ganzheitliche Sicht des Schülers zu fördern. Dabei müs–
sen sich die Rel igionslehrer um das gesamte Schu lleben
kümmern. So daß m·an nicht nur gemeinsam lernt, son–
dern auch gemeinsam feiert, gemeinsam das Leben in
seinen Stationen begeht; ich denke hier zum Beispiel an
das Kirchenjahr. Wir müssen den Schülern helfen, in der
Rückbindung auf Gott eine Sinndeutung zu finden, damit
sie in schwierigen Situationen auf eine tragfähige Grund–
lage bauen können. Dafür ist natürlich auch eine Zusam–
menarbeit mit anderen Fächern notwendig.
, ,
Wo kein Glaube ist,
kommt der Aberglaube''
Aber viele Schüler sehen doch zunächst einmal nur das
einzelne Fach?
Das ist richtig. Es ist aber sicher gut, wenn die Lehrer bei
Fragen, die mit Sinngebung und Lebensorientierung zu
tun haben, zusammenarbeiten. Ich erinnere mich da an
ein schönes Beispiel : Ich war ja einmal an einem sozial–
wissenschaftlichen Gymnasium tätig; da kam einesTages
der Sozialkundelehrer und bat mich, den Religionslehrer,
in der Oberstufe über Hegel zu sprechen. Zunächst war
ich ein wenig unsicher, aber ich habe mich eingearbeitet,
und es wurden recht fruchtbare Stunden. Rückblickend
muß ich sagen: Es war ein Gewinn für alle Beteiligten.
Welche Ratschläge würden Sie Eltern und Lehrern für die
religiöse Erziehung der Kinder und Jugendlichen geben?
Es ist ganz wichtig, daß es einem Lehrer gelingt, den
Schülern Einblick in sein Leben, auch in sein religiöses Le–
ben, zu geben. Bei den Eitern ist es genauso. Entschei–
dend ist, daß wir den Kindern nicht nur religiöses Wissen
vermitteln, sondern daß wir sie am eigenen religiösen Le–
ben teilnehmen lassen- auch dort, wo es lückenhaft ist.
Jugendliche brauchen also Vorbilder. Könnten Sie einige
nennen?
Das möchte ich ganz bewußt nicht tun. Wir sollten es nicht
wie die Massenmedien halten, die ständig Vorbilder pro–
duzieren und sie ebenso schnell verbrauchen. Gott sei
Dank lassen sich unsere jungen Leute nur in begrenztem
Maße von diesen Idolen bestimmen - Untersuchungen
belegen dies. Die Jugendlichen orientieren sich aber
wohl auch nicht mehr so sehr an den großen Heiligen,
sondern an Menschen, die sie in ihrem Alltag erleben.
Dem Vorbild der Eltern kommt dann ja besonders große
Bedeutung zu?
Ja, ganz besonders dem Vorbild des Vaters. Aus Untersu–
chungen wissen wir, daß gerade im religiösen Bereich
der Vater die Kinder besonders formt, vor allem in der
Grundfrage " Bin ich gläubig oder nicht" . ln den Formen
des Glaubens ist es sicher die Mutter.
Die Leitlinien gehen auch auf Pessimismus und Zukunfts-
ängste ein. Worin sehen Sie die Ursachen für diese Er–
scheinungen?
Ich glaube, daß unsere jungen Leute von den Medien in
einem außerordentlichen Maße beeinflußt werden. Es
liegt aber in der Natur der Medien, daß sie gerade nega–
tive Dinge verstärken. Katastrophenmeldungen, Weltun–
tergangsvisionen etc. werden nun von Jugendlichen be–
sonders intensiv aufgenommen. Und weil sie ja selber
noch suchen und unsicher sind, verstärken sich ihre Äng–
ste. Wie man diese verarbeiten kann, wissen sie oft nicht.
Es wäre gut, wenn es gelänge, den Jugendlichen eine
grundsätzliche O rientierung auf Gott hin zu vermitteln.
Wer sich erlöst weiß, wird an der Aufgabe, sich in dieser
schwierigen Weit zu bewähren,.nicht verzweifeln.
ln diesem Zusammenhang fallen heute auch Schlagworte
wie Okkultismus, Aberglaube und Esoterik. Ein Teil der
Jugendlichen scheint dafür ja sehr empfänglich zu sein?
Wissen Sie, da gilt der alte Grundsatz "Wo kein Glaube
ist, kommt der Aberglaube " . Wenn also die jungen Leute
kein Glaubensfundament haben und unvorbereitet mit oll
dem Negativen konfrontiert werden, dann ist es bei nahe
konsequent, daß sie ausweichen auf Okkultismus und
ähnliche Dinge. Wer von der Existenz eines guten Gottes
nichts weiß, wird instinktiv eine andere Stütze suchen, und
sei sie noch so abstrus, um nicht in eine dunkle Bodenlo–
sigkeit zu fallen. Die Betroffenen merken oft nicht, in wel–
che Abhängigkeit sie sich dadurch begeben.
Manche werfen der Kirche vor, sie habe hier versagt.
Wenn aber junge Leute irgendwelche Satanskulte auf
Friedhöfen zelebrieren, so kann man dafür nicht einfach
der Kirche die Schuld zuweisen, denn heute erreicht sie
doch nur einen bestimmten Prozentsatz der Jugendlichen.
Was können die Kirchen gegen den neuen Aberglauben
unternehmen?
Es wird sehr schwierig sein, hier mit rationalen Argumen–
ten etwas zu erreichen. Wichtig ist, daß wir Jugendlichen
eine Erlebnisweit vermitteln, in der sie sich geborgen und
SCHULE
aktuell
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