Inklusion an Schulen in Bayern: Infomationen für Beratungslehrkräfte und Schulpsychologen - page 5

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Nur mit dem Bemühen um eine differenzierte Wahrnehmung der Lernsituation aus dem Blickwinkel des einzelnen Schülers
kann sich ein Verständnis für seine Bezugspunkte, seine Interessen, seine Ressourcen und Kompetenzen sowie seine Lern
bedürfnisse entwickeln. Erst aus einer Gesamtschau heraus lässt sich der Förderbedarf eines Schülers, der ggf. auch ein
sonderpädagogischer Förderbedarf sein kann, ermitteln.
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Dies setzt eine eingehende Diagnostik voraus und verweist in der Folge – mit Blick auf die bestmögliche schulische wie
personale Entwicklung des Kindes/Jugendlichen und seine gesellschaftliche Teilhabe – einerseits auf Notwendigkeiten und
Möglichkeiten zur Förderung, andererseits auf Qualitäten und Kriterien einer förderlichen Lernumgebung.
Aussagen über einen geeigneten Förder-/Lernort werden mit der Beschreibung eines Förderbedarfs nicht getroffen.
Die Frage, die sich demnach jede Schule stellen muss, lautet: Wie kann unsere Schule den individuellen Bedürfnissen und
Lernvoraussetzungen dieses Schülers gerecht werden und ihn bestmöglich fördern, dass er seinen Möglichkeiten ent
sprechend zu lernen vermag?
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Allgemeine Schulen und Förderzentren halten je nach personellen und sachlichen Ressourcen unterschiedliche Angebote
vor. Darüber hinaus kommen für Erziehungsberechtigte bei der Auswahl des Förder-/Lernorts Aspekte wie Wohnortnähe
oder förderschwerpunktspezifische Fachkompetenz zum Tragen. Mobile Sonderpädagogische Dienste (siehe Kapitel 2.3.3)
können beratend vor Ort unterstützen.
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In aller Regel werden Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der allgemeinen Schule sowie an einem Förder
zentrum lernzielgleich nach den Lehrplänen der allgemeinen Schulen unterrichtet. Die Schüler bearbeiten gleichwertige
Lernzielkontrollen/Probearbeiten und erzielen die Schul- und Bildungsabschlüsse der allgemeinen Schulen, haben also die
gleichen Übertrittsmöglichkeiten. Um Behinderungen auszugleichen, kann es bei entsprechender Beantragung zu einer
Gewährung eines Nachteilsausgleiches kommen.
Lehrplanadaptionen gibt es für die Förderschwerpunkte
Hören
,
Sehen
,
körperliche und motorische Entwicklung
,
Sprache
sowie
emotionale und soziale Entwicklung
.
Bei Bedarf kann so in der Grund-, Mittel- oder Berufsschule nach individuellen Lernzielen unterrichtet werden; die Lernziele
der besuchten Jahrgangsstufe der Grund-, Mittel- oder Berufsschule müssen damit nicht erreicht werden. Bei diesem lern
zieldifferenten Unterrichten liegt ein individueller Förderplan vor; Zeugnisse beschreiben dann den erreichten individuellen
Lernfortschritt und enthalten den Hinweis, welcher Lehrplan zugrunde liegt. Demgegenüber müssen in der Realschule, im
Gymnasium, in der Wirtschaftsschule, Berufsfachschule, Fachschule, Fachakademie und in der Beruflichen Oberschule die
Lernziele erreicht werden.
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Eigene Lehrpläne stehen für die Förderschwerpunkte
Lernen
und
geistige Entwicklung
zur Verfügung.
Die Berücksichtigung weiterer Lernerfordernisse ist nicht allein additiv zu verstehen, sondern weitet auch unterrichtliche
Handlungsspielräume aus, setzt neue Akzente für schulisches Handeln, für Förderung und Beratung und damit für Schul
entwicklung (siehe Kapitel 4.2.6).
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1.3 Umsetzung an Schulen
„Eine inklusive Schule […] hat […] die gesamte Schule als Lern- und Lebensraum für alle Kinder und Jugendlichen mit und
ohne sonderpädagogischem Förderbedarf im Blick“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2011) und
bietet entsprechende Lösungen an.
Doch wer ist „die Schule“? Zunächst die Schulleitung (siehe Kapitel 2.2.1), die unterstützt durch die Schulaufsicht (siehe
Kapitel 2.2.2) die Veränderungen an der Einzelschule umsetzt, und mit ihr alle Lehrkräfte, die Klassen unterrichten, in denen
ein oder mehrere Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf inkludiert werden.
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