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Der Kampf ums Weiße Haus

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

und wohl auch ungerecht verteilt wurde. Umso erstaunli-

cher ist Trumps apokalyptische Rhetorik vom „amerikani-

schen Gemetzel“, für das es laut Trump nur eine Rettung

gibt:

„America First“

und eben Trump.

Trump gegen den Marsch der Frauen: Streit um die Größe

des Publikums

Trumps Amtsantrittsrede ist einige Diskussionen wert, doch

zumindest in der öffentlichenWahrnehmung und der media-

len Berichterstattung dominierte ein ganz anderer Aspekt der

Amtsübernahme: Wer hatte das größere Publikum, Trump

oder die Gegendemonstration, der Marsch der Frauen?

Die Inauguration des neuen Präsidenten verlief relativ

handelsüblich: Er legte den Amtseid vor einem großen

Publikum von Anhängern und Honoratioren ab, darunter

die meisten noch lebenden Präsidenten und Vizepräsiden-

ten und auch seine Rivalin Hillary Clinton. Es gab musi-

kalische Darbietungen, auch wenn die ganz großen Stars

sich weigerten, für Donald Trump zu spielen. Gleichwohl

muss es für ihn eine große Genugtuung gewesen sein, hat-

ten doch nahezu alle Experten seinen Wahlsieg für so gut

wie unmöglich erklärt. Im Prinzip war die Zeremonie die

größte seiner Wahlkampfveranstaltungen, die Amtsan-

trittsrede hätte genauso gut in eine der Hallen gepasst, in

denen er seine Anhänger zum Kampf gegen das Establish-

ment aufgepeitscht hatte. Nur hatte er am 20. Januar ein

noch viel größeres Publikum.

Nur wie groß? Das wurde das heißeste Thema nach

dem Amtsantritt. Denn tags darauf lieferte der Marsch der

Frauen in Washington ein eindrucksvolles Bild der Oppo-

sition. Streng genommen war dies keine Anti-Trump-

Demonstration, doch die Themen des

„Women’s March

on Washington“

(z.B. Frauenrechte, Minderheitenrechte,

Einwanderungsreform) standen in klarem Widerspruch zu

Trumps rechtspopulistischer Agenda. Die musikalischen

Auftritte waren jedenfalls deutlich hochkarätiger (Alicia

Keys) und die Menschenmassen – da sind sich fast alle

Beobachter einig – erheblich größer. Die (zugebenermaßen

nicht Trump-freundliche) New York Times veröffentlichte

eine Schätzung von 160.000 Teilnehmern an der Amts-

übernahmezeremonie und 470.000 am

„Women’s March“

.

3

Nun sind Menschenmassen notorisch schwierig zu

schätzen und auch ein Publikum von 160.000 ist beein-

druckend. Doch für Trump war es in den ersten Amtstagen

das dringendste Anliegen überhaupt, darauf zu beharren,

dass seine Menschenmassen natürlich viel größer waren

als die seiner Vorgänger und der Opposition. Er schickte

3

Vgl. https://nyti.ms/2jQEy1N, [Stand: 21.02.2017].

Inaugurationszeremonie in Washington, 20. Januar 2017

Foto: ullstein Bild – Reuters/Fotografin: Lucy Nicholson