen der ideale
Lehrling ihrer Meinung nach
mitbringen sollte.
Auf den Testbögen sowohl
der Ausbilder als auch der Lehr–
linge waren zwölf Arbeitstu–
genden aufgelistet Darunter
befanden sich zuerst einmal Ei–
genschaften, die einen zuver–
lässigen Menschen kennzeich–
nen. Sie reichen von Pünktlich–
keit und Ordnungsliebe über
Disziplin und Ehrlichkeit bis zu
Fleiß, pflichtbewußtsein und
Leistungsbereitschaft.
Moral und
Charakter
Dazu kamen noch Einstel–
lungen und Charaktereigen–
schaften, wie Zielstrebigkeit
und Initiative, Selbstsicherheit,
Ausgeglichenheit und Selbst–
vertrauen.
Wie mußten nun Lehrlinge
und Ausbilder beim Ausfüllen
der Fragebögen vorgehen? Jede
einzelne Tugend sollte nach
ihrer Bedeutung für das Berufs–
leben "Noten" erhalten. Dafür
standen die Punkte eins bis sie–
ben zur Verfügung. Betrachtet
man das Schaubild rechts, so
lassen sich die Resultate ab–
lesen.
Zunächst fällt auf, daß im
Durchschnitt keine einzige Tu–
gend eine Bewertung unter fünf
Punkten erhielt Das heißt: So–
wohl Ausbilder als auch Lehr–
linge räumen allen zwölf Wer–
ten auf dem Fragebogen eine
hohe Bedeutung bei der Berufs–
ausbildung ein.
4
keine
Bedeutung
1
2
3
4
sehrhohe
Bedeutung
5
6
7
I
l \
"
.
\
!\
~
V
~
,
J
~
'
l
\
Zielstrebigkeit
Initiative
Selbstsicherheit
Selbstvertrauen
Ruhe/Ausgeglichenheit
Pünktlichkeit
Ordnungssinn
Disziplin
Ehrlichkeit
Reiß
Pflichtbewußtsein
Leistungsbereitschaft
-
Lehrfinge -
Ausbilder
Lehrlinge und Ausbilder wurden befragt:
Welchen Wert haben Arbeitstugenden für
die Arbeitswelt? Dabei konnten Punkte ver–
geben werden von 1 (keine Bedeutung)
bis 7 (höchste Bedeutung). Das Schaubild
zeigt, welch hohe Meinung beide Testgrup–
pen von allen zwölf Eigenschaften haben.
Meist übertraf sogar die Punktewertung der
Lehrlinge (rote Kurve) die der Ausbilder
(blaue Kurve).
Wer also glaubt, unsere Lehr–
linge hätten mit Ordnung oder
Disziplin, mit Fleiß oder Ziel–
strebigkeit nichts mehr im Sinn,
der irrt gewaltig. Sie haben sie
durchwegs mit einer hohen
Punktewertung versehen, eben–
so wie die Ausbilder.
Und noch etwas fällt auf: Tu–
genden, die den Ausbildern be–
sonders am Herzen liegen, wa–
ren auch die Favoriten der Lehr–
linge. Erstaunlicherweise ga–
ben die jungen Leute sogar n<Y'
mehr Punkte als ihre Meister.
Spitzenreiter ist bei beiden
Gruppen die Ehrlichkeit mit der
Traumnote 6,8 . Dicht auf den
Fersen folgen ihr: Leistungsbe–
reitschaft,
Pflichtbewußtsein
und Fleiß. Diese vier "Kardinal–
tugenden" liegen für Ausbilder
und Lehrlinge auf den ersten
Plätzen, _ und zwar in allen
Wirtschaftszweigen, ob in der
Bank oder auf dem Bau.
Die jugendlichen haben
eines klar erkannt: Lernwille
und voller Einsatz garantieren
die erfolgreiche Ausbildung,
zahlen sich also letztlich aus.
Diese Einsicht haben nicht nur
Lehrlinge im fortgeschrittenen
Alter. Gerade die jüngsten von
ihnen verhalfen mit ihrer Wer–
tung der Ehrlichkeit, der Lei–
stungsbereitschaft, dem Pflicht–
bewußtsein und dem Fleiß ,
ihren Spitzenpositionen .
Bei den Noten, die die Aus–
bilder gaben, spielten Alter und
Berufspraxis keine Rolle. Ob es
sich um einen altgedienten
Meister oder einen jungen Aus–
bilder handelte, sie verteilten
stets ihre Punkte in ähnlicher
Gewichtung.
Werfen wir nun einen Blick
auf die einzelnen Wirtschafts–
zweige. Abgesehen von den
oben erwähnten vier Spitzen–
reitern, die überall vorne lie–
gen, rangieren die restlichen
acht Tugenden
je
nach Branche
an unterschiedlichen Stellen .
So legen zum Beispiel Aus–
bilder im Handel großen Wert
auf Pünktlichkeit und Ord–
nungssinn. Das kommt nicht
von ungefähr, denn wo es gilt,
Termine und Geschäftszeiten
einzuhalten oder Übersicht im
Warenlager zu schaffen, kann