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Politische Bildung und Integration im digitalen Zeitalter

Einsichten und Perspektiven 2 | 16

isch geprägten soziokulturellen Hintergrund nicht. Deshalb

wird einnüchterner und realistischerUmgangmit der vieldis-

kutierten Frage der „Übernahme“ westlicher demokratischer

Werte nötig sein, der weder Einheimische noch Zuwanderer

überfordert. Umso notwendiger für eine gelingende Integ-

ration sind daher aufklärerische und rationale Anstrengun-

gen politischen Bildens, die zum einen darauf abzielen, dass

Migranten auf Basis des Respekts und des Anerkennens hie-

siger Wertfundamente und Regeln zu einem Miteinander

der kulturellen Vielfalt beitragen und sich für das friedliche

Zusammenleben imGemeinwesen einsetzen, 

54

und die zum

anderen darauf hinweisen, dass die Mitglieder der aufneh-

menden Gesellschaft ihrerseits jene apostrophierten Werte

und Tugenden vorleben und den Integrationsprozess auch

als Teil ihrer Verantwortung sehen müssen.

Das mBook als digitale und didaktische Innovation

Wie unter solchen Vorzeichen Integration im Rahmen der

politischen Bildung mit digitalen Medien gefördert werden

kann, zeigt ein Praxisbeispiel des Eichstätter Instituts für

digitales Lernen. Da für den Bereich der genuin politischen

Bildung kein vergleichbares Produkt existiert, muss an die-

ser Stelle auf ein Werk zur historischen Bildung zurückge-

griffen werden, das jedoch auch politische Bildungsaspekte

in seiner Konzeption vereint und wirken lässt.

Basierend auf den an der Professur für Theorie und

Didaktik der Geschichte der Katholischen Universität Eich-

stätt-Ingolstadt konzipierten theoretischen Grundlagen für

54 Vgl. hierzu auch die Resolution der GPJE, (wie Anm. 53), S. 4. Sehr ähnlich

formuliert dies auch die UNESCO in Artikel 2 ihrer Allgemeinen Erklärung

zur kulturellen Vielfalt von 2001, in: UNESCO heute, Zeitschrift der Deut-

schen UNESCO-Kommission, Ausgabe 1-2, 2002,

www.unesco.de,

[Stand:

23.03.2016].

kompetenzorientierten Unterricht entwickelten die Histori-

ker und Geschichtsdidaktiker ein multimediales Schulbuch

für den Geschichtsunterricht an den Gymnasien Nordrhein-

Westfalens. Im Fokus steht die „Förderung eines reflektier-

ten und (selbst-)reflexiven Geschichtsbewusstseins“, das den

Schülern vor Augen führt, dass Geschichte als sinnstiften-

des Element immer an die Gegenwart gebunden ist. Daher

sollen die Lerner die Geschichte als Narrationen erkennen

und dekonstruieren lernen, damit historisches Geschehen in

seiner Darstellung transparent wird. Die Medialisierung und

Digitalisierung mache verstärkt darauf aufmerksam, dass

nicht allein Quellen zum historischen Denken anregten,

sondern vielmehr auch Filme, Computerspiele oder andere

mediale Darstellungen Kontakte. Im Anleiten zum kom-

petenten und kritischen Umgang mit diesen Formen der

Geschichtsdarstellung liege demzufolge dieHerausforderung

für Lernmittel. Der Maßgabe entsprechend, „Geschichte zu

denken statt zu pauken“ erfordere die „digitale Neukonzep-

tion eines kompetenzorientiertenGeschichtsbuchs […], dass

das Schulbuch nicht mehr der Gralshüter scheinbar ewiger

Weisheiten, sondern ein transparentes, zu hinterfragendes,

multiperspektivisches, differenzierendes, aktuelles und kriti-

sches Medium wird.“ 

55

Von Dialog- und Transparenztexten

über Audios und Filme, Bilder, Text-Quellen, Aufgaben, bis

hin zu spielerischen und interaktiven Darstellungen u.a.m.

sind zahlreiche narrative Elemente enthalten.

Die Jury zum Preis „Schulbuch des Jahres 2016” über-

zeugten die grundlegenden Prinzipien wie Multiperspek-

tivität und Kontroversität ebenso wie der aktuelle For-

schungsstand der verwendeten historischen Materialien,

anhand derer die beabsichtigten Kompetenzen erworben

werden könnten. „Vor allem aber ist beeindruckend, wie

die Autoren digitale Mittel in den Dienst des historischen

Lernens stellen“, urteilte die Jury. Zudem sei die Offenle-

gung des Konstruktcharakters von Geschichte durch kurze

Autorenvideos über die Herangehensweise in den einzel-

nen Kapiteln ein „hervorragender didaktischer Kunst-

griff“. Mit dem mBook sei eine „Brücke zwischen dem

klassischen Schulbuch und der digitalen Welt“ geschlagen

worden, so die Jury. 

56

Nominiert für den deutschen Schulbuchpreis 2015

und ausgestattet mit dem Sonderpreis Schulbuch des Jah-

res 2016 macht sich das Team derzeit an eine Erweiterung

des mBooks für das gemeinsame Lernen im Geschichts-

unterricht der Gymnasien in NRW.

55 Sochatzy (wie Anm. 43), S. 16 f.

56

http://institut-fuer-digitales-lernen.de/startseite/

, [Stand: 11.06.2016].

Screenshot aus dem Grundlagenfilm „Einig sein. Recht achten. Freiheit leben.

So funktioniert der deutsche Rechtsstaat.“ Beispiel aus dem crossmedialen

Integrationsprojekt des StMJ „Rechtsbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber“

Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz (StMJ)