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Der Kampf ums Weiße Haus
Einsichten und Perspektiven 1 | 17
nister Mattis stellten ebenfalls
keine baldige Wende in den
amerikanisch-russischen Bezie-
hungen in Aussicht, sondern
verknüpften eine bessere Ko-
operation mit für Moskau nur
schwer zu akzeptierenden Be-
dingungen.
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Es scheint ganz so,
als hätten sich die Gegner einer
engeren Zusammenarbeit mit
Russland gegen die Befürworter
durchgesetzt. Auch Moskau re-
agiert zunehmend verärgert auf
die kühleren Signale aus Wa-
shington.
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Sicher oder belast-
bar ist in der Regierung Trump
jedoch nichts: durchaus denk-
bar, dass ein persönliches Tref-
fen zwischen Trump und Putin
wieder eine Kehrtwende bringt.
Andere große Politikbereiche wie die Wirtschafts-,
Steuer- und Handelspolitik, die Zukunft der Gesund-
heitsreform, der Klimaschutz, das Verhältnis zu NATO
und der Umgang mit China sind weiterhin im Fluss.
Zwar hat die Regierung Trump den Willen gezeigt, auch
radikale Ankündigungen aus dem Wahlkampf umzuset-
zen. Ob sie in anderen Politikbereichen so rabiat vorgehen
wird, ist fraglich, zumal in den Ministerien wohl zuneh-
mend Ordnung und Normalzustand einkehren werden
und Bannon-inspirierte Rundumschläge per Dekret wahr-
scheinlich seltener werden.
Die ersten Wochen unter Trump haben gezeigt, dass
die neue Regierung durchaus Unerhörtes tut, die Regeln
der amerikanischen Politik jedoch nicht gänzlich außer
Kraft gesetzt sind. Bundesgerichte können allzu breit
formulierte Präsidentendekrete stoppen, Top-Berater wie
Flynn über Lügen stolpern und in der Russlandpolitik
konnten die Verfechter der Kontinuität eine pro-russische
Wende verhindern. Auch unter den Republikanern wer-
den immer mehr Stimmen gegen Trump laut. Senator
John McCain z.B. scheint zunehmend nicht mehr willens,
gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
24
Um wirklich
die vielschichtige amerikanische Demokratie zu gefähr-
22 Vgl.
https://wpo.st/fIhc2[Stand: 21.02.2017].
23 Vgl.
http://spon.de/aeUHz[Stand: 21.02.2017].
24 Vgl.
https://wpo.st/3Lic2[Stand: 21.02.2017].
den, müsste Trump die Gerichte, die Presse, die Oppo-
sition und die eigene Partei auf Linie bringen. All dies ist
unwahrscheinlich. Die
checks and balances
der amerikani-
schen Verfassung funktionieren, aber auch innerhalb kon-
stitutioneller Grenzen kann der Rechtspopulist Trump
durchaus größeren Flurschaden anrichten. Gut, dass es
in den USA auf Bundesebene keine Plebiszite gibt, die
Trump nutzen könnte, um die reguläre Gesetzgebung und
Rechtsprechung zu umgehen.
Wirklich bizarr ist vor allem die Art und Weise wie der
45. Präsident sich weigert, die Realität anzuerkennen.
Das wurde kürzlich in einer Pressekonferenz deutlich, in
der er seine ersten Wochen im Amt als große Erfolgs-
story bezeichnete und seine Regierungsmannschaft als
wohlgeölte Maschinerie rühmte. Schuld an allen Proble-
men seien die Obama-Regierung, von der er ein „Chaos“
geerbt habe sowie die Nachrichtenmedien, die Trump
als
„fake news“
und sogar als Volksfeinde bezeichnete.
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Wenn es denn eine konsequente Vision der Regierung
Trump gibt, dann ist es diese: Trump ist der Größte und
er hat immer Recht. Wenn die Realität damit ein Prob-
lem hat, soll sie sich zumTeufel scheren. Es werden lange
vier Jahre in Amerika.
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25 Vgl.
http://cnn.it/2lQ4DA2und
https://wpo.st/VSic2[Stand: 21.02.2017].
26
Die Möglichkeiten, einen Präsidenten vor Ablauf der regulären Amtszeit
abzuberufen, werden hier: https://nyti.ms/2luhx5M, [Stand: 21.02.2017]
und hier: http://spon.de/aeUR4 [Stand: 21.02.2017] beschrieben. Allerdings scheint keines der genannten Szenarien aktuell besonders realistisch.Ätzende Kritik am neuen Präsidenten: Alec Baldwin als US-Präsident in Saturday Night live; Steve Bannon wird in
der Show durch den Sensenmann verkörpert (li. hinter Baldwin, verdeckt).
Foto: picture alliance/AP Photo