Inklusion an Schulen in Bayern: Infomationen für Beratungslehrkräfte und Schulpsychologen - page 4

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1 Inklusion
1.1 Gesellschaftlicher Auftrag
Inklusion „ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die neben rechtlichen Rahmenbedingungen und Ressourcen
auch eine veränderte Einstellung innerhalb der Gesellschaft erfordert. Es handelt sich um einen Prozess, bei dem alle
beteiligten Partner zusammenwirken müssen, um zunehmend und nachhaltig Verbesserungen erreichen zu können.“
(Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2013)
Mit dem Begriff „Inklusion“ wird ein Perspektivenwechsel im Zusammenleben von Menschen mit und ohne Beeinträch
tigungen beschrieben, der über Integration hinausgeht. Im Fokus steht nicht mehr die individuelle Teilhabe von Menschen
mit Beeinträchtigungen. Inklusion bedeutet die Teilhabefähigkeit des Einzelnen und die Teilhabemöglichkeiten der Gesell
schaft in Einklang zu bringen.
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Durch Unterzeichnung der
UN-Behindertenrechtskonvention
im Jahre 2009 hat sich Deutschland als Vertragsstaat zur
Sicherstellung der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung verpflichtet. Dieser gesamtgesellschaftliche Auftrag
hat auch Folgerungen für die schulische Bildung.
Artikel 24
formuliert explizit:
(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne
Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten
ein integratives [inklusives] Bildungssystem (…).
(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass (…)
(b) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu
einem integrativen [inklusiven], hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden
Schulen haben (…).
Art. 2 Abs. 2 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes
vom 20.07.2011 fordert:
„Inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen.“
Inklusive Bildung ist damit der Auftrag an alle Schulen und an alle Lehrkräfte, Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam
zu unterrichten und entsprechend ihren Begabungen individuell zu fördern. Inklusive Pädagogik stellt nicht nur die Bedürfnisse
des einzelnen Kindes/Jugendlichen in den Mittelpunkt, sie „bedeutet eine erweiterte Form von Teilhabe aller Schülerinnen
und Schüler im Bildungssystem“ (Fischer u.a. 2012), also „eine besondere Beachtung der […] Heterogenität und Würdigung
der Vielfalt“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2011).
Zur Umsetzung dieser Vorgaben setzt das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst auf
ein vielfältig differenziertes und durchlässiges Schulwesen, das jedem Kind und Jugendlichen einen passgenauen Weg für
seine individuelle Entwicklung ermöglicht – bei einem starken Wahlrecht der Erziehungsberechtigten bzw. der volljährigen
Schüler. So können Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf nach bestimmten Vorgaben (siehe Kapitel 2)
gemeinsam an allgemeinen Schulen lernen. Darüber hinaus gibt es Schulen mit Schulprofil Inklusion sowie Förderzentren als
Kompetenzzentren für Sonderpädagogik.
1.2 Sonderpädagogischer Förderbedarf
Mit dem gesellschaftlichen Auftrag der Inklusion gilt es – gleich an welchem Lernort – die unterschiedlichen Lebensrealitäten
der einzelnen Schüler individuell zu betrachten und zu berücksichtigen: Die Lebenswirklichkeit eines Schülers mit sonder
pädagogischem Förderbedarf auf Grund einer Sinnesschädigung, einer klinischen Störung, einer motorischen Einschränkung
oder einer Lernbeeinträchtigung ist jeweils anders als die seiner Mitschüler.
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