Schulversuch Flexible Grundschule - Dokumentation, Ergebnisse, Emfpehlungen für die Praxis - page 144

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tik Kinder mit viel Vorwissen im ersten Schulbe-
suchsjahr beim jahrgangsgemischten Lernen be-
sonders profitieren, da anspruchsvollere Aufga-
ben immer im Klassenzimmer angeboten werden
und Lehrerinnen und Lehrer gerade in Mathema-
tik immer wieder mit Modulsystemen arbeiten,
die – bei aller berechtigter Kritik – zumindest den
Vorteil haben, dass Kinder in ihrem eigenen Lern-
tempo arbeiten können.
Am Ende des zweiten Schulbesuchsjahres ni-
vellieren sich die Leistungsdifferenzen allerdings
wieder – hier lassen sich dann keine Unterschiede
mehr zwischen den jahrgangsgemischten und
jahrgangshomogenen Klassen feststellen. Erklä-
ren lässt sich dies – allerdings ist auch dies noch
nicht gezielt erforscht – durch die Tatsache, dass
für die leistungsstärkeren Kinder des zweiten
Schulbesuchsjahres (im Unterschied zum ersten)
nicht mehr automatisch anspruchsvollere Auf-
gaben vorhanden sind. Zudem kann zumindest
vermutet werden, dass der Blick der Lehrerinnen
und Lehrer etwas mehr auf den Kindern des ers-
ten Schulbesuchsjahres liegt, die mehr Betreu-
ung brauchen und einfordern.
1.4 Fazit und Bezug zum Modell-
versuch Flexible Grundschule
Die empirischen Befunde sprechen damit
grundsätzlich eher für als gegen die Durchführung
jahrgangsgemischten Lernens. Die Ergebnisse der
Evaluation des Modellversuchs Flexible Grund-
schule gehen in die gleiche Richtung: Es gibt –
bezogen auf das Lernen – „leichte Lernvorteile ge-
genüber den Regelklassen“
14
. Und auch in anderen
Bereichen (wie z.B. der Elternzufriedenheit und
der Unterrichtsentwicklung) zeigen sich günstige
Ergebnisse für das jahrgangsgemischte Lernen.
15
Bemerkenswert ist jedoch ebenfalls der Befund,
dass es auch bei diesem Modellversuch eine breite
Streuung zwischen den Klassen gibt.
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Dies deutet
klar auf weitere Entwicklungsaufgaben im Zusam-
menhang mit jahrgangsgemischtem Lernen: Stär-
ker als bisher ist nun die konkrete Durchführung
des jahrgangsgemischten Lernens in den Blick zu
nehmen, um Erklärungen für die unterschiedlichen
Lernergebnisse innerhalb der verschiedenen jahr-
gangsgemischten Klassen zu finden. Die Aussage,
die Frank Lipowsky hinsichtlich der Forschung zur
Öffnung von Unterricht und den sich hier finden-
den widersprüchlichen Befunden gemacht hat,
dass es nämlich auf die konkrete Ausgestaltung
von Unterricht (er spricht von der „Mikroebene“)
ankomme
17
, trifft sicherlich zu. Solche Elemente
der Mikroebene sind z.B. die verwendeten Unter-
richtsmethoden, Differenzierungs- und Individu-
alisierungsmaßnahmen, Aufgabentypen, Formen
der Selbststeuerung und der Strukturierung des
Unterrichts oder auch die Organisation der Zusam-
menarbeit der Kinder der verschiedenen Schulbe-
suchsjahre. Insbesondere unter dem Aspekt der
Motivation und Selbstkonzeptentwicklung sind
hier auch die Formen der Leistungserhebung und
-beurteilung von Bedeutung.
Durch das gemeinsame Arbeiten an einer sol-
chen konkreten Ausgestaltung des jahrgangs-
gemischten Lernens im Modellversuch Flexible
Grundschule ist nun ein Fundus gegeben, der
a) andere Lehrkräfte beim Unterrichten in jahr-
gangsgemischten Klassen unterstützen kann und
der b) nun gezielt auf seine Effektivität überprüft
werden kann. Der oben genannte Befund, dass
es auch hier eine große Streuung zwischen den
Klassen gibt, zeigt deutlich, dass es erforderlich
ist, auf dem Erreichten aufbauend, weitere Ent-
wicklungsarbeit zu betreiben.
Anmerkungen:
1 Vgl. z.B. Götz, M./Kreinig,K. (2011).
2 Götz, M. (2004), S. 269.
3 Vgl. zusammenfassend z. B. Helbig, P. (2008).
4 Vgl. z.B. Geiling, U. /Prengel, A. (2007).
5 Vgl. zusammenfassend z.B. Götz, M./Krenig, K.
(2011).
6 Kucharz, D. /Wagener, M. (2007).
7 Götz, M. /Krenig, K. (2011), S. 95.
8 Vgl. zusammenfassend z.B. Eckerth, M./Hanke, P.
(2009).
9 Krüsken, J. (2008).
10 Kultusministerium BW (2006); vgl. auch Gölitz, D.
(2008).
11 Vgl. Beutel, S. /Hinz, R. (2008); vgl. auch Kuch-
arz, D. /Wagener, M. (2007).
12 Vgl. Kultusministerium BW (2006); Hein, A.
K. /Hanke, P. /Bruns, M./Bredenjürgen-Dimmler,
P. /Gravelaar-Sander, G. (2010).
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