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Das Frauenstimmrecht in der Schweiz – Geschichte eines scheinbaren Anachronismus

Einsichten und Perspektiven 1 | 18

ern auf: „Der Kampf um das Frauenstimmrecht bringt die

junge Generation nicht mehr auf die Barrikaden.“

23

Trotz dieser Erfahrung entschied sich die Minderheit

der Frauenstimmrechtsvereine, auch die Zürcherinnen,

für einen Marsch nach Bern. Unter der Leitung der Zür-

cherin Emilie Lieberherr lief ein Demonstrationszug von

rund 5000 Personen, mehrheitlich ältere Frauenrechtle-

rinnen vom Bahnhof bis vor das Bundeshaus, dem Sitz

von Regierung und Parlament.

Wie befürchtet, nahmen auch junge Frauen und

Männer der Neuen Linken am Marsch teil, rote Fahnen

23 Joris/Witzig (wie Anm. 4), Quelle 274, S. 536 f.; vgl. May Broda u. a.: Die

alte und die neue Frauenbewegung, in: Dynamisierung und Umbau. Die

Schweiz in den 60er und 70er Jahren, hg. v. Mario König u. a., Zürich 1998,

S. 201–226.

mischten sich unter die Transparente. Auch die älteren

Frauenrechtlerinnen zeigten sich nicht mehr zahm. Um

die Miete für die Lautsprecheranlage zu bezahlen, ließ

Lieberherr Trillerpfeifen verkaufen. Ihre fulminante Rede

gipfelte in der Resolution zu Händen von Bundesrat und

Parlament: „Wir Schweizerinnen hier auf dem Bundes-

platz fordern das volle Stimm- und Wahlrecht auf eidge-

nössischer und kantonaler Ebene. Die Konvention zum

Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheit des Euro-

parates darf erst dann unterzeichnet werden, wenn dieser

Vorbehalt nicht mehr nötig ist.“

24

Kein Bundesrat fühlte

sich bemüßigt, die Resolution entgegenzunehmen, was

die Demonstrierenden mit schrillemTrillerpfeiffenkonzert

kommentierten. Nun versuchten auch junge Frauen und

24 Die Staatsbürgerin 4/5, S. 2.

Entwicklung des Frauenanteils in den politischen

Institutionen in der Schweiz

© BFS 2017

Quelle: BFS – Wahlstatistik

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