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Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 16

Hitlers

Mein Kampf

– Perspektiven für die historisch-politische Bildungsarbeit

Materialien

Dichtung und Wahrheit: Texte und Anmerkungen

Erstes Beispiel: Meldung als Kriegsfreiwilliger

Mein Kampf:

Am 3. August reichte ich ein Immediatgesuch an Seine Majestät König Ludwig III.

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ein mit der Bitte, in ein

bayerisches Regiment eintreten zu dürfen. Die Kabinettskanzlei hatte in diesen Tagen sicherlich nicht wenig zu

tun; um so größer war meine Freude, als ich schon am Tage darauf die Erledigung meines Ansuchens erhielt.

Als ich mit zitternden Händen das Schreiben geöffnet hatte und die Genehmigung meiner Bitte mit der Auf-

forderung las, mich bei einem bayerischen Regiment zu melden, kannte

#

Jubel und Dankbarkeit keine Grenze

#

.

Wenige Tage später trug ich dann den Rock, den ich erst nach nahezu sechs Jahren wieder ausziehen sollte.

41

Quelle: KE, Bd. 1, S. 459.

Kommentar:

41 Hitlers Darstellung ist aus mehreren Gründen unglaubwürdig: Erstens war nicht die Kabinettskanzlei ermäch-

tigt, Ausländer als Freiwillige anzunehmen, sondern allein das Kriegsministerium; Hitler war zu dieser Zeit noch

österreichischer Staatsbürger. Zweitens ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die Beamten in der Situation des

Kriegsausbruchs Hitlers Gesuch innerhalb eines Tages bearbeiteten, beantworteten und ihm zustellten. Drittens

haben sich keine Belege für dieses Immediatgesuch erhalten, obwohl das Bayerische Kriegsarchiv schon 1924

danach geforscht hat. Und viertens kam Hitler erst am 16.8.1914 zum Ersatz-Bataillon des 2. Infanterie-Regi-

ments, also knapp zwei Wochen nach der angeblichen Genehmigung seines Immediatgesuchs. Sehr wahrschein-

lich meldete sich Hitler Anfang August 1914 einfach beim nächstliegenden Truppenteil und wurde angenom-

men. Ob dabei seine österreichische Staatsbürgerschaft übersehen wurde, ist unklar; möglicherweise profitierte

Hitler auch entscheidend von dem »juristischen Rat«, den ihm der Assessor Ernst Hepp in dieser Sache erteilt

hatte. Am 1.9.1914 wurde er schließlich der 1. Kompanie des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 16 zugewiesen.

Vgl. BayHStA, Kriegsarchiv, Bay. Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16, 3046. KrStR, Bd. 2, Eintrag 1062; JOACHIMSTHALER, Weg, S. 100–108;

KERSHAW, Hitler, Bd. 1, S. 128 f.; WEBER, Krieg, S. 25 f.; PLÖCKINGER, Soldaten, S. 28; PYTA, Hitler, Zitat S. 122.

Quelle: KE, Bd. 1, S. 458.

Zweites Beispiel: Kriegserfahrungen

Mein Kampf:

Ende September 1916 rückte meine Division in die Sommeschlacht ab.

23

Es war dies

#

für uns die erste der nun

folgenden ungeheueren

#

Materialschlachten

24

, und der Eindruck war

#

denn auch ein nur schwer zu beschrei-

bender. Dies schien wirklich mehr einer Hölle zu ähneln als einem Kriege

#

. In wochenlangem Wirbelsturm

des Trommelfeuers hielt die deutsche Front stand, manchmal etwas zurückgedrängt, dann wieder vorstoßend,

niemals aber weichend. Am 7. Oktober 1916 wurde ich verwundet.

25

Ich kam glücklich nach rückwärts und

sollte mit einem Transport nach Deutschland kommen

#

.

26

Quelle: KE, Bd. 1, S. 525.

Kommentar:

25 Die Somme-Schlacht begann für das Bayerische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16, dem Hitler angehörte,

am 7.10.1916. Hitlers Behauptung, er sei an diesem Tag verwundet worden, soll suggerieren, er habe diese

Kämpfe persönlich miterlebt. Tatsächlich wurde Hitler jedoch schon zwei Tage zuvor leicht am linken Ober-

schenkel verwundet, als zwei Kilometer hinter der Front eine Granate vor dem Unterstand der Regiments-Mel-

degänger einschlug. Dieses Datum findet sich auch in der »Namentlichen Verlustliste« von Hitlers Regiment.

BayHSTA, Kriegsarchiv, Bay. Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16, 3046. Kriegsstammrolle, Bd. 2, Eintrag Nr. 1062, WEBER, Krieg, S. 207–211.

Quelle: KE, Bd. 1, S. 524.