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sprecher finden sie in ei–

nem Religionslehrer, der

zugleich

Mitglied

im

Stadtrat und im Kreistag

ist. Er hält dort das The–

ma am Kochen. Auch die

lokale Presse, gut unter–

richtet von den Eltern, be–

ginnt Partei zu ergreifen.

Da zeigt sich der erste

Erfolg: Ein Schreiben des

Elternbeirats an den Stadt–

rat bewirkt dort eine Son–

dersitzung. Beschluß: Die

Auslagerung der lernbe–

hinderten Kinder soll nur

befristet gelten. jetzt führt

der Eltern-Helfer im Kreis–

tag einen zweiten hoff–

nungsvollen Beschluß im

Veto ohne

Wirkung

S

olche Affären erleben

Elternbeiräte

zum

Glück

nur selten.

Wenn es aber doch ein–

mal passiert, daß ein

Schüler von der Schule

fliegen soll, dann müssen

sie wissen, worauf's an–

kommt.

-)~r

siebzehnjährige

~hasiast

Peter K. hat

in einer bösen Schmäh–

schrift den jungen Lehrer

M. beleidigt, beschimpft

und sogar bedroht. Ein

Lausbubenstreich?

Eine

einmalige

Entgleisung?

Leider nein! Peter K. ist

kein

unbeschriebenes

Blatt, sondern seit Jahren

unrühmlich bekannt. Sein

Sündenregister liest sich

wie ein Fortsetzungskrimi.

Da gab es Flegeleien aller

Art, Schuleschwänzen, Un–

terschriftenfälschen usw.

Für den Disziplinaraus–

schuß der Schule ist sein

neues Bubenstück der

Tropfen, der das Faß zum

überlaufen bringt. Da Pe–

ter vor wenigen Monaten

die Entlassung schon an–

gedroht wurde, soll jetzt

Ernst gemacht werden.

Der Disziplinarausschuß

ist, laut ASchO, ein Gre–

mium, das an Gymnasien ·

immer dann zusammen-

Kreisausschuß herbei: Die

Stadt soll ein zwar ange–

jahrtes, aber leerstehen–

des Realschulgebäude auf–

möbeln und dorthin die

ausgelagerten Sonderschü–

ler heimführen.

Tatsächlich nach drei

Jahren Exil ist es geschafft:

Lehrer, Sonderschüler und

Eltern feiern die Einwei–

hung des neu herausge–

putzten Schulhauses und

die Rückkehr ins pädago–

gische Zentrum. "Ohne

den unermüdlichen Ein–

satz der Eltern hätten wir

das nie geschafft", sagt

der Schulleiter anerken–

nend.

e

tritt, wenn sich ein Schü–

ler eine schwere Verfeh–

lung zuschulden kommen

läßt. Dem Disziplinaraus–

schuß gehören neben

dem Leiter der Schule

und dessen ständigem

Vertreter sieben weitere

Mitglieder des Lehrerkol–

legiums an .. Er prüft den

Sachverhalt und verhängt

dann über den Delin–

quenten eine Ordnungs–

maßnahme. Die schwerste

ist die Entlassung.

Mit eingeschriebenem

Brief teilt die Schule Pe–

ters Eltern mit, daß ihr

Sohn entlassen werden

soll. Herr und Frau K.

sind zwar Kummer ge–

wöhnt. Diese Hiobsbot–

schaft aus dem Gymna–

sium aber trifft sie hart.

Hilfesuchend wenden sie

sich in einem Schreiben

an den Elternbeirat mit

der Bitte, das Schlimmste

·zu verhindern.

Damit ist der Elternbei–

rat offiziell eingeschaltet

und laut ASchO

§

40 ver–

pflichtet, im Entlassungs–

verfahren gegen Peter K.

tätig zu werden. Als er–

stes läßt er sich von der

Schule

das

Protokoll

der Disziplinarausschuß–

sitzung im Fall K. zusen-

den, um den Sachverhalt

zu studieren.

Darüber hinaus bittet

er den Delinquenten zu

einer Aussprache; denn

das steht dem Elternbei–

rat ebenso frei, wie die

Meinung von Peters Für–

sprecher

einzuholen.

Dann erwägen Elternbeirat

und Disziplinarausschuß

noch einmal gemeinsam

alle Für und Wider- auch

das sieht die Schulord–

nung vor. Und wirklich:

Peter K. hat Glück. Die

geheime Abstimmung des

Elternbeirats fällt zu sei–

nen Gunsten aus. Bis auf

eine Stimi'Ti't!-sind alle Bei–

räte gegen die Entlassung.

Der Elternbeiratsvorsit–

zende leitet nun das Ab–

stimmungsergebnis schrift–

lich an den Disziplinar–

ausschuß weiter, doch

diesen lassen die Argu–

mente der Eltern kalt: Pe–

ter soll von der Schule.

Den endgültigen Beschluß

gibt der Disziplinaraus–

schuß schriftlich dem El–

ternbeirat bekannt. Die–

ser bleibt seinerseits hart

und bestätigt in einer

zweiten Abstimmung das

Ergebnis der ersten.

Unverzüglich leiten die

Elternvertreter ihr Veto an

das Direktorat. Damit

steht Urteil gegen Urteil.

Peter müßte nun so lange

an der Schule bleiben,

bis der Ministerialbeauf–

tragte als \lnparteiischer

Dritter das letzte Wort

gesprochen hat.

So weit kommt es bei

Peter K. aber nicht mehr.

Zum allgemeinen Erstau–

nen tritt seine Entlassung

trotz Veto in Kraft. Er

fliegt von der Schule. Wie

das? wundert sich der El–

ternbeirat. Zählt unser

Veto nichts? Geht an die–

ser Schule noch alles mit

rechten Dingen zu? Ja,

es geht. Denn leider un–

terlief den Elternvertre–

tern im Kampfgetümmel

ein schwerwiegender Feh–

ler, der ihr Veto wirkungs–

los machte.

Denn, so bestimmt es

die ASchO: Der Elternbei–

rat kann nur dann rechts–

verbindlich Einspruch ge–

gen eine Entlassung er–

heben, wenn mindestens

drei Viertel aller seiner

Mitglieder dagegen stim–

men und zwar innerhalb

einer Frist von drei Un–

terrichtstagen. Von dem

Zeitpunkt an gerechnet,

in dem der Elternbeirats–

vorsitzende den Beschluß

des Disziplinarausschusses

erhalten hat. Im Entlas–

sungsverfahren von Peter

K. hatte der Elternbeirat

mit seinem Veto zwar die

Frist von drei Tagen ein–

gehalten, aber zur Ab–

stimmung nicht mehr alle

seine Mitglieder auf die

Beine gebracht. So kam

zwar wiederum eine gro–

ße Mehrheit zugunsten

Peters zustande, aber nur

M

anche Eltern verste–

hen unsere Aufgabe

leider ganz falsch",

klagt Herr P., seit Jahren

Vorsitzender des Eltern–

beirats einer Volksschule.

"Sie erwarten, daß wir

auf Biegen oder Brechen

ihre Partei ergreifen, ob

sie nun im Recht sind

oder nicht." Dann erzählt

er den Fall Angelika.

Die

Dreizehnjährige

brachte kurz hintereinan–

der ein paar schlechte

Noten in Mathematik

nach Hause.•Seit du den

Rektor in Mathematik

hast, geht es mit dir berg–

ab!" schimpft .die Mutter.

"Der kann mich nicht lei–

den", heult Angelika zu–

rück. "Immer hackt er auf

mir herum." Angelika

weiß, daß Mutter wie ei–

ne Löwin losgeht, wenn

ihr Liebling weint. Und in

der Tat: Sofort eilt sie

zum Vorsitzenden des El–

ternbeirats, Herrn P.: "Ich

verlange, daß Angelika in

die Parallelklasse versetzt

wird. Bitte drücken Sie

das

beim

Schulleiter

durch."

Schon am nächsten Tag

erbittet er beim Schullei–

ter einen Termin, um den

Fall zu besprechen. Ergeb–

nis: Ja, es stimme schon,

sagt der Schulleiter und

zugleich Angelikas Mathe–

matiklehrer, daß das Mäd–

chen schlechte Noten be–

kommen habe. Das liege

aber an ihrer nachlässigen

Mitarbeit. Er habe sie in

letzter Zeit häufig tadeln

müssen: wegen Schwatz–

haftigkeit, nicht gemach–

ter Hausaufgaben usw.

der anwesenden Mitglie–

der und nicht, wie vorge–

schrieben, aller Mitglieder.

Der Elternbeiratsvorsit–

zende im nachhinein:

"Hätte ich das gewußt,

wären die Stimmen der

verhinderten Mitglieder

eben schriftlich eingeholt

worden!" Das hätte aber

leider nichts geholfen: Ei–

ne Briefwahl sieht die

ASchO nicht vor.

Der kann

mich nicht

leiden

Einmal habe er sie sogar

beim Spicken erwischt.

Die Versetzung in die

Parallelklasse sei aber un–

begründet, er lehne sie

auch aus Gründen der

Schulorganisation ab.

Aber Angelikas Mutter

gibt nicht auf: "Das Kind

muß aus dieser Klasse

raus. Es ist dort todun–

glücklich. Ich verlange

vom Elternbeirat, daß er

das durchsetzt!"

Nun

kommt es - mit Einver–

ständnis der Mutter - zu

einer Aussprache zwi–

schen Angelika und dem

Elternbeirat. Ob sie denn

wirklich so ungerecht be–

handelt würde und sich

so unglücklich fühle?

Angelika bleibt dabei,

daß Herr F. einen Pick

auf sie hat. Aber sie

räumt auch die schlampig

gemachten Hausaufgaben

ein und das Spicken in

der Probearbeit. Auf die

Frage, ob sie selbst in ei–

ne andere Klasse möchte,

zuckt sie die Schultern.

· jetzt faßt der Elternbei–

rat den sehr richtigen Be–

schluß: Der Antrag von

Frau S. auf Versetzung

ihrer Tochter Angelika in

die Parallelklasse ist un–

begründet, er wird daher

nicht unterstützt.

"Das ist mir eine schö–

ne lnteressenvertretung!"

schimpft Frau S. und wen–

det sich an den Schulrat–

jedoch auch dort ohne

Erfolg. Seither ignoriert

Frau S. den Gruß des

EIternbei ratsvorsi tzenden,

wenn er ihr auf der Stra–

ße begegnet. Herr P. trägt

es mit Würde.

e

Sie uns Jhren Fall! Damit andere daraus lernen können.

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