Projekte zur Gewaltprävention wären
also eine Art Gütesiegel für eine Schule?
So ist es. Und wenn es das an einer
Schule nicht gibt, sollten die Eltern ruhig
danach fragen.
Können Sie etwas über die Entwicklung
der Gewalt unter Jugendlichen sagen?
Da orientiere ich mich vor allem an den
Aussagen der Lehrkräfte. Danach ist in
einem Teilbereich, nämlich der verbalen
Gewalt, ein Anstieg zu verzeichnen. Das
bestätigen auch die Schüler.
Wie schätzen Sie die Zunahme von
körperlicher Gewalt ein?
Dass es ein paar Schlägereien mehr gibt
als früher, belegt auch die Statistik der
Polizei. Aber wenn man das hochrech-
net, ist es eine so minimale Zunahme,
dass es im Ganzen nicht Besorgnis erre-
gend ist.
Wie erklären Sie sich, dass die Jugendli-
chen verbal aggressiver geworden sind?
Hier kommen sicher mehrere Gründe zu-
sammen. Einer davon ist z.B., dass man
versucht, die Kinder zu selbstbewussten
Persönlichkeiten zu erziehen. Sie werden
heute viel stärker von den Eltern mit Sät-
zen wie „Lass dir nichts gefallen, setz
dich durch!“ zu einer gewissen Ellenbo-
gen-Mentalität erzogen, wenn man es
negativ, zu selbstbewussten Persönlich-
keiten, wenn man es positiv sehen will.
Gibt es einen Unterschied beim Ge-
waltverhalten zwischen Buben und
Mädchen?
Meiner Erfahrung nach und nach den
Äußerungen der Lehrer kommt Gewalt
bei beiden Geschlechtern gleich häufig
vor, sie unterscheidet sich nur in der
Form. Buben sind eher direkt, d.h. es gibt
eher etwas auf die Nase oder man schlägt
sich. Mädchen zeigen oft großes Talent
beim Mobbing. Bei verbaler Gewalt
würde ich sagen, dass sich beide Grup-
pen nichts schenken.
Wie können sich die Eltern beim Thema
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Gewaltprävention
„Gewalt“ stärker engagieren?
Ich finde, dass sich Eltern im positiven
Sinne in der Schule einmischen sollten,
und zwar dort, wo es darum geht, die
Qualität der Schule zu verbessern. Eben
unbequem sein und beispielsweise for-
dern, dass Lehrer und Elternbeirat ent-
sprechende Verhaltensregeln für die
Hausordnung erarbeiten, die für alle
verbindlich sind. Es geht in der Schule
auch um Erziehung und darum, richtig
miteinander umzugehen. Wenn da an
einer Schule zu wenig geschieht, sollten
Eltern aktiv werden und auch einmal
Druck machen.
Beim Trainingsspiel „Steh
auf!“ (s. auch oben) geht
es darum, einen sitzenden
Schüler zum Aufstehen
zu bewegen. Es sind alle
Mittel erlaubt – außer
körperlichem Einsatz. Das
Spiel dient der Ausbildung
von Streitschlichtern.
Wie ist die Zusammenarbeit insgesamt
mit den Schulen?
Da gibt es, wie immer, auf der einen Sei-
te starke Zurückhaltung, auf der anderen
große Aufgeschlossenheit. Ich beobachte
aber, dass die Schulleiter Gewaltpräven-
tion zunehmend als einen Teil von Schul-
kultur und Schulentwicklung betrachten.
Beruht die Zurückhaltung darauf, dass
Schulleiter sich scheuen, Probleme an
ihrer Schule einzugestehen?
Ganz sicher. Allerdings haben wir den
Vorteil in Regensburg, dass die Verant-
wortlichen im Schulamt oder bei der Re-
gierung sehr aufgeschlossen sind. Wenn
ein Projekt zur Gewaltprävention durch-
geführt wird, ist das in ihren Augen kein
Zeichen für eine schlechte oder gewalt-
belastete Schule, sondern zeigt, dass sich
Schulleiter und Lehrkräfte um das Schul-
klima bemühen. Das hat natürlich den Ef-
fekt, dass andere nachziehen müssen.
Schulen oder Eltern, die in Sachen
Gewaltprävention aktiv werden
wollen, können sich an folgende
Stellen wenden:
•Jugendbeamte der Polizei
•Schulpsychologen
•Jugendämter
Persönliche und fachliche Tipps
erhalten Sie auch von Dr. Hanke
unter folgender Anschrift:
Schulpädagogische Abteilung
Stadt Regensburg
Von-der-Tann-Str. 1
93047 Regensburg
e-mail:
hanke.ottmar@regensburg.deAnsprechpartner