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Geformt aus Lehm und Sand – eine Zwischenbilanz zur postkolonialen Situation Malis
Einsichten und Perspektiven 4 | 17
Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre
und Jahrzehnte machten ein Überleben im Sahel zuneh-
mend schwieriger. Ethnien, die von der Subsistenzland-
wirtschaft, von ihrem Vieh oder vom Fischertrag lebten,
werden durch die klimatischen Änderungen zunehmend
vor Überlebensfragen gestellt. Eine zunehmende Deserti-
fikation, Dürren und sinkende Wasserspiegel machen ein
Überleben in diesen Regionen zunehmend schwieriger.
Wenn nun durch die Ausrufung des islamischen Rechts
der Scharia durch die radikalislamischen Gruppen zusätzlich
das kulturelle Leben zwangsweise massiven Veränderungen
unterworfen wird, was sich z.B. durch das Verbot von Musik
oder die Zerstörung sakraler Orte zeigt, so stellt sich nicht
nur für einzelne Familien im Norden die Frage der Migra-
tion, sie stellt sich für ganze Siedlungen und Städte.
In der Konsequenz verlassen ganze Siedlungsgemein-
schaften ihre traditionelle Heimat, migrieren innerhalb
des Staates nach Süden und bauen neue, informelle Struk-
turen in den urbanen Regionen im Süden Malis auf.
Die verlassenen Orte verfallen ausgesprochen schnell.
Häufig ist schon ein Jahr im unbewohnten Zustand aus-
reichend, dass von ganzen Ortschaften nur noch Reste der
Grundmauern zu finden sind.
Durch diese Entwicklungen sehen sich nun insbeson-
dere Kulturen zur Flucht gezwungen, deren kultureller
Ursprung häufig in der Flucht vor einer Zwangsislamisie-
rung gefunden werden kann, wie dies z.B. der Kultur der
Dogon nachgesagt wird.
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Den in Malis stationierten, inter-
nationalen Friedenstruppen
Mission Intégrée des Nations
6 Hélène Leloup: Dogon, Somogy éditions d‘Art, Paris, 2010, dt. Fassung,
Orig. 2010.
Unies pour la Stabilisation au Mali
( MINUSMA) gelingt es
nicht, die Lage zu stabilisieren. Die zunehmend undurch-
sichtigere Gemengelage verschiedenster Konfliktparteien,
deren terroristische Akte sich schon seit Längerem nicht
allein auf den Norden des Lands beschränken, erschwert
die internationale Mission, der rund 11.000 Soldaten aus
fünfzig Ländern angehören. Der inzwischen über fünf Jahre
andauernde gewaltsame Konflikt hat nicht nur die Regie-
rung, sondern auch die Zivilbevölkerung ans Ende ihrer
Kräfte gebracht. Anfang April eröffnete Malis Präsident
Ibrahim Boubacar Keita daher eine neue Friedenskonferenz
mit den moderaten Konfliktparteien. Deren Forderungen
mit den Führern der radikalislamistischen Gruppierungen,
in diesem Fall mit Amadou Koufa, dem Anführer der
Force
de libération du Macina
(FLM) und Iyad Ag Ghali zu ver-
handeln und trotzdem den säkularen Charakter des Staates
beizubehalten, vereinfachte weder die Gesprächssituation,
noch stärkte dieser Versuch eines Dialogs den Rückhalt der
politischen Vertreter in der Bevölkerung. Gleichzeitig for-
dert Frankreich ein eindeutiges Bekenntnis der Staatsregie-
rung zu einem klaren Anti-Terror-Kurs.
Politische Reaktionsmöglichkeiten
Ist es dem existenten demokratischen Staatsgefüge
Malis, das aktuell über eine Parteienlandschaft mit mehr als
160 Parteien verfügt, möglich, diese Entwicklungen aktiv
zu beeinflussen? Bereits 2005 kam eine Untersuchung der
Friedrich-Ebert-Stiftung zu folgendem Zwischenergeb-
nis: „Nach dem Zerfall der sozialistisch-kommunistischen
Ideologie ist die Programmorientierung aller Parteien ins
Wanken gekommen. Koharente, durchdachte Partei- oder
Wahlprogramme gibt es nicht. [...] Was an Texten vorhan-
den ist, sind Bruch- und Versatzstucke von politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Vorstellungen, die mehr
Pamphlet- als Programmcharakter haben. Daruber hinaus
ist der internationale Entwicklungsdialog so dominierend,
dass alle Parteien mehr oder weniger die Thesen von Welt-
bank, UNDP oder Europaischer Union als ihr Programm
wiedergeben: Armutsbekampfung, Good Governance,
Bildung, Gesundheit, Globalisierung.“
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Während 2013 die Hauptaufmerksamkeit auf den Kon-
flikt im Umgang mit dem Norden und den Autonomiefor-
derungen der Nationalen Bewegung für die Befreiung des
Azawad („
Mouvement National de Liberation de I´ Azawad
“,
MNLA) gerichtet waren, spielten im Wahlkampf 2013
7 Klaus-Peter Treydte/Dicko Abdourhamane/Salabary Doumbia: Parteien
und Parteiensysteme in Afrika, Berichte der Friedrich-Ebert-Stiftung, Po-
litische Parteien und Parteiensysteme in Mali, Juli 2005, S. 15.
Dogon-Felder - im Hintergrund das Dorf Teli im Steilhang der Falaise