Hitlers
Mein Kampf
– Perspektiven für die historisch-politische Bildungsarbeit
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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16
und Kultus aus einem Zitat unmittelbar das „Lehr- und
Erziehungsziel“ des Geschichtsunterrichts abgeleitet.
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Mit Hilfe solcher Dokumente lässt sich den Jugendlichen
dieser – durchaus aktualisierbare –
propagandistische Kon-
text
verdeutlichen.
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Denn daran wird deutlich, dass nicht nur mit den in
Mein Kampf
begegnenden ideologischen Vorstellungen Pro-
paganda gemacht wurde, sondern dass Hitlers Buch selbst
heilsbringende Wirkung zugesprochen wurde: Es wurde
symbolisch zur gleichsam „heiligen Schrift“ des charisma-
tischen „Führers“ stilisiert, aus dem seine Gefolgsleute – in
der Vorstellung der Nationalsozialisten die arische Volksge-
meinschaft – lebenspraktische Orientierung und spirituelle
51 KMBl. 1936, S. 26 (Bekanntmachung v. 30.03.1936).
52 Interessante Hinweise bei Kellerhoff (wie Anm. 50), S. 229–241.
Erbauung gleichermaßen gewinnen. So ist in einer Litera-
turgeschichte, an ein Erweckungserlebnis erinnernd, davon
die Rede, dass das „große Bekenntnisbuch“ an den „hören-
den Teilhaber an der großen allgemeinen Volksseele appel-
liert, ja wie es im Grunde immer zu dieser Seele redet“.
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Diese pseudoreligiöse Aufladung des Buches wirkt bis heute
nach. Dem Text wird nun mitunter – unter umgekehrten
Vorzeichen, nämlich wenn er als virulenter ideologischer
Infektionsherd gesehen wird, gleichsam magische Wirkung
zugesprochen. Dass
Mein Kampf
als Buch in rechtsradika-
len Kreisen durchaus eine solche symbolische Bedeutung
hat, heißt aber noch nicht, dass die Aussagen Hitlers heute
dort noch große Attraktivität hätten.
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53 Paul Fechter: Geschichte der deutschen Literatur. Von den Anfängen bis
zur Gegenwart, Berlin, 1941, S. 758–760, zit. n. Plöckinger (wie Anm. 37),
S. 662ff., hier S. 662.
54 Schellenberg (wie Anm. 15); Botsch/Kopke (wie Anm. 16).
Werbeplakat für
Mein Kampf
in Mannheim anlässlich der „Woche des Deutschen Buches“, 1934
Bild: SZ Photo/Scherl/Historische Archive