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Politikfeld Wald

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

(also letztlich aller Werthaltungen und Perspektiven) auf

der gesamten Waldfläche ermöglichen soll.

Bei der Inklusion gibt es letztlich keine Konflikte, da

alle Ansprüche gleichzeitig befriedigt werden können.

Dieses Bild der Harmonie (sog. „Kielwasserideologie“)

findet sich jedoch häufig bei der Verwendung des Begriffs

der „integrativen“ bzw. multifunktionalen Forstwirtschaft

und das kann in einer analytischen Perspektive fatale Fol-

gen haben. Integration bedeutet in der Waldwirtschaft

zumindest die Anerkennung unterschiedlicher auch wider-

streitender Interessen, die meist durch räumliche Kon-

zepte befriedigt werden sollen. Die Berücksichtigung von

Naturschutzansprüchen, die sich vielfach auf totholzrei-

che Strukturen beziehen, ist dabei grundsätzlich schwieri-

ger, als die Berücksichtigung von Erholungs- bzw. Sicher-

heitsansprüchen, weil letztere nicht im Widerspruch zur

Holznutzung stehen. Da die ökonomische Grundlage

der Forstwirtschaft auf der Gewinnung von Rundholz

beruht, konkurriert Forstwirtschaft mit totholzbasierten

Naturschutzstrategien um denselben Grundstoff und man

schließt sich gegenseitig aus bzw. schränkt sich bei Kom-

promisslösungen wechselseitig ein. Spieltheoretisch stehen

sich die Positionen „Ich gewinne – Du verlierst“ bzw. „Ich

verliere – Du verlierst“ gegenüber.

Die Waldfunktionsplanung bzw. die im Waldgesetz

definierten besonderenWaldkategorien (Schutzwald, Erho-

lungswald) geben anders gelagerte, aber ebenso typische

Beispiele ab. Hier werden unterschiedliche Stufen, z.B.

im Erholungswald, definiert, die bei der Waldbewirt-

schaftung berücksichtigt werden sollen. Unterschiedli-

che Ansprüche an den Wald können als konfliktbeladen

wahrgenommen werden und es kann ebenso nach Sach-

lösungen gesucht werden. In der Regel können jedoch

nicht alle Ansprüche in vollem Umfang erfüllt werden.

Eine Integration ist somit durch Widersprüche charakte-

risiert und mit wechselseitigen Zugeständnissen verbunden

(„Ich gewinne – Du gewinnst“). Bei der Segregation setzt

sich eine der Interessenspositionen meist in einem Kon-

flikt durch und es kommt zur räumlichen Trennung der

Ansprüche, die gegensätzlichen Positionen brauchen auf

einer Fläche nicht mehr befriedigt werden („Ich verliere –

Du verlierst“).

Die Frage der Integration und Segregation bildet somit

künftig ein spannendes politisches Themenfeld, in dem

unterschiedliche Werthaltungen auftreten und nach

Durchsetzung streben. Segregation ist ein Indikator dafür,

dass unüberwindbare Gegensätze zwischen den Werthal-

tungen nur durch Teilung erreicht werden können. Diese

Teilungen werden jedoch aufgrund des hohen Stellenwer-

tes des Eigentums überwiegend in öffentlichen Wäldern

ihren Anfang nehmen und sich möglicherweise nicht auf

diese Eigentumsform beschränken.

Der Nationalpark Steigerwald als Gewinn für die Region

Foto: SZ Photo/Fotograf: Johannes Simon