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Der Kampf ums Weiße Haus

Einsichten und Perspektiven 1 | 17

für Muslime“ galt vielen Beobachtern als eher unwahr-

scheinlich. Zum anderen zeigt sich aber auch die schiere

Disfunktion der Regierung Trump in dieser Frühphase:

Anscheinend waren weder wichtige Kongresspolitiker im

Vorfeld informiert worden noch hatte das Department

of Homeland Security klare Ausführungsbestimmungen

erhalten. Das Einreiseverbot wurde wohl absichtlich an

einem Freitagnachmittag verhängt, wo weder Bundesrich-

ter noch Behördenleiter einfach zu erreichen waren. Die

Aktion scheiterte letztlich, weil sie zu vage formuliert und

zu breit angelegt war. Hätte Trump einfach verfügt, dass

Bürger der betroffenen Staaten keine neuen Visa für die

USA bekommen und dass es keine neuen Anerkennungs-

verfahren für Flüchtlinge geben solle – der juristische

Widerstand wäre wesentlich schwieriger, vielleicht sogar

unmöglich geworden. Auch ist die Sache noch nicht aus-

gestanden. Die Regierung hat zwar auf eine weitere Beru-

fung vor dem Supreme Court verzichtet, aber auch neue

Anordnungen zum selben Thema angekündigt, wahr-

scheinlich mit handwerklichen Nachbesserungen. Gut

möglich, dass das Thema bald wieder aufflammt.

Neue beste Freunde? Trumps Regierung und Russland

Hochinteressant ist auch die Haltung der Regierung

Trump zu Russland. Trump lobte Putin imWahlkampf als

„starken Anführer“, Clinton bezichtigte Trump als „Putins

Marionette“.

17

Nach derWahl ätzten Kritiker, Trumps Sieg

sei ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk für Putin. In den

Monaten zwischen Wahl und Amtsübernahme berichte-

ten amerikanische Geheimdienste, russische Hacker hät-

ten den Wahlkampf manipuliert,

18

mit dem expliziten

Ziel, Trump ins Amt zu hieven.

19

Die scheidende Regie-

rung Obama verhängte noch weitere Sanktionen gegen

Russland wegen der Hackerangriffe, indem sie mehrere

russische Diplomaten des Landes verwies.

Ein wahrscheinliches Szenario für die Russlandpolitik

unter Trump sah so aus: Die USA arrangieren sich mit der

Assad-Regierung in Syrien und sehen über die russische

Krimannexion und die russische Rolle im Bürgerkrieg in

der Ostukraine weitgehend hinweg, im Gegenzug hilft

Russland bei der Zerschlagung des islamischen Staats und

17 Vgl.

http://cnn.it/2eiHOB5

, [Stand: 21.02.017].

18 Es geht hier vor allem um die E-Mail-Accounts des Demokratischen Na-

tionalkomitees und von Clintons Wahlkampfleiter John Podesta. Mehrere

E-Mails wurden über Wikileaks veröffentlicht. Sie enthielten z.B. Inhalte

von Clintons bezahlten Reden für Wall Street Banken. Große Skandale

waren nicht dabei, aber die Veröffentlichung war peinlich für Clinton und

die Demokraten.

19 Vgl.

https://wpo.st/t8hc2

[Stand: 21.02.2017].

kooperiert insgesamt im Antiterrorkampf mit den USA.

So ähnlich dürfte sich das Michael Flynn als nationaler

Sicherheitsberater vorgestellt haben. Auch die Berufung

von Rex Tillerson mit seinen engen Verbindungen nach

Russland ließ eine solche pro-russische Wende wahr-

scheinlich wirken.

Doch es kam anders. In den letzten Wochen mehrten

sich Berichte, dass Mitarbeiter vonTrumps Wahlkampfteam

Kontakte zu russischen Geheimdienstkreisen hatten.

20

Das

ist gefährlich für Trump: Es ist eine Sache, wenn russische

Hacker den US-Wahlkampf manipulieren, um die Putin

verhasste Hillary Clinton am Sieg zu hindern. Es ist eine

ganz andere Sache, wenn diese Manipulationen vom russi-

schen Geheimdienst gesteuert und mit Trumps Wahlkampf-

team, womöglich Trump selbst, koordiniert waren. Bislang

gibt es keine dahingehenden Erkenntnisse, schon gar keine

gesicherten, aber eine solche Enthüllung hätte Watergate-

Qualitäten. Als nun klar wurde, dass Michael Flynn mit

dem russischen Botschafter über die US-Sanktionen, mut-

maßlich deren Aussetzung unter der Regierung Trump,

gesprochen hatte, wurde es peinlich. Und nachdem öffent-

lich wurde, dass Flynn sowohl Vizepräsident Pence als auch

das FBI in dieser Sache belogen hatte, musste Flynn gehen.

Der wichtigste Fürsprecher einer pro-russischen Wende ist

damit aus dem Spiel. Zudem wird der Geheimdienst-Aus-

schuss des US-Senats die Causa Flynn untersuchen.

Seitdem wird die pro-russische Wende der US-Au-

ßenpolitik immer unwahrscheinlicher. UN-Botschafte-

rin Haley machte Russland mit scharfen Worten für das

Wiederaufflammen der Kämpfe in der Ostukraine verant-

wortlich.

21

Außenminister Tillerson und Verteidigungsmi-

20 Vgl.

https://wpo.st/yDhc2

[Stand: 21.02.2017].

21 Vgl.

http://cnn.it/2kmSGhL

[Stand: 21.02.2017].

Vizepräsident Mike Pence

Foto: picture-alliance/newscom/Fotograf: Andrew Harrer