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D

er letzte Beitrag dieser Serie war

ein Stichwort-ABC praktischer Eltern–

arbei1 in Bayern - gedacht als Ober–

blick und Anregung.

Die Fallbeispiele hier und in den

nächsten Heften verfolgen den gleichen

Zweck- nur ausführlicher. Sie zeigen,

warum und wie Elternbeiräte aktiv werden,

welche Schritte zum Erfolg führen, an

welchen Klippen man schei1ern kann. Es

sind Geschichten, die das Leben schrieb.

Sie stammen alle aus dem Erfahrungs–

schatz bayerischer Elternvertreter.

20

An

der

••

grunen

Front

H

err B. war noch nie

beim großen Eltern–

sprechtag und wird

auch dieses Mal nicht hin–

gehen. Obwohl er zwei

Kinder in der Schule hat.

Aber Herr B. ist ein Land–

wirt. Darum schwillt ihm

die Zornader, als er von

der Schule für nächsten

Donnerstag wieder einmal

zum Elternsprechtag ein–

geladen . wird: "Immer

ausgerechnet von 15 bis

18 Uhr", schimpft er,

"wenn unsereiner alle

Hände voll zu tun hat.

Von Landwirtschaft verste–

hen Lehrer halt nichts!"

Beschwert hat sich Herr

B. allerdings über die un–

günstige Sprechzeit am

Spätnachmittag noch nie.

Weil es nicht seine Art

ist, "sich in der Schule

wichtig zu machen", wie

er sagt. So verläuft auch

dieser Sprechtag wie alle

früheren : Die Eltern B.

bleiben ihm fern. Die

Schule legt es als Mangel

an Interesse aus.

Zum

Glück

spricht

Landwirt B. eines Tages

zufällig mit einem ande–

ren Vater darüber. Der ist

Mitglied im Elternbeirat

und bringt das Problem

bei der nächsten Sitzung

zur Sprache. Jetzt stellt

sich heraus: Herr B. ist

kein Einzelfall. Viele El–

tern haben einen land–

wirtschaftlichen Betrieb zu

Hause, den sie am gro–

ßen Sprechtag nicht ein–

fach stehen- und liegen–

lassen können.

Als der Elternbeirat mit

dem Schulleiter darüber

redet, findet er offene

Ohren : Die Lehrerschaft

ist bereit, den Eltern zu

günstigerer Zeit für die

Aussprache zur Verfügung

zu stehen. Der nächste

Sprechtag wird von 17 bis

20 Uhr angesetzt.

Ein anderes Beispiel

vertrauensvoller Zusam–

menarbeit: Rektor

A.

ist

Leiter der Volksschule in

W.-bach, die eine kleine

Grundschui-Filiale im 10

km entfernten Nachbarort

unterhält.

Eltern

von

Grundschülern, die den

Rektor persönlich spre–

chen wollen, mußten sich

bisher auf den 10 km

weiten Weg zum Schul–

sitz in W.-bach machen:

Ein zeitaufwendiges Un–

ternehmen, für Berufstä–

tige nicht zu schaffen.

Der Elternbeirat be–

schäftigt sich mit dem

Problem und trägt es Rek–

tor A. vor. Seither gibt es

folgende Regelung: Um

den Eltern der Grund–

schüler die Anfahrt in sei–

ne Sprechstunde zu erspa–

ren, macht sich Rektor

A.

selber auf den Weg. An

einem Abend im Monat

fährt er zum Nachbarort

hinüber und steht dort im

Schulhaus den Eltern zwei

Stunden lang für Aus–

kunft und Beratung zur

Verfügung. Die Eltern ma–

chen von seinem Ange–

bot regen Gebrauch. "Ja,

11nser Herr Rektor .. .!"

heißt es jetzt oft aner–

kennend in ihren Gesprä–

chen, und jeder spürt den

Vertrauenszuwachs zwi–

schen den Partnern.

.--InS

Abseits

D

as Schulzentrum der

Stadt birst aus "'n

Nähten. Mit de

\

hurtenstarken Jahrgängen

wurde es längst zu eng,

um alle Grund-, Haupt–

und Sonderschüler unter

einem Dach zu vereini–

gen. Im Nachbarort aber

steht ein Schulhaus leer,

noch dazu ein neu ge–

bautes. Darum beschließt

der Stadtrat: "Vier Sonder–

schulklassen ziehen um."

Die Eltern der betroffe–

nen lernbehinderten Kin–

der aber sind außer sich:

"Wem wird jetzt der wei–

teste Schulweg zugemu–

tet? Natürlich den ohne–

hin

Benachteiligten!"

Auch der Rektor der Son–

derschule ist unglücklich.

Am neuen Ort gibt es

nämlich weder Fachräume

noch Sportanlagen. Was

ihn und die Eltern aber

am meisten belastet: Die

lernbehinderten

Kir)·

j

sind am Nachbarort

:

noch unter sich, das heißt

isoliert, zu Außenseitern

abgestempelt. Die Eltern

bestürmen den Elternbei–

rat der Sonderschule, den

Stadtratsbeschluß wieder

rückgängig zu machen.

Es beginnt ein jahrelan–

ges, oft entmutigendes

Ringen mit allen mögli–

chen Stellen. Der Eltern–

bPirat erscheint beim

Schulamt, "bearbeitet" die

ihm persönlich bekannten

Mitglieder des Stadtrats,

wendet sich an die Orts–

geistlichen, eine Delega–

tion fährt zur Schulabtei–

lung der Bezirksregierung.

Die ersten Vorstöße ver–

heißen wenig Erfolg. Kom–

mentar : "Bei dieser ein–

mal beschlossenen Sache

ist jetzt nichts mehr zu

machen."

Aber d ie Eltern und ihr

Beirat lassen nicht locker.

Den tatkräftigsten Für-

S

&

W bittet alle Elternbeiräte: Schreiben