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A

m Sonntagabend beginnt in der

Familie Huber das allwöchent–

liche Drama : Kathrin wird übel,

ist leicht reizbar, in der Nacht wälzt

sie sich im Bett und kann vor lauter

Herzrosen nicht einschlafen . Unzählige

Arztbesuche haben bei der 12-jähri–

gen Gymnasiastin keinen organischen

Befund gebracht, in den Schulferien ist

sie auffälligerweise völlig beschwerde–

frei. - Szenenwechsel: Der 15-jährige

Thomas steht kurz

zuckungen im Gesichtsbereich.

Prüfungsangst beeinträchtigt aber

nicht nur das körperliche Wohlbefin–

den, sondern vor allem das Denkver–

mögen . Wer kennt nicht die berühm–

ten Blackouts oder Gedächtnisblocka–

den? Am Morgen beherrschte man

seine Vokabeln noch aus dem Effeff,

in der Prüfung war dann alles plötz–

lich wie weggeblasen . Angst kann

hier selbst bei bester Vorbereitung den

WER KENNT SE NICHT:

VERSAGENSÄNGS'n UND ALP-

TRAUME

VOR SCHULAUFGABEN

UND PRÜFUNGEN? ANGST

LiHMT, ANGST KANN SOGAR

~:~:f~:~~~~

Angst vor der Schule

tungen durchaus zufriedenstellend;

dennoch träumt er nachts regelmäßig

davon, dass er versagt, und schreckt

schweißgebadet auf.

Horrorszenarien oder durchaus re–

alistische Situationsschilderungen aus

dem Alltag mancher Schüler? Sicher–

lich wird sich jeder Erwachsene an

mehr oder weniger stressbeladene

Situationen aus seiner Schulzeit erin–

nern . Die Frage ist nur, ob heute wirk–

lich „immer mehr Schüler von Schul–

ängsten geplagt" werden, wie erst

kürzlich in etlichen Zeitungen zu lesen

war. Wiltrud Richter, seit 22 Jahren

Diplompsychologin an den Nymphen–

burger Schulen in München, kann ei–

ne deutliche oder gar drastische Zu–

nahme von Schulängsten nicht bestäti–

gen . „Ich denke, es ist vielmehr eine

Frage der Sensibilisierung . Man geht

heute viel selbstverständlicher mit Angst

um und nimmt viel bereitwilliger die

Hilfe eines Psychologen in Anspruch

als früher."

Befragt man Schüler, welche Situa–

tionen in der Schule Stress erzeugen,

so erwä_hnen sie an erster Stelle die

Klassenarbeiten . Sie sind der Grund,

dass sie vor Prüfungen nicht ein- oder

durchschlafen können, dass sie über

Bauch- und Kopfschmerzen klagen .

Aber auch die überraschende Stegreif–

aufgabe oder das Zücken des Noten–

buches vor dem mündlichen Ausfra–

gen verursachen bei den einen Herz–

klopfen, bei den anderen feuchte

Hände. Neben solchen vergleichswei–

se 'harmlosen' körperlichen Reaktio–

nen stehen schlimmere Fälle wie Übel–

keit und Erbrechen oder die so ge–

nannten Tic-Störungen, meist Muskel-

schulischen Erfolg erheblich beein–

trächtigen. Dabei ist ein mittleres Maß

an 'Angst' im Sinne von Anspannung

und Aufgeregtheit für die geistige Leis–

tungsfähigkeit durchaus förderlich, er–

höht es doch die Wachheit und Auf–

merksamkeit in bestimmten Situatio–

nen. Wenn Angst allerdings dieses

gesunde Maß übersteigt, kann sie

nicht nur hemmend wirken, sondern in

gesteigerter Form krank machen .

Nun muss sich schon ein gehöriges

Konflikt- und Frustrationspotential an–

gesammelt haben, bis die Angst vor

der Schule extreme Formen annimmt.

Aber selbst bei den scheinbar so ein–

deutigen Fällen wie der Angst vor ei–

ner Prüfung ist die Zuordnung Ursa-

KRANK MACHEN. EIN BLICK

AUF DE URSACHEN SOLL

HILRN, DEM KOMPLEXEN

PllANoMEN •RR ZU

WERDEN.

ehe - Folge nicht so einfach. „Angst

ist etwas höchst Komplexes", betont

die Diplompsychologin Sybille Kanne–

wischer vom Institut für Sonderpäda–

gogik an der Universität München. Eine

Mathematik-Schulaufgabe oder das

mündliche Ausfragen bedeute ja an

und für sich noch nichts Bedrohli-

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SCHULE

aktuell

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