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Der Kampf ums Weiße Haus

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

aus sieben mehrheitlich islamischen Ländern zunächst

umsetzte.

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Er bemühte sich aber auch darum, die ext-

rem unklare Exekutivanweisung in etwas klarere Bah-

nen zu lenken und befolgte Gerichtsentscheidungen,

die den Einreisestopp wieder aussetzten. Auch Kelly

steht nicht unbedingt im Zentrum der Kontroversen.

Anders

Michael Flynn (Nationaler Sicherheitsbe-

rater)

. Der ehemalige Direktor der Defense Intel-

ligency Agency (DIA) war bereits im Wahlkampf

ein glühender Anhänger Trumps und steht wie kein

anderer für die Forderung nach einer russlandfreund-

lichen Wende in der Außenpolitik. Das wurde ihm

jetzt zum Verhängnis: Während der Übergangsphase,

also in der letzten Regierungszeit Obamas nach der

Wahl, sprach Flynn mit dem russischen Botschafter

über die amerikanischen Sanktionen gegen Russland.

Das ist schon von zweifelhafter Legalität, doch vor

allem belog Flynn über diese Gespräche nicht nur

die Medien, sondern auch das FBI und insbesondere

Vizepräsident Mike Pence. Das war zu viel, Flynn

musste zurücktreten und kann nun auf die historisch

kürzeste Amtszeit eines nationalen Sicherheitsbera-

ters zurückblicken.

8

Mattis und Kelly muss man im aktuellen Tohuwabohu

schon als Stabilitätsanker der Regierung Trump bezeich-

nen, Flynn hingegen wurde zur größten Blamage.

Die Bosse

Als wesentlich spektakulärer als die Militärs (von Flynn

mal abgesehen) dürfen die Wirtschaftsbosse und Superrei-

chen gelten, die Trump in sein Kabinett holte bzw. holen

wollte. Nicht alle davon sind Milliardäre, aber sie sind

signifikant betuchter als die meisten Politiker und Büro-

kraten, die Ministerposten erhalten. Auch hier gilt: Es ist

nicht ungewöhnlich für einen Präsidenten, den ein oder

anderen Minister aus der Wirtschaft zu berufen, aber bei

Trump sind es erheblich mehr als sonst. Die kontroverses-

ten Beispiele sind diese:

Rex Tillerson (Außen Ressort):

Der ehemalige CEO

des Ölkonzerns Exxon Mobile hat zwar keine Regie-

rungserfahrung, ist aber durchaus diplomatisch gut

vernetzt – vor allem mit der russischen Regierung. Ihm

schlug zunächst die Skepsis mehrerer außenpolitischer

Falken unter den Republikanern im Senat entgegen. Er

7 Iran, Irak, Libyen, Jemen, Somalia, Syrien, Sudan.

8

Vgl. http://wapo.st/2leWP9Z [Stand: 21.02.2017].

wurde letztlich mit 56 zu 43 Stimmen bestätigt, eine

Handvoll Demokraten schlug sich noch auf die Seite

der 52 Republikaner. Seit seiner Bestätigung hat Tiller-

son manche russlandkritischen Töne von sich gegeben,

was eine generelle Trendwende in der Regierung Trump

darstellen mag.

Betsy DeVos (Bildung):

Die Unternehmerin, Erbin

und bildungspolitische Aktivistin war eine der kont-

roversesten Nominierungen Trumps. Sie steht für die

konsequente Umstrukturierung des amerikanischen

Schulbildungswesens, vor allem die sog.

„school choice“:

Sie will es Eltern freistellen, ob sie ihre Kinder auf eine

öffentliche Schule schicken wollen oder lieber einen

Gutschein für die (teilweise) Deckung der Gebühren

einer Privatschule nehmen. Für die den Demokraten

sehr nahestehenden Lehrergewerkschaften ist DeVos zu

einer regelrechten Bedrohung geworden, weil sie eine

schrittweise Zerschlagung des öffentlichen Schulwe-

sens befürchten.

9

DeVos konnte nur 50 von 100 Sena-

toren hinter sich bringen, zum ersten Mal in der US-

Geschichte musste der Vizepräsident einen Gleichstand

bei einer Ministerbestätigung brechen – knapper geht

es nicht …

…zumindest nicht mit Erfolg.

Andrew Puzder (Arbeit)

war von Trump für das Arbeitsministerium nominiert

worden. Der Schnellrestaurant-Unternehmer ist schon

seit Längerem eine Stimme für die Deregulierung des

Arbeitsmarkts und stellt sich gegen eine Erhöhung des

gesetzlichen Mindestlohns. In seinen eigenen Unter-

nehmen gab es immer wieder Beschwerden von Arbeit-

nehmern über arbeitsrechtliche Verstöße und unfaire

Bezahlung. Außerdem hatte Puzder zwischenzeitlich

eine illegale Einwanderin im Haushalt angestellt.

10

Das

war dann auch einigen Republikanern zu viel; als klar

wurde, dass es keine Mehrheit für Puzder geben würde,

zog dieser seine Bewerbung zurück.

Die Vorwürfe von Trumps Kritikern sind offensichtlich:

Sieht so die „Trockenlegung des Sumpfes“ aus, dass man

Wirtschaftsbosse zu Ministern macht? Trumps Kabinetts-

nominierungen aus der Wirtschaft sind jedenfalls eine

sehr gemischte Gruppe mit sehr unterschiedlichem Erfolg.

9

Nach heftigen Protesten bei ersten öffentlichem Auftritten erhält DeVos jetzt Personenschutz durch die U.S. Marshals – ein Novum. Vgl. https:// wpo.st/WRWc2, [Stand: 21.02.2017].

10 Auch das ist nicht gänzlich ungewöhnlich. Bei Bill Clinton scheiterten

gleich zwei Vorschläge für das Justizministerium am selben Problem.