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Unfälle kommen nicht von ungefähr. Manche Kinder sind mehr bedroht,

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Fortsetzung von Seite 3

ein trauriger Spitzenplatz der

Bundesrepublik bei Kinderun–

fällen. Aber verwertbare Stati–

stiken fand Dr. Köhler in erster

Linie nur für Verkehrsunfälle.

Wo und warum Kinder sonst

noch zu Schaden kommen,

und zwar sogar häufiger als im

Straßenverkehr - um dies her–

auszubringen, mußte er ·neues

Forschungsmaterial

erschlie-

Unfallkinder

sindanders

Wer bisher glaubte,

Unfälle seien nur Zufäl–

le oder blinde Schick–

salsschläge, der muß

jetzt,umdenken.

Die Schaubilder auf

dieser Seite zeigen,

daß bei den Unfallkin–

dern (blaue Säulen) be–

stimmte Eigenschaften

stärker oder schwä–

cher ausgeprägt sind

als bei den unfallfreien

Kindern (schwarze

Säulen).

Angst

ll.,

4111ffllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll.

schwächer

stärker

ausgeprägt

ausgeprägt

..

Unfallkmder (blaue Sauten) smd we–

niger ängstlich. Gegenüber unfall–

freien Kmdern (schwarze Säulen)

sind darum bei ihnen die einschlägi–

gen Testwerte links im Schaubnd

höher.

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Tatendrang

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.,I

l

l

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I

411111111111111111111111111111111111111111111-

schwächer

stärker

ausgeprägt

ausgeprägt

Unfallkmder (blaue Saulen) smd vol–

ler Tatendrang. Verglichen mit un–

fallfreien Kindern (scllwarze Säulen)

sind darum bei ihnen die Testwerte

für ,.Unternehmungsfreude", ,.Erleb–

nishunger", ,.Abenteuerlust" usw.

auf der rechten Seite des Schaubil–

des deutlich höher.

4

ßen. Er fand es in den Kliniken

der Universität Würzburg.

Über

1000

Kinder mußten

dort in den Jahren

1975-1978

wegen eines Unfalls stationär

behandelt werden. Großzügig

unterstützt von der Kliniklei–

tung und der Deutschen Lloyd–

Versicherung durchforschte Dr.

Köhler monatelang ihre Kran–

kenblätter. Rund

50 000

Einzel–

informationen über das Unfall-

Kontaktfreude

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l

l

I

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411111111111111111111111111111111111111111111.

schwächer

stärker

ausgeprägt

ausgeprägt

Unfallkinder (blaue Säulen) ze1gen

ein lebhaftes Bedürfnis nach sozia–

len Kontakten. Im Gegensatz zu den

unfallfreien Kindern (schwarze Säu–

len) sind bei ihnen die Testwerte für

!}'p1sche Eigenschaften wie ,.Gesel–

ligkeit", ,.Weltoffenheit" usw. auf der

rechten Seite des Schaubildes

höher.

25r----------------------,

%

Erregbarkeit

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.1111111111111111111111111111111111111111111.

schwächer

ausgeprägt

stärker

ausgeprägt

Unfallkinder (blaue Säulen) sind we–

nig erregbar. Verglichen mit unfall–

freien Kindern (schwarze Säulen)

begegnen uns darum bei ihnen die

Testwerte ,.innere Unruhe", ,.Erre–

gung", ..Nervosität" usw. besonders

auf der linken Seite des Schau–

bildes.

25.----------------------,

%

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Minderwertig–

keitsgefühle

4111111111111111111111111111111111111111111111-

schwächer

ausgeprägt

stärker

ausgeprägt

Kinder, die zu Unfällen neigen

(blaue Säulen), haben weniger Min–

derwertigkeitsgefühle. Im Gegen–

satz zu den unfallfreien Kindern

(schwarze Säulen) sind darum bei

Ihnen die für dieses Merkmal maß–

gebenden Testwerte auf der linken

Seite des Schaubildes höher.

geschehen konnte er entneh–

men : Wann und wo genau ver–

unglücken Kinder? Auf welche

Weise kommt es zu schweren

Verletzungen? Wer ist schuld?

Solche und Dutzende c.nde–

rer Einzelheiten zu jedem Kin–

derunfall wurden dem Compu–

ter eingegeben. Bei der rechne–

rischen Auswertung der Daten

stellten

sich

interessante

Schwerpunkte heraus. Zu-

Unfallkinder

sindanders

Weitaus seltener als der

aktive Typ (vgl. Schau–

bilder links), aber den–

noch häufig genug, sind

auch seelisch belastete

Kinder in Unfälle verwik–

kelt.

nächst fällt auf, daß Buben mit

~~----~------~-------,

%

Seelische

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Belastung

63 Prozent erheblich häufiger

verunglücken als Mädchen.

Dann : Schultage sind unfall-

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trächtiger als schulfreie Tage. ln

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den Sommermonaten leben

Kinder offenbar gefährlicher als

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im Winter. Ganzjährig ist Don-

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nerstag der Unfalltag Nummer

eins. An allen Tagen steigt das

Risiko ab

16.00

Uhr.

Im Haus sind Treppen die

größte Gefahrenquelle. Auf der

anderen Seite müssen Bad, Kel–

ler, Kinderzimmer, Flur und

Balkon als längst nicht so un–

fallträchtig angesehen werden

wie Küche und Wohnzimmer.

Die meisten Verletzungen ho–

len sich die Kinder bei Stürzen .

Gewiß ist es aufschlußreich

für die Unfallverhütung zu wis–

sen, wann, wo und auf welche

Weise Kinder zu Schaden kom–

men . Aber Informationen über

Ort und Zeit sind wenig ergie–

big, wenn es um die Frage geht,

warum Kinder eigentlich auf

der Treppe stürzen, warum sie

vom Baum fallen, sich verbrü–

hen, an Hindernisse laufen

oder unter ein Auto kommen .

Waltet hier der Zufall oder

hängt der Unfall ab von Merk–

malen und Eigenschaften, die

in der Persönlichkeit des Kindes

liegen? Gibt es gar typische

" Unfallkinder", deren Gefähr–

dung erkennbar ist, schon ehe

etwas Schlimmes passiert?

Je länger Dr. Köhler sein ei–

genes und das amtliche Daten–

material durchforschte, desto

stärker wurde ihm bewußt, daß

Antworten auf diese Fragen für

eine vorbeugende Unfallbe–

kämpfung von entscheidender

Bedeutung sein können . Mit

einer Reihe verschiedener psy–

chologischer

Meßmethoden

versuchte er deshalb, sich Aus–

kunft zu verschaffen, ob und in

welchen seelischen Merkmalen

"Unfallkinder" sich von .unfall–

freien Kindern unterscheiden.

Dieser Forschungsansatz för–

derte eine kleine Sensation zu

Tage: Tatsächlich schälten sich

nämlich aus den Tests, die teil-

schwächer

ausgeprägt

stärker

ausgeprägt

Die Meßwerte für häusliche Proble–

me, unbewältigte Konflikte, Stim–

mungsschwankungen, Nervosität

usw. sind bei emer bestimmten

Gruppe von Unfallkindern stärker

ausgeprägt (blaue Säulen) als bei

unfallfreien Kindern

(schwarze

Säulen).

weise bis zu

100

verschiedene

Meßpunkte umfaßten, zwei Ty–

pen besonders unfallgefährde–

ter Kinder heraus. Die zahlen–

mäßig weitaus größte Gruppe

stellen die aktiven, geselligen,

wenig ängstlichen und inner–

lich stabilen Kinder. Unbe–

schwert und spontan, wie sie

sind, bringen sie sich häufig in

gefährliche Situationen . Beden–

ken und Minderwertigkeitsge-

fühle belasten sie wenig.

'

Das Risiko empfinden die

_J

Kinder förmlich als Anreiz, Ge–

fahrensignale schlagen sie in

den Wind . Aktiv und dyna–

misch, unbeschwert und erleb–

nishungrig sind sie stets vorne

dran, wollen sich durchsetzen

und geraten so zwangsläufig

eher in Unfallsituationen . Das

eigene Sicherheitsbedürfnis ist

bei diesem "dynamischen Typ"

wenig ausgeprägt. Die Umwelt

empfindet er pausenlos als star-

ke Herausforderung an seinen

Tatendrang. Darum gehört er

auch zu denen, die blindlings

über die Straße laufen, wenn

auf der anderen Seite ein

Freund winkt.

Deutlich zeichnet sich dane–

ben ein zweiter Typ unfallge–

fährdeter Kinder ab. Er ist zah–

lenmäßig weit seltener anzu–

treffen als der erste, und auch

seine Persönlichkeitsmerkmale