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sonderpädagogische Betreuung von Julian übernommen hatte.

Durch ihre wertvollenTipps konnte ich freier mit der unge-

wohnten Situation umgehen.

Nach und nach gewöhnte sich Julian an den Ablauf des

Schulbetriebs. Er lernte, sich ruhig zu verhalten, und begann

damit,Arbeitsaufträge selbständig auszuführen. Es war sehr

viel Arbeit von mir und Frau Rauscher notwendig, bis sich

Fortschritte beim Schreiben, Lesen und seiner Sprachentwick-

lung einstellten. Das Rechnen war von Anfang an sehr pro-

blematisch, und es dauerte lange, bis Julian einfache Rechen-

aufgaben mit Anschauungshilfen lösen konnte. Dennoch blie-

ben seine Leistungen in diesem Fach unter denen seiner

Mitschüler.

Diese tolerierten von Anfang an seine Ausnahmestellung.

Schüler der höheren Klassen unterstützten ihn in den prakti-

schen Fächern, boten ihm in den Freistunden ihre Hilfe an,

betreuten ihn an der Bushaltestelle und während der Pausen.

Das sozialeVerhalten in der Klasse veränderte sich positiv -

man lernte ganz natürlich, mit einem behinderten Mitschüler

umzugehen.Aber auch Julian seinerseits profitierte von sei-

nemAufenthalt in der Klasse. Die Anerkennung seiner Leis-

tungen durch die anderen Schüler, ihr Lob und ihre Hilfsbe-

reitschaft stärkten sein Selbstvertrauen. Fazit nach zwei

Schuljahren:Wir wollten versuchen, Julian auch in der 3.

Klasse an unserer Schule zu halten. DieVoraussetzungen

dafür waren meiner Meinung nach gegeben.

In der 3. Klasse übernahm Frau Karpf die Klasse. Sie

bestätigt, dass die soziale Integration von Julian sehr

gut gelungen ist.Allerdings stellt sie fest, dass sich auf-

grund der erheblich verzögerten Entwicklung von Ju-

lian die Kluft zwischen seinen Interessen und denen

seiner Mitschüler zunehmend vergrößert. Auch was

seine Leistungen betrifft, zeigt sich, dass der Aufenthalt

in der Regelschule zunehmend problematisch wird.

Vor allem im Fach Rechnen kann Julian Aufgaben nur

mit Anschauungsmaterial lösen, das von der Sonder-

schullehrerin für die ganzeWoche vorbereitet wurde.

Auch im Fach Deutsch zeigen sich in der 3. Klasse die

Grenzen. Julian kann zwar einfacheTexte in Druck-

– 1 01

12

z

E

ulian wurde mit dem Downsyn-

drom geboren, sollte aber nach dem

Willen seiner Eltern nicht eine För-

derschule, sondern die Grundschule be-

suchen. „Sicher haben meine persönli-

chen Erfahrungen dazu beigetragen,

dass ich für das Anliegen besonders auf-

geschlossen war“, erläutert der Schullei-

ter. Er hat einen inzwischen erwachse-

nen Sohn mit Downsyndrom.

Im Frühjahr 1997 nahm Julian am

Einschulungstest teil. Der Schularzt be-

stätigte ihm in körperlicher Hinsicht

die Schulfähigkeit, die Entscheidung

darüber, wo der 7-Jährige am besten

gefördert werden konnte, lag bei der

Schule. Rektor Heinrich informierte sich bei den El-

tern, wie selbständig ihr Sohn imAlltag ist, holte die

Empfehlungen der Erzieherinnen im Kindergarten

ein, führte intensive Gespräche mit dem Lehrerkolle-

gium, nahm Kontakt mit der Förderschule auf und er-

läuterte das Vorhaben den Eltern der künftigen ersten

Klasse. Dann erst gab er grünes Licht.

Wie sich derVersuch, ein Kind mit Downsyndrom in

eine Grundschule aufzunehmen, anließ, erläutert

Mechthild Pfeifer, Julians Klassenleiterin in den Jahr-

gangsstufen 1 und 2:

Mein erster Gedanke war, dass die Eltern wohl sehr ehrgeizig

sind und die Behinderung ihres Kindes nicht akzeptieren

wollen. Meine Skepsis wich jedoch, als ich mich bei der Ein-

schreibung eingehend mit Julians Mutter unterhielt. Sie

wollte, dass ihr Sohn in seiner gewohnten Umgebung bleibt,

die Kontakte aus dem Kindergarten aufrechterhalten kann

und bestmöglich gefördert wird. Dass dies in der Regelschule

schwierig sein würde, war ihr bewusst.

Im Unterricht zeigte sich, dass Julian bei den erstenTests

unter den Leistungen der anderen Kinder lag. Auch seinVer-

halten war anfangs problematisch, da er nicht von meiner

Seite wich. Am Unterricht beteiligte er sich selten. Schließlich

benötigte er häufiger Ruhephasen und konnte sich nur kurz-

zeitig konzentrieren. Eine wichtige Hilfe war mir in dieser

Anfangsphase Sonderschullehrerin Ilona Rauscher, die die

Lernen, wie man telefoniert

J

Integration

EinVersuch

Volksschule

Heimbuchen-

thal im Spessart:

Die ersten Ge-

spräche führten

Julians Eltern

mit Rektor

Heinz Heinrich

bereits drei

Jahre vor der

Einschulung.