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Fortsetzung von Seite 3

signalisieren, sich beim ande–

ren aber zum unerbittlichen

Karrierestopper

entwickeln?

Warum gibt es überhaupt die

Noten? Wozu sind sie nötig?

Nicht nur Schüler, Eitern und

Examenskandidaten , auch die

Lehrer selbst haben ihre liebe

Not mit Noten. Fortlaufende

Nachweise über Schülerlei–

stungen verlangt man von ih–

nen. Das aber heißt viel Korrek–

turarbeirund Ärger. Fallen die

Noten gut aus, ist ja alles in

Ordnung. Sind sie · aber

schlecht, liegt Konflikt ih der

Luft, wird häufig sogar der Kadi

bemüht:

Dabei haben, so hört man,

Noten und Zeugnisse gar keine

Aussagekraft Viel zu oft sollen

sie irren und Falsches anzei–

gen, letztlich am Schüler und

Prüfungs–

teilnehmer

4

400

300

200

1.00

Prüfungs–

teilnehmer

400

300

200

100

überdurchschnittliches

Prüfungsergebnis

überdurchschnittliches

Prüfungsergebnis

seiner wahren Leistung vorbei–

messen . Berühmte Beisp-iele

dafür, daß Schulnoten und Le–

benserfolg nicht zusammenpas–

sen, sich geradezu widerspre–

chen, gibt es genügend .

Thomas Mann, Nobelpreis–

träger für Literatur, konnte sich

auf dem Gymnasium keine

Sporen verdienen. Ebensowe–

nig sein Dichterkollege Her–

mann Hesse. Der Weit bekann–

tester Premierminister, Winston

Churchill , war das Gegenteil

einer Schui-"Leuchte" . Auch

das Physik-Wunder Einstein ge–

hört in die Schar der Schulver–

sager mit späterer glänzender

Karriere.

Insgesamt gesehen ist diese

Liste al lerdings nicht länger als

die andere, in der die Berühmt–

heiten und Genies verzeichnet

stehen, denen die Lehrer schon

sehr früh die große Zukunft vor-

hersagten . Mozart ist ein altbe–

kanntes, Max Planck ein jünge–

res Beispiel dafür. Bereits dem

zehnjährigen Gymnasiasten be–

scheinigte seine Münchner

Schule: "Aus ihm wird einmal

etwas Außerordentliches wer–

den ." Und so war es denn

auch.

Wie steht es also mit den No–

ten? Erkennt oder verkennt die

Schule geistige Fähigkeiten? Sa–

gen Zeugnisse und Zensuren

die Wahrheit? Sind Fehlurteile

in der Schule die Regel oder die

Ausnahme? Zum Glück ist

man, um diese Frage zu beant–

worten, nicht auf Vermutungen

angewiesen. Zahlen und exakte

Beobachtungen räumen mit

dem alten Vorurteil auf, daß

Schulleistungen nichts über

den späteren Erfolg oder Mißer–

folg aussagen können.

Eine leider viel zu wenig be-

Noten trügen

nicht

Bei 2000 Jung-Juri–

sten wurden die Ex–

amensnoten (blaue

Kurve) mit den

Abiturleistungen (rote

Kurve) verglichen.

Ergebnis: Die guten

Abiturienten be–

haupteten ihre Spit–

zenposition .auch im

Staatsexamen, die

mittleren hielten sich

im Mittelfeld. Wer

aber schon am Gym–

nasium zu kämpfen

hatte, blieb auch an

der Universität unter

"ferner liefen".

durchschnittliches

Prüfungsergebnis

unterdurchschnittliches

Prüfungsergebnis

durchschnittliches

Prüfungsergebnis

unterdurchschnittliches

Prüfungsergebnis

Examen

Glückssache?

Nicht jeder, der das

Abitur besteht,

schafft anschließend

auch das Staatsex–

amen. Dieses Schau–

bild zeigt: Je besser

die Abiturleistung

einst war, desto ge–

wisser ist der spätere

Erfolg im Examen, je

schlechter der Ab–

schluß am Gymna–

sium, desto häufiger

das Scheitern. Das

von links nach rechts;

von den guten zu den

schwachen Kandida–

ten sich vergrößernde

rote Feld macht die–

sen Zusammenhang

deutlich.

kanntgewordene Untersuchung

des bayerischen Justizministe–

riums brachte es schon vor eini–

gen Jahren an den Tag: Die Er–

sten in der Schule schneiden in

aller Regel auch in der an–

schließenden Berufsausbildung

erstklassig ab. Der Versager

von heute, der morgen den Pri–

mus überflügelt, ist die ganz

große Ausnahme.

Unter die Lupe genommen

wurden damals 2000 bayeri–

sche Jung-juristen. Sie hatten

gerade die erste 'Staatsprüfung

hinter sich· gebra .ht. Anschlie–

ßend verglich man ihre Ex–

amensnoten mit denen der

Schule und siehe da: Gute

Abiturienten machten durch

die Bank ein gutes Staatsex–

amen . Sie schafften ihr Studium

in auffallend kürzerer Zeit und

scheiterten so gut wie nie in der

Prüfung. _Die nur mittelprächti–

gen Abiturienten von ei

glänzten dagegen auch im Un

versitätsexamen nur recht be–

scheiden . Sie erzielten schlech–

tere Prüfungsnoten und hatten

beim Abschluß erheblich mehr

Semester auf dem Buckel. Auch

das Prü fungsr.isiko war für sie

deutlich größer: Viele von ih–

nen bestanden das Staatsexa–

men nicht (siehe Schaubilder

links).

Obwohl also Jahre zwischen

den beiden Prüfungen lagen,

obwohl ganz andere Fächer

und geistige Ansprüche gefragt

waren und andere Professoren

die Prüfung abnahmen, glei–

chen sich die beiden Leistungs–

bilanzen dennoch wie ein Ei

dem anderen: Die Ersten hier

gingen auch dort als Erste

durchs Ziel. Das Mittelfeld von

einst lag auch jetzt wieder

i

Mittelfeld, und die Schluß ·

ter am Gymnasium blieben es

auch bei Studium und Staats–

examen.

Um Vertrauen in die Aussa–

gekraft und den Prognosewert

schu Iischer

Leistu ngsfeststel–

lungen zu gewinnen, braucht

man aber nicht in die Ferne zu

Abitur- und Universitätsprüfun–

gen zu schweifen. Auch für die

mittleren Schülerjahrgänge hat

die Statistik der letzten Jahre

schon klares Beweismaterial

zum Thema Notengerechtigkeit

vorgelegt.

Keiner, der sich mit diesen

Fragen befaßt, sollte zum Bei–

spiel versäumen , die Schullauf–

bahnen derjenigen Kinder zu

beobachten, die in Bayern all–

jährlich von der Volksschule

aus zum Sprung an die Gymna–

sien antreten. ln einem Gutach–

ten, das auf vielen sorgfältig