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Politikfeld Wald

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

Die Politik, die zur Regelung des Konfliktfeldes aufgerufen

ist, steht vor demDilemma, dass zufriedene Stimmen (und

das ist „der“ Waldbesucher) ausgesprochen leise, unzufrie-

dene Stimmen auch vonMinderheiten sehr laut sein konnen.

Die Stimme der kommenden Generationen ist noch nicht zu

vernehmen, und kann nur stellvertretend erhoben werden.

Zudem haben beide Konfliktparteien (Forstkoalition,

Naturschutzkoalition) in der Wissenschaft ihre Fursprecher

gefunden, die eine „fundierte“ empirische Datenbasis fur

die normativen Positionen liefern.

Auf der Diskursebene ist eine Losung der Konflikte eher

unwahrscheinlich. Es geht nicht nur um das Objekt Wald

und seine Bewirtschaftung, sondern auch um die Durch-

setzung von Interessen gegen Widerstreben, also umMacht

und ihre Ausübung. Auf der Objektebene an konkreten

Orten konnen dagegen durchaus Losungen gefunden wer-

den, die beide Ideen integrieren oder auch segregieren.

Das Beispiel Holznutzung oder Flächenstilllegung 

23

Betrachtet man Konflikte im Umfeld des Waldes, ist die

Konfliktlinie zwischen Naturschutz (Flächenstilllegung)

und Holznutzung derzeit der wichtigste Streitpunkt in

23 Vgl. Michael Suda/Klaus Pukall: Multifunktionale Forstwirtschaft zwi-

schen Inklusion und Extinktion, in: Schweizerische Zeitschrift für Forst-

wesen 165 (2014), H. 11, S. 333–338.

Deutschland. Hier stehen sich Forderungen der Forst-

wirtschaftskoalition und der Naturschutzkoalition häufig

diametral gegenüber. Die Streitgegenstände veränderten

sich dabei über die Jahre. In den 1990ern stand die Dis-

kussion über die Zertifizierungssysteme im Vordergrund,

Anfang der 2000er Jahre die Auseinandersetzung über die

gute fachliche Praxis und derzeit der Streit über die Biodi-

versitätsstrategie der Bundesregierung 

24

– und aktuell die

Ausweisung eines dritten Nationalparks.

Gerade in Hinblick auf die Umsetzung der Biodiversi-

tätsstrategie und der erhobenen Forderung der Flächen-

stilllegung wird der Begriff der Segregation als Bedrohung

für die Waldbewirtschaftung in der öffentlichen Kommu-

nikation dargestellt.

25

Segregation beschreibt eine räum-

liche Trennung der „Waldfunktionen“ und eine damit

verbundene spezifische Bewirtschaftung von Teilflächen,

meist unter der Obhut von Forstwirtschaft einerseits

und des Naturschutzes andererseits. Von Forstseite wird

dagegen die nachhaltige multifunktionale Forstwirtschaft

beschworen, die eine Integration aller Waldfunktionen

24 Vgl. Georg Winkel: Waldnaturschutzpolitik in Deutschland. Bestandsauf-

nahme, Analysen und Entwurf einer Story-Line, Freiburg 2006, S. 163ff.

25 Vgl. Engelbert Schramm: Biodiversität und Klimawandel in der Naturwald-

debatte. Eine Diskursfeldanalyse (Biodiversität und Klima Forschungszen-

trum, Knowledge Flow Paper, Nr. 2), Frankfurt am Main 2009.

Protest

gegen

den Nationalpark Steigerwald

Foto: SZ Photo/Fotograf: Johannes Simon