I
m Westen nichts Neues.
Um so lieber trägt man
jetzt Fernöstliches. ln der
geistigen Mode ist Hima–
laya " in" . Neben den sekten–
ähnlichen )ugendreligionen,
über die S& W im letzten
Heft berichtete, ist ·derzeit
die "Transzendentale Medi–
tation", abgekürzt TM, ein
erfolgreicher
fernöstlicher
lmportschlager.
Das Angebot: bequeme
Schnellkurse ins Glück. Zum
Verkauf steht eine unver–
ständliche fernöstliche Voka–
bel, dazu kommen ein paar
Stunden Einführung, wie man
über diesen dunklen Silben
("Mantra" ) täglich zweimal
15 Minuten " meditiert" , sich
ins Innere zurückzieht.
Dieses Produkt, das zum
Markt-Renner ohnegleichen
wurde, hat " Seine Heiligkeit"
Maharishi Mahesh Yogi (Bild)
eingeführt. Nach dem Tode
seines "göttlichen Lehrers"
Guru Dev fragte sich der ln–
der, warum man nicht auch
andere Leute " an dem Segen
aus dem Himalaya teHhaben "
lassen sollte.
Der Segen wurde zum
Schlager, aus dem Mann mit
der Blume in der Hand wur–
de ein Star. Mit Jet und Mer–
cedes ist er . unterwegs zu
seiner Gemeinde von mitt–
lerweile einer Million Anhän–
gern. 60 000 leben in der
Bundesrepublik,
darunter
sehr viele junge Leute. Die
erdkreisumspannende
TM–
Bewegung stützt sich auf
1200 Hauptquartiere, soge–
nannte Weltplan-Centers, da–
von 75 in Westdeutschland.
S & W erklärt sich diesen
Erfolg mit der unvergleich–
lichen TM-Mischung aus öf–
fentlichem Tam-Tam, aus
Wissenschaft und Scheinwis–
senschaft, verbrämt mit my–
stischem Brimborium.
Grundgedanke ist die Be–
hauptung, daß der Mensch
von heute nur etwa zehn
Prozent seiner angeborenen
geistig-seelischen
Fähigkeit
nutze, weil Streßfolgen sein
Nervensystem
blockieren .
Durch "Transzendentale Me- .
ditation" aber wird diese
Blockade beseitigt, verspre–
chen die TM-Werber.
Ihre"Wissenschaft der Krea–
tiven Intelligenz" erscheint
·als Schnellzug ins Glück,
ins " Zeitalter der Erleuch–
tung ". Man nehme nur zwei–
mal täglich ein Viertelstünd–
chen "Mantra" plus Medita–
tion - und schon wird sich
ein permanenter Zustand von
Harmonie, Glück und Frie–
den in der Weit einstellen.
Die Völkerfamilie wird voll–
ständig frei von Furcht sein,
wenn nur fünf Prozent der
Weltbevölkerung sich zwei–
mal täglich ans TM-Rezept
halten . Krankheit, Verbre–
chen, Unruhe, Alkoholismus
werden verschwinden, und
dieses "Zeitalter der Erleuch–
tung" von Maharishis Gna–
den wird selbstverständlich
unbegrenzt andauern.
Ihren Anhängern verspricht
TM Hilfe bei Alltagsproble–
men von A wie Atembe–
schwerden bis Z wie Zahn–
verfall. Weitere Verheißun–
gen: "schnelle harmonische
Persön Iichkei tsentfal tu ng"
und die .Entwicklung zum
"problemfreien Individuum" .
Im TM-Wunderladen gibt
es für alle was: "Kleinkinder,
von meditierenden Müttern
geboren, sind ruhig, heiter
und haben ein gesundes Ner- .
vensystem". Ältere Menschen
fühlen sich wohler, Kranke
finden Erleichterung - dank
TM. Und endlich läßt uns TM
auch Schulsorgen vergessen:
"Meditierende Kinder lernen
leichter" .
TM verspricht die Stabili–
sierung der Herzfunktion, die
erhöhte Effektivität der At–
mung, die Normalisierung
des Körpergewichts, die be–
schleunigte Entwicklung der
Intelligenz, ein verbessertes
Gedächtnis, mehr Selbstsie
cherheit, Toleranz, .Erfolg im
Studium, Familienglück. ·
Maharishi zeigt aber auch
den Managern der Wirtschaft,
wie sie ihren laden wieder
in Ordnung bringen können.
Er kennt sogar die " absolute
Theorie des Managements",
die künftig aus jedem Unter–
nehmen den Mißerfolg hin–
auszwingt
leider ist das absolute
Glück nicht ganz gratis. Der
Trip ins TM-Paradies kostet
Geld und hat gestaffelte Prei–
se.
Führungskräfte zahlen
mehr, Studenten haben Ra–
batt. Alle möglichen Kurse
kann man kaufen . Für die
Erstausstattung zahlen Be–
rufstätige einschließlich ihrer
Frauen und Kinder DM
Ein Sechs-Monate-Kurs z
Ausbildung zum TM-lehrer
kostet rund 9000 Mark, ein
36-Stunden-Seminar für Füh–
rungskräfte DM 1600 pro
Person. Vor dem Fernsehen
berichtete kürzlich eine Mut–
ter, die Ausbildung ihres
Sohnes zum "TM-Initiator"
(Lehrer) habe schon 20 000
Mark gekostet.
Das käufliche Glücksange–
bot der TM erscheint in al–
len Formen moderner Wer–
bemedien. ln den USA z. B.
mittels eigener Fernseh-Sta–
tion, in Deutschland per
Großdruckerei. Die TM-Wer–
ber suchen für ihre Vorträge
gern lokale mit amtlichem
Anstrich, d. h. Pfarr- und Ge–
meindesäle, Schulen, Ge–
sundheitsämter. Eigene Ma–
harishi-" Universitäten" und
"Seminare" signalisieren dem
Laien Wissenschaftlichkeit.
Ein S& W-Mann erlebte
das
TM-Einweih
al: