Fortsetzung von Seite 12
mit ,.Infos" und ,.Demos"
gegen alles Unrecht zu en–
gagieren - je weiter weg,
um so leidenschaftlicher.
Nach einer EMNID-Unter–
suchung vom Mai 1980
liegt selbst bei den politisch
aufgeschlossenen Jugendli–
chen in der Bundesrepublik
die frage der Wiederver–
einigung mit nur
15
Prozent
auf einem kläglichen vor–
letzten Platz des Interesses.
Kein Wunder. Geboren
und aufgewachsen im west–
lichen Teilstaat, Jahre oder
gar Jahrzehnte nach der ge–
waltsamen Zerstückelung
des deutschen Reiches, hält
unsere Jugend die Teilung
Deutschlands für normal,
das Bruchstück Bundesre–
publik für das Ganze, das
Provisorium für endgültig.
Der jungen Generation er–
scheint Leipzig weiter weg
als London . Ihr ist Brüssel
geläufiger als Breslau oder
Brandenburg, Bonn ist ak–
zeptierte Hauptstadt, Berlin
als Metropole erledigt.
DenTag, andemdiemittel–
deutsche Bevölkerung für
die Wiedervereinigung ihr
Leben riskierte, den
1
7. Ju–
ni, begehen wir kaum noch
mit Gedenkfeiern. Wir nut–
zen ihn lieber als Bade- und
Ausflugstag .mitten in der
schönsten Jahreszeit. Ge–
wöhnt an Freiheit und
Wohlstand, nehmen viele
das Unrecht der deutschen
Teilung nicht nur hin, son–
dern kaum mehr wahr. Die
Ursache dieser Gleichgül–
tigkeit ist zweifellos fehlen–
des Faktenwissen. Keine
frage: So dürfen die Dinge
nicht weitertreiben. Aber
wie ist der fatalen Mischung
aus Unkenntnis und Unlust
beizukommen?
Die Kultusminister aller
elf Bundesländer erkannten
das bildungspolitische Pro–
blem und kamen zu folgen–
dem Schluß: Nur wenn das
Bewußtsein von der Zusam–
mengehörigkeit aller Deut–
schen möglichst früh ge–
weckt und lebendig erhal–
ten wird, dann entwickelt
sich in der Jugend der Wille
zur
Wiedervereinigung.
Darum faßten sie am 23.
November 1978 den ein–
stimmigen Beschluß, der
deutschen frage im Unter–
richt den ihr gebührenden
zentralen
Platz
einzu–
räumen .
Aber die Minister erteilten
nicht nureinegrundsätzliche
Weisung. Auf acht Druck–
seiten erläuterten sie im
Amtsblatt, wie das Thema
Deutschland in den Unter–
richt eingebaut werden soll,
wo die Schwerpunkte zu
setzen und welche Ziele da–
bei anzusteuern sind. Hier
14
Das
Land
hin–
ter der
S~erre
ist
so deutsch wie das
Land auf unserer
Seite. Daran
ändern auch 1400
Kilometer Mauer,
Minenfelder
Bunker und
kz–
Türme nichts.
einige wichtige Leitgedan–
ken, die den Schülern stär–
ker bewußt gemacht wer–
den sollen:
e
Das Deutsche Reich, so
wie es vor dem 2. Weltkrieg
in den Grenzen des Jahres
1937 bestand, ist von den
Siegermächten
1945
zwar
geteilt, aber dadurch nicht
ausgelöscht worden.
e
Das heutige Deutsch–
land ist mehr als die Bun–
desrepublik. Auch die DDR
ist nur ein Teilstück des
Ganzen. über die unter
fremde Verwaltung gestell–
ten ostdeutschen Gebiete
jenseits von Oder und Nei–
ße
muß erst noch ein künf–
tiger Friedensvertrag ent–
scheiden.
e
Der Wille zur Wieder–
vereinigung des geteilten
Deutschland ist nicht nur
Rechtens. Wer sie anstrebt,
erfüllt sogar ein Gebot des
Weiter auf Seite 16
Die deutsche Kultur–
metropole Dresden:
Der ,.Zwinger" ge–
hört zu ihren berühm–
ten Barockbauten.
Görlitz in der Oberlau–
sitz: Das Bild zeigt
den Blick über d1e
Neiße auf die mittelal–
terliche Petrikirche.
Die Messe- und Uni–
versitätsstadt Leipzig.
Hier studierte Goethe,
wirkte
J.
S.
Bach als
Thomaskantor.