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7 Wissenschaftliches Gutachten – Evaluierung der drei Projektjahre (Schuljahre 2014-2016)

MundART WERTvoll – lebendige Dialekte an bayerischen Schulen

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von den sieben Regierungsbezirken bis ins einzelne Dorf sollte als Angebot an

die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer gefasst werden, sich dieser Vielfalt

und der gesammelten ehrenamtlichen Kompetenz vor Ort zu bedienen. Essen-

tiell war eine abschließende öffentliche Präsentation der einzelnen Projekte,

etwa in einer Aufführung. Die Projektgruppen waren dabei auch für die beglei-

tende und abschließende Evaluation und Dokumentation mitverantwortlich.

Mein Evaluationsansatz umfasste hier fünf Kriterien, die jeweils in die Gesamt-

bewertung eingehen.

2.1. Fachliche Kompetenz

Hier geht es um die Problematik, ob die im Einzelfall sichtbar werdende projekt-

bezogene Mundartpflege empirisch und methodisch mit den Erkenntnissen

der wissenschaftlichen Dialektologie (etwa bezogen auf den jeweiligen Ort)

übereinstimmt. Konkret gefasst geht es beispielsweise darum, wie authentisch

(und sachgerecht) die lokale Mundart zum Tragen kommt und wie sprach-

wissenschaftlich reflektiert ihr Einsatz durch die Projektleitungen erfolgt. Im

negativen Fall wären etwa Fälle von Hyperkorrekturen

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zu bemängeln, wenn-

gleich auch diese bei einer abschließenden wissenschaftlichen Auswertung des

Gesamtvorhabens nicht ohne wissenschaftlichen Wert wären.

2.2. Wertevermittlung

Hier geht es um die Frage, ob das Projekt tatsächlich bei allen Beteiligten den

Eigenwert der Mundart vermittelt, mit allen Möglichkeiten und Grenzen. Ler-

nen die Mundartsprecherinnen und -sprecher den Eigenwert der Mundart

schätzen, auch und gerade in Abgrenzung zur Hochsprache oder zu anderen

Dialekten und Soziolekten in Deutschland und Bayern? Wird eine Wertschät-

zung auch anderen Mundarten gegenüber vermittelt, jenseits eines einseitigen

„Mia san Mia“? Tatsächlich umfasst die Wertevermittlung bei den Mundarten

eine individuell auszutarierende Balance zwischen dem zu überwindenden Ge-

fühl der Minderwertigkeit vieler Mundartsprechender und einer ebenfalls zu

vermeidenden Ausgrenzung von Nichtmundartsprechenden.

2.3. Kreative Kompetenz

Die kreative Kompetenz umfasst den Umgang mit medialen Mitteln und

künstlerischen Formen, sowohl als Eigenwert wie auch im Hinblick auf ihre

kommunikative Funktion bezüglich der Projektbeteiligten und einer anvisierten

Öffentlichkeit.

2.4. Altersbezug

Selbstverständlich ist individuell zu bewerten, ob es sich bei den Projektteilneh-

menden um Grundschulkinder oder zum Beispiel um Schülerinnen und Schüler

eines Gymnasiums handelt, auch im Sinne der Frage, ob die Anforderungen

des Einzelprojekts die Teilnehmerinnen und Teilnehmer (entwicklungspsycho-

13 Hyperkorrekturen stellen eine Form der Übergeneralisierung dar. Das Standard-

deutsche wird dabei als höherwertige Norm wahrgenommen, dialektale Varianten

werden korrigiert und der Sprachgebrauch wird – über das Vorbild der Sprachnorm

hinaus – angepasst.