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men selbst als Teil der Seelsorge aus–

gibt. Dabei wird der

Preclear,

aber

auch der fortgeschrittene Scientologe,

unter Zuhilfenahme eines

Elektrome–

ters,

einer Art Lügendetektor, bis ins

intimste Detail über sein bisheriges Le–

ben befragt, um schmerzliche und un–

angenehme Erinnerungen aufzuspü–

ren, sogenannte

Engramme,

die in sei–

nem

reaktiven Verstand,

also dem Un-.

terbewußtsein, gespeichert sind und

durch ihr Wiederaufrufen gelöscht wer–

den sollen. Durch ständiges und wie–

derholtes

Auditing

den Endzustand

des

Clear

zu erreichen gilt als das

oberste Ziel eines Scientologen.

Gleichzeitig stellt es den Wunschzu–

stand der Welt dar:

11

Clear

the pla–

net", so lautet die Forderung des

1986 verstorbenen Scientology-Grün–

ders Lafayette Ron Hubbord.

Ein Blick auf die Entstehungsge–

schichte der Organisation und die Bio–

graphie ihres Gründers wirft ein be–

zeichnendes Licht auf das Selbstver–

ständnis von Scientology. Hubbord,

1911 in Nebraska/USA geboren, hat–

te in den 30er und 40er Jahren einen

gewissen Erfolg als Verfasser von mit–

telmäßigen Science-Fiction-Romanen.

Amateure als

Psychotherapeuten

Nach Kontakten mit okkulten satani–

schen Zirkeln in Kalifornien veröffent–

lichte er 1950 das Buch 'Dianetics. A

Modern Science Of Mental Health'.

Ursprünglich als Do-it-yourself-Anlei–

tung gedacht, stellt es eine

11

Therapie"

vor, die es ermöglichen soll,

11

den Men–

schen als Geistwesen zu erlösen".

Durch den Verkaufserfolg des Bu–

ches ermutigt, gründete Hubbard im

gleichen Jahr ein Dianetik-Zentrum

und vier Jahre später die erste Scien–

tology Church. Letzteres geschah laut

Aussage ehemaliger enger Mitarbei–

ter aus rein pragmatischen Überlegun–

gen: Als Religionsgemeinschaft genoß

sein Unternehmen nicht unbeträchtli–

che Steuervorteile, und zudem konnte

er sich, indem er die von Amateuren

durchgeführten psychotherapeutischen

Praktiken als Kultübung definierte,

dem Zugriff der amerikanischen Ge–

sundheitsbehörde entziehen.

Die erste deutsche Scientology-Nie-

derlassung wurde 1970 in München

gegründet. In den 80er Jahren folgten

weitere Gründungen in Berlin, Ham–

burg, Düsseldorf, Frankfurt, Hannover

und Stuttgart. Inzwischen hat Sciento–

logy StützpUnkte in 27 deutschen

Städten. In Bayern ist die Organisati–

on mit

11

Kirchen",

11

Missionen" und

Celebrity-Centern in Augsburg, Mün–

chen und Nürnberg vertreten. Allein

in der Region München spricht man

von mehreren tausend Anhängern.

Die Frage, ob Scientology als Kir–

che oder doch eher als Dienstlei–

stungsgewerbe einzustufen ist, hG1t in

D

urch den kosten–

losen Versand der

Broschüre 'Der Weg

zum Glücklichsein

-

ein

Leitfaden zum besseren Leben, der auf

gesundem Menschenverstand beruht'

oder des Buches 'Was ist Scientology?'

versucht die Organisation

nun

auch in

den Bereich der Schulen einzudringen.

1994 wandte sich Scientology in einer

eigenen Aktion

an

bayerische Religi–

ons-

bzw.

Ethiklehrer und bot Infor–

mationsveranstaltungen in der Schule

oder Führungen in den hauseigenen

Räumen

an.

letzter Zeit auch die deutschen Behör–

den und Gerichte beschäftigt. Das

wichtigste Urteil in diesem Zusammen–

hang erging im März 1995, als das

Bundesarbeitsgericht entschied, das

Auftreten von Scientology als Kirche

sei lediglich Vorwand zur Durchset–

zung wirtschaftlicher Interessen und

Forderung

nach totaler Disziplin

könne somit nicht auf die durch Arti–

kel 4 des Grundgesetzes geschützte

Religionsfreiheit gestützt werden. Dar–

über hinaus bestätigte das Ge–

richt die

11

menschenverachten–

den Anschauungen" von Scien–

tology und wies auf ihre

11

tota–

litären Tendenzen" hin.

Daß die Organisation zu–

mindest ein gebrochenes

Verhältnis zum Selbstbe–

stimmungsrecht des Men–

schen hat, zeigt eine inter–

ne Anweisung Hubbards

aus dem Jahre 1968:

11

Da

Sci–

entology jetzt totale Freiheit

bringt, ·muß sie auch die Macht

und die Autorität haben, totale

Disziplin zu fordern." In ein

ständiges Überwachungssystem

eingebunden, verlieren die Mit–

glieder so die eigene Denk- und

Entscheidungsfähigkeit

und sind schließlich

gar nicht mehr in der

Lage, sich aus eigener

Kraft von der Organi–

sation zu lösen.

„Es handelt sich hier

um hochwirksame Me–

thoden der Suggesti–

on", erläutert Dr. Wolf–

gang Behnk, Sekten–

beauftragter der Evan-

gelischen Landeskirche

in Bayern. „Die typischen Kunden von

Scientology sind · im übrigen keines–

wegs depressive Mauerblümchen,

sondern oft ganz dynamische, kreative

junge Leute, für die die Versprechun–

gen von Scientology ein großes Ver–

lockungspotential darstellen." Eine be–

troffene Mutter bestätigt diese Ein–

schätzung. „Meine Tochter war schon

immer ein sehr neugieriges und ehr–

geiziges Mädchen. Eines Tages teil-

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SCHULE

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