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Geformt aus Lehm und Sand – eine Zwischenbilanz zur postkolonialen Situation Malis
Einsichten und Perspektiven 4 | 17
wirtschaftspolitische Themen nur eine sehr untergeordnete
Rolle.
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Von prominenten Vertretern wurde das Defizit einer
öffentlichen Debatte um wirtschaftspolitische Themen und
globale Zusammenhänge allerdings sehr deutlich beklagt.
So sagte die frühere Kulturministerin Aminata Dramane
Traore: „Hätte man den Maliern die Möglichkeit gegeben,
die Globalisierung, ihre Krisen und Kriege besser zu verste-
hen, dann wären sie die ersten gewesen, die einen Wunsch
zur Veränderung geäußert hätten.“
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Diese Zwischenbilanz wurde bereits sieben Jahre vor
dem Militärputsch und den terroristischen Angriffen
im Norden Malis gezogen. Die ungelösten Problemati-
ken und die resultierenden Entwicklungen waren somit
zumindest in Teilen absehbar.
Im Norden Malis gründeten Ende 2011 Tuareg die
Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad („
Mou-
vement National de Liberation de I´ Azawad
“, MNLA). Die
Labilität der militärischen Streitkräfte sowie deren Putsch
im Jahre 2012 trugen vermutlich entscheidend zu den krie-
gerischen Entwicklungen im Norden Malis bei. Die Fragi-
lität des Staatsgefüges machte es den Djihadisten in diesem
Moment möglich, in kurzer Zeit eine große Region Malis
zu kontrollieren und für den Norden Malis die Unabhän-
gigkeit des islamischen Staates Azawad zu proklamieren.
Durch die Intervention Frankreichs sowie der westafrikani-
schen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS wurde der Ver-
such einer militärischen Stabilisierung der Region durch-
geführt. Mit der Unterzeichnung eines innerstaatlichen
Friedensabkommens durch die Konfliktparteien im Juni
2015 wurde ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung des
Landes gemacht. Gleichzeitig trat das Land in eine „Nach-
kriegsphase“ mit dramatischen Konsequenzen ein. Selbst-
mordattentate und terroristische Anschläge destabilisieren
seither die Situation nicht nur imNorden des Landes.
10
Die
Zahl der Migranten und Flüchtlinge mit in Summe mehr
als 650.000 Menschen und einer sich weiter dramatisch
verändernden klimatischen Situation muss alarmieren.
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Nachdem das Staatsgefüge Malis seit seiner Grün-
dung noch nicht als funktionierender Sozial- und Wohl-
fahrtsstaat von der eigenen Bevölkerung wahrgenommen
8 Bernhard Schmid: Die Mali-Intervention, Befreiungskrieg, Aufstandsbe-
kämpfung oder neoliberaler Feldzug?, Münster, 2014, S.135.
9
https://www.humanite.fr/mali-le-ravage-des-politiques-neoliberales[Stand: 01.11.2017].
10 Charlotte Wiedmann: Mali oder das Ringen um Würde, München 2014,
S.263 ff.
11
https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/58771.pdf[Stand:
01.11.2017].
wurde, und nachdem große Vorbehalte gegenüber den
nationalen Machteliten bestehen, verwundert es nicht,
dass in dieser Situation das Vertrauen in die staatlichen
Machtstrukturen nicht gestärkt wird, wenn zusätzlich für
2016 angekündigte Kommunalwahlen auf unbestimmte
Zeit ausgesetzt werden. Derartige Maßnahmen müssen zu
der Unterstellung verleiten, dass die möglichen Ergebnisse
solcher Wahlen zu Machtverlusten der nationalen Eliten
hätten führen können. Es bleibt abzuwarten, ob und in
welcher Form die für 2018 angekündigten Präsident-
schaftswahlen durchgeführt werden.
Aktuell scheint der Staat zu sehr in internationalen
Abhängigkeiten gefangen zu sein um aus eigenen Kräften
heraus stabile Strukturen entwickeln zu können. Char-
lotte Wiedemann beschreibt das aktuelle Geflecht unter-
schiedlichster Interessen und Akteure wie folgt:
„Der Sahel ist heute jedoch eine Zone, wo sich ver-
wirrend viele Interessen kreuzen. Das globale Kräftemes-
sen zwischen Europäischer Union, USA, China und den
Golfstaaten hat hier eine wichtige Peripherie. Marokko
und Algerien kämpfen um regionale Vorherrschaft. Und
alle haben einen Finder in Mali. China beteiligt sich – ein
Ausnahmefall – an der Blauhelm-Mission, baut Schulen,
lädt Journalisten ein. Saudi Arabien legt Entwicklungs-
programme auf, Katar baut eine Niger-Brücke, Russland
empfängt Tuareg-Rebellen, Marokko bildet Imame aus
und die Bewegung des türkischen Predigers Fethullah
Gülen betreibt Gymnasien. Jeder verspricht das Beste
für Mali und verfolgt dabei handfeste eigene Interessen.
Nicht immer sind sie auf den ersten Blick zu erkennen.
Der marokkanische König umgarnt die Malier, damit
sie sich nicht mehr gegen die Annexion der Westsahara
stellen; dort liegen strategische Phosphatvorkommen. In
Nordmali locken Öl und unterirdische Wasserreserven.“
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Für jede Nation stellt sich die Herausforderung, ihre
Bevölkerung so mit Wasser, Nahrungsmitteln, Gesund-
heits- und Bildungseinrichtungen, Wohnraum, Energie
und anderen grundlegenden Gütern zu versorgen, dass
gesellschaftliche Grundbedürfnisse angemessen befriedigt
werden, Lebensqualität gewährleistet und die natürlichen
Lebensgrundlagen erhalten bleiben können. Dies sind
wesentliche Grundlagen dafür, dass eine Gesellschaft aus-
reichende Voraussetzungen für ihre Entwicklungs- und
Reproduktionsfähigkeit schaffen kann.
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12 Wiedmann (wie Anm. 10), S. 293.
13 Cedric Janowicz: Zur sozialen Ökologie urbaner Räume; Afrikanische
Städte im Spannungsfeld von demographischer Entwicklung und Nah-
rungsversorgung, Bielefeld 2008, S.13.