Table of Contents Table of Contents
Previous Page  14 / 24 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 14 / 24 Next Page
Page Background

Bayerns neuer Weg zu

bodenständigen Berufen:

das BGJ·Agrarwirtschaft

Fortsetzung von Seite 13

die heutige Eltern–

eneration den Beruf

ürs Leben lernte,

drehte sich die

LehrIingsausbi I–

dung um zwei Pole. Ein Tag in

der Woche gehörte der Berufs–

schule. An den übrigen Tagen

stand der Lehrbub im Betrieb

seinen Mann.

Dieses fest auf zwei Beinen

ruhende, darum "dual" ge–

nannte, System hat in Deutsch–

land eine lange Geschichte.

Die Namen weltberühmter

Pädagogen wie der des Münch–

ner Stadtschulrats Kerschenstei–

ner sind mit ihm verknüpft. Ge–

nerationen lang galt es überall

in der Welt als vorbildlich.

Neuerdings hat sich viel ver–

ändert in der Ausbildung der

Lehr! inge. Das beginnt schon

beim Namen . Was früher ein

schlichter Stift war, heißt heute

hochtrabend

"Auszubilden–

der". Daneben taucht ein neues

Gruselwort auf. Es lautet "Be–

rufsgrundschuljahr", abgekürzt

BGJ. Oamit können viele noch

nichts anfangen. Und warum

überhaupt diese Neuerung, so

fragen sie, wenn vorher doch

alles so prima lief?

Wer sich umsieht in unserer

Wirtschaft, der erkennt rasch

den fundamentalen Wandel der

letzten Jahrzehnte. Unaufhalt–

sam schritt die Technik voran,

neue Produktionsweisen führ–

ten immer weiter weg von der

alten

Handwerkertradition.

Kaum ein Wirtschaftsbereich,

wo alles beim alten blieb.

Allein auf dem Gebiet der

Bautechnik gibt es heute 25

verschiedene Sparten . Der alte

Universalberuf Maurer hat sich

aufgefächert in eine Vielzahl

selbständiger

Spezialzweige

wie Stahlbeton- und Schalungs–

bauer, Eisenflechter, Kaminan–

lagen-und Feuerungstechniker,

Fliesenleger, Stukkateur usw.

Früher überschaubare Bereiche

wurden auf diese Weise für den

Berufsanfänger immer unüber–

sichtlicher. Das Risiko, irgend–

wo falsch einzusteigen, riahm

im gleichen Ausmaß zu.

Nicht weniger als 421 ver–

schiedene Ausbildungsberufe

zählt man heute in der Bundes–

republik. Um mit dieser voran–

schreitenden

Spezialisierung

14

Schritt zu halten, muß man

auch in der Lehrlingsausbil–

dung neue Wege gehen. Nach

langen und intensiven Erörte–

rungen mit allen Beteiligten,

mit dem Handwerk, den Kam–

mern und der Schulverwaltung,

scheint jetzt eine Lösung in

Sicht. Sie heißt Berufsgrund–

schuljahr (BGJ).

Was ist das eigentlich? Zu–

nächst: Die Dauer der Lehr–

lingsausbildungbleibt nach wie

vor gleich. Sie gliedert sich jetzt

aber in zwei Abschnitte. Zuerst

besuchen die jungen Leute ein

Jahr lang ausschließlich die Be–

rufsschule. Daran schließt sich

die betriebliche Lehre nach

-dem bisher üblichen "dualen"

Muster an. Das vorgeschaltete

Jahr außerhalb des Lehrbetriebs

heißt "Berufsgrundschuljahr".

Während dieser Zeit sind die

angehenden Gesellen und Ge–

hilfen noch nicht festgelegt auf

einen bestimmten Beruf. Sie

orientieren sich erst einmal

über das Berufsfeld, das sie in–

teressiert. Aber bringt das BGJ

nicht ein Mehr an Verschulung

und Theorie auf Kosten der

handwerklichen Praxis?

Antwort: Nicht Theorie steht

im BGJ an erster Stelle, sondern

die Praxis, die handfesten Fer–

tigkeiten_und Fähigkeiten, mit

denen jeder Lehrberuf steht

oder fällt. Besonders deutlich

lassen sich die Merkmale des

neuen BGJ auf dem Gebiet der

Agrarwirtschaft zeigen . Dazu

gehören die Berufe Gärtner,

Tierwirt, Winzer, Fischwirt,

Florist, Land- und Pferdewirt.

Der Regierungsbezirk Unter–

franken leistete bei der Neuor–

ganisation Pionierarbeit Schon

seit vier Jahren durchlaufen

dort alle Mädchen und Buben,

die sich für einen Agrarberuf in–

teressieren, das BGJ.

An welchen Orten das neue

Modell heute überall angebo–

ten wird, zeigt die nebenste–

hende Karte. Man sieht: auch

in den Bezirken Schwaben und

Mittelfranken geht man schon

den neuen Weg. Oberfranken

wird zum Schuljahr 1982/83

umstellen. Dann nimmt auch

Niederbayern den vollen BGJ–

Betrieb auf. Noch nicht alle

Vorarbeiten sind in Oberbayern

abgeschlossen. Der Start ·zum

Weiter auf Seite_16

Der richtige Umgang mit Maschinen und Grundkenntnisse

der Materialbearbeitung gehören zum Lehrprogramm.

Angehende Landwirte lernen, wie man

Saatgut für eine bestimmte Ackerfläche

richtig berechnet und abwiegt.