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Fortsetzung von
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sammlungen solch beschei–
dener Art nimmt sich die für
die Kollegstufe der Gymna–
sien bereitgestellte wissen–
schaftliche Literatur zwar
stattlicher aus. Aber oft nistet
auch sie mangels Platz in viel
zu engen Räumen. Anderswo
!eidet die Benutzertätigkeit an
der spärlichen Öffnungszeit.
Weil trotzdem wertvolle Bü–
cher gelegentlich auf Nim–
merwiedersehen verschwin–
den, möchte sie die Schullei–
tung am liebsten ganz unter
Verschluß nehmen .
Wo es an laufender fach-
männischer Betreuung fehlt,
dort stehen die Bücher meist
wie Kraut und Rüben durch–
einander. Auch das soll es
schon gegeben haben: Schü–
ler funktionierten das Biblio–
thekszimmer einfach zum
Rauchsalon um, mit Schach–
und Schafkopfrunden inklusi–
ve. Geistige Arbeit, wie sie in
eine Bibliothek gehört, wird
dann zur Farce.
Leidgeprüft ist mancherorts
auch die Bibliothek für die
Hand der Lehrer. Steht sie im
Lehrerzimmer,
sind
ihre
Schätze zum Nachschlagen
zwar schnell zur Hand, oft
Eine Bibliothek lebt nicht nur von der Ausleihe. Ge–
nauso wichtig sind einladende Sitzecken, wohin
man sich zu stillen Studien zurückziehen kann.
Die Lust am Lesen packt auch schon die Kleinen,
wenn sie eigenhändig aus reich gefüllten Regalen
das Lesefutter auswählen dürfen.
aber auch im Weg. Gibt es
ein eigenes Zimmer für sie,
drohen der Dornröschen–
schlaf oder die Zweckent–
fremdung: Schüler schreiben
hier ihre versäumten Schul–
aufgaben nach, Fachsitzun–
gen ziehen sich dorthin zu–
rück, auch mündliche Prüfun–
gen blockieren den Raum. An
eine planvolle Nutzung dieser
Teilbibliothek in der Schule
ist dann kaum zu denken .
Groß sind auch die Ausleih–
probleme. Niemand weiß,
wer gerade welches Buch an
sich genommen hat und wann
er es wiederbringt. Keiner
fühlt sich so recht zuständig,
wichtige Neuerscheinungen
anzuschaffen. Soll man alles
beim alten lassen? Bleibt nur
mehr die Resignation?
Natürlich nicht! Längst
weiß man, wie es anders, wie
es besser zu machen ist. Man
weiß es nicht nur theoretisch .
An vielen bayerischen Schu–
len hat man es in der Praxis
schon erprobt, und zwar mit
bestem Erfolg. Der Kernge–
danke heißt: Konzentration
aller Buchbestände, Zusam–
menfassung -des Zerstreuten
~und
an vielen Orten Verzet–
telten in einer Zentralbüche–
rei. Dadurch entsteht eine
einzige Bibliothek für alle am
Schulleben Beteiligten. Schü–
ler oder Lehrer: jeder findet
hier die seinem Alter und
Wissensdurst angemessene
Literatur, von Karl May bis
Karl Marx.
Besonders leicht fällt der
Schritt zur Zentralbibliothek
selbstverständlich an einer
neugegründeten Schule. Da
es hier noch keine alten Bü–
cherbestände gibt, die ihr Ei–
genleben führen, ist es ein–
fach, alles zusammenzutun
und aus einem Topf zu wirt–
schaften - vorausgesetzt, ein
geeigneter Raum steht zur
Verfügung. Diesen großen,
zentralen Bibliotheksraum für
alle kann man bei Schulneu–
gründungen von Anfang an
mit einplanen. Die wichtig–
sten baulichen Voraussetzun–
gen wie bequemer Zugang,
ausreichendes Licht und gute
Belüftung sind dann leicht zu
berücksichtigen.
Aber auch eine zweckmä–
ßige technische Ausstattung
gehört dazu. Darunter ver–
steht man genügend Stellflä–
chen in übersichtlich ange–
ordneten Regalreihen. Unver–
zichtbar ist zweitens ein Ver–
zeichnis des Bestandes, al–
phabetisch geordnet nach
Verfassern und Sachgruppen.
Auch der Dreikäsehoch sollte
sich darin schon zurechtfin–
den . Zum modernen Biblio–
theksbetrieb gehören heute
auch Sammlungen von Ton–
Kassetten und Schallplatten.
Sie bedingen den Einbau von
Abspielgeräten mit Kopfhö–
rern. Dazu kommen Zeit–
schriftenstände, Arbeitstische
und Sitzecken, wo man sich
ungestört der Lektüre hinge–
ben kann .
Wie aber verhindert man,
daß in der großzügigen Zen–
tralbibliothek die Mißlichkei–
ten der kleinen Splitterbiblio–
theken verstärkt auftreten und
zum totalen Bücherchaos füh–
ren? Wer verwaltet und garan–
tiert die Funktionstüchtigkeit
der vielleicht 5000, 10000
oder sogar 20000 Bände?
Wer numeriert, signiert und
katalogisiert sie? Wer sorgt
dafür, daß sie sauber einge–
bunden sind, daß sie dort ste–
hen, wo man sie sucht, daß
sie ordnungsgemäß ausgelie–
hen und ebenso wieder abge–
liefert werden?
Der idealistische Deutsch–
lehrer, als Bücherfee in Zwi–
schenstunden eingesetzt, wä–
re damit hoffnungslos überfor–
dert. Die Aufgabe, aus einem
großen Buchbestand eine be–
nutzbare Bibliothek zu ma–
chen, erfordert nicht nur viel
Zeit, sondern vor allem Fach–
wissen und eine Spezialaus–
bildung. Weder ältere Schüler
noch Referendare, weder
Lehrer noch Schulsekretärin–
nen sind diesen Anforderun–
gen gewachsen. Nur ausge–
bildete Bibliothekskräfte kön–
nen ihnen eigentlich gerecht
werden.
Diese guten Geister sind
der Dreh- und Angelpunkt je–
der Zentralbibliothek. Aber
welche einzelne Schule kann
sich schon so etwas leisten?
Schauen wir uns im Land Bay–
ern um, entdecken wir eine
beachtliche Anzahl. Wie ka–
men sie zur eigenen, wenig–
stens halbtags tätigen Biblio–
thekskraft? Antwort: Durch
den Zusammenschluß der
zentralen Schulbibliothek mit
einer Stadt-, Kreis- oder Ge–
meindebücherei. Im Regie–
rungsbezirk
Niederbayern
zum Beispiel gelang dies
schon an vielen Schulen.
Grund- und Hauptschulen
ebenso wie Realschulen und
Gymnasien (s. Karte auf der
gegenüberliegenden Seite).
~
Schlagartig war man dort
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