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7 Wissenschaftliches Gutachten – Evaluierung der drei Projektjahre (Schuljahre 2014-2016)

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wusst) auch bei vielen (älteren) Dialektsprecherinnen und -sprechern immer

noch das Bewusstsein vorherrscht, ein eigentlich schlechtes Standarddeutsch

zu sprechen. Dem widersprechen heute freilich die Erkenntnisse der moder-

nen Sprachwissenschaft, wonach Mundarten gerade keine schlechten Stan-

dardsprachen, sondern eben andere Sprachsysteme mit spezifischen Eigen-

gesetzlichkeiten sind. Jüngere Forschungen haben sogar ergeben, dass

Mundartsprechende, weil sie mit dem Erlernen der Standardsprache quasi

zweisprachig

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sind, später Vorteile beim Erlernen von Fremdsprachen haben.

Vor diesem Hintergrund ist es ein wesentliches Anliegen des Projekts Mund-

ART WERTvoll, gerade die im Alltag gelebte Mundart vor Ort als wertvoll zu

erleben.

Ziel des Projekts war es, dieses Erlebnis im bewussten und kreativen Handeln

vor Ort in verschiedenen Formen und Medien aktiv zu ermöglichen bezie-

hungsweise zu stärken. Konkret wurde an künstlerische Formen wie Musik,

Theater und Literatur allgemein gedacht, von etablierten Formen wie dem

Mundartgedicht bis hin zu (vermeintlich) neuen Formen wie Creative Writing

oder Poetry Slams. Selbstverständlich wurde auch die Interaktion mit Sozio-

lekten und Dialekten von Sprecherinnen und Sprechern mit Migrationshinter-

grund berücksichtigt. Dies ist besonders relevant in Großstädten, wo zum Teil

mittlerweile ebenso viele Kindern und Jugendlichen mit wie ohne Migrations-

hintergrund leben.

Projektbeschreibung und Projektinhalte

Zielgruppe waren alle Kinder und Jugendlichen in Bayern, vom Kindergarten

bis zum Abitur und unter Einschluss aller Schularten. Dabei wurde besonderer

Wert auf die lokale und kommunale Einbettung des kreativen Umgangs mit

Mundart gelegt, konkret auf die Kooperation der schulischen Projektträger mit

den politischen Gemeinden, besonders aber mit Vereinen, Brauchtumspflege-

rinnen und -pflegern, Theatergruppen, Künstlerinnen und Künstlern, Kirchen-

und Religionsgemeinschaften. Denn die zahlreichen Ehrenamtlichen sind in

Bayern wesentliche Stütze regionaler Identität und nicht zuletzt der Mundart-

pflege. Man durfte gespannt sein, wie die teilnehmenden Schulen, Klassen

und Lehrkräfte im Einzelnen mit (wiederum regional spezifischen) Pluralitäten,

auch im Hinblick auf Integration und Inklusion, im heutigen Bayern umgehen.

Von daher ergab sich, dass MundART WERTvoll per se nicht die Inhalte selbst

vorgab, sondern eher den weiteren Rahmen absteckte, innerhalb dessen sich

der (künstlerisch und fantasievolle) Umgang mit Mundart vollzog.

Organisatorischer Rahmen

MundART WERTvoll gehört zumWertebündnis Bayern und seine Träger umfas-

sen Schulen, Vereine und Verbände, die sich im weiteren Sinne der Pflege von

bayerischer Kultur und Sprache verschrieben haben. Deren regionale Vielfalt

12 Man differenziert zwischen innerer und äußerer Mehrsprachigkeit, wobei die inne-

re Mehrsprachigkeit das Beherrschen verschiedenen sprachlicher Varietäten einer

Sprache meint.