DIE MENSCHEN WERDEN HEUTE DANK DER GUTEN MEDIZINISCHEN VERSORGUNG
IMMER ÄLTER. WIR WERDEN DAHER IN ZUKUNFT MEHR ALTENHEIME BRAUCHEN. UND
NICHT NUR DAS. WIR WERDEN VOR ALLEM ENGAGIERTE LEUTE BRAUCHEN, DIE
SICH UM DIE ÄLTEREN MENSCHEN KÜMMERN UND SIE VERSORGEN.
Schwester Theresia, was hat Sie vor
18 Jahren dazu bewogen, Altenpfle–
gerin zu werden?
Ich hatte mir immer einen Beruf ge–
wünscht, in dem es mir möglich ist,
Menschen zu helfen. Schon als Mäd–
chen wollte ich Krankenschwester
werden, aber meine Mutter war von
dieser Idee nicht begeistert. Ich lernte
dann Konfektionsnäherin und arbei–
tete 15 Jahre in diesem Beruf. Aller–
dings machte mir die Fließbandarbeit
keinen Spaß. Deshalb habe ich mit 38
den Entschluß gefaßt, mich zur Alten–
pflegerin umschulen zu lassen.
Welche Ausbildung erhielten Sie?
Die Ausbildung an der Katholischen
Fachschule in München dauerte ins–
gesamt zwei Jahre. Ein Jahr lang
wurden wir in Fächern wie Krank–
heits- und Medikamenten lehre, Ge–
sprächsführung oder Alterspsycholo–
gie auf die zukünftige Tätigkeit vor–
bereitet. Im zweiten Jahr mußten wir
ein Berufspraktikum absolvieren; in
diesem sogenannten Anerkennungs–
jahr arbeitete ich auf der Pflegesta–
tion des Heilig-Geist-Altenheims in
München. Danach waren wir staat–
lich anerkannte Altenpflegerinnen.
Haben Sie Ihren Berufswechsel in–
zwischen schon einmal bereut?
Nein. Ich gehe heute noch genauso
gern in meine Arbeit wie früher.
Wie sieht heute Ihr Arbeitstag auf
der pflegestation aus?
Wenn ich Frühschicht habe, beginnt
mein Dienst um 6.00 Uhr morgens.
Da ich mittlerweile Stationsleiterin
bin, informiert mich die Nachtschwe–
ster am Anfang über alles, was in ih–
rer Schicht vorgefallen ist. Ab 6.30
8 SCHULE
aktuell
,,Manchmal ist Altenpflege
Schwerstarbeit!'
Uhr bin ich zusammen mit drei oder
vier anderen Pflegekräften mit den
Vorbereitungen für das Frühstück be–
schäftigt. Dazu gehört, daß wir den
alten Leuten aus dem Bett helfen, sie
waschen und ihnen dann das Früh–
stück eingeben. Inzwischen habe ich
auch die Medikamente hergerichtet,
die im einzelnen vom Arzt verschrie–
ben worden sind.
Und nach dem Frühstück?
Da setzt sich das Team der Pflege–
kräfte zusammen und bespricht den
weiteren Dienstplan für den Vormit–
tag. Ein Heimbewohner hat z. B. vom
Arzt Dehnübungen verordnet bekom–
men, bei einem anderen muß der Ver–
band gewechselt werden usw. Wenn
die angefallenen Arbeiten erledigt
sind, ist es meist schon Zeit, das Mit–
tagessen auszuteilen. Hier achten wir
darauf, daß die Leute das Essen auch
warm bekommen und daß sie genü–
gend essen und trinken..Anschließend
richten wir alles für die Ubergabe der
Station an die nächste Mannschaft
her. Bei der Übergabe selbst spreche
ich dann mit der Schwester, die nach
mir die Verantwortung für die Station
übernimmt, jeden einzelnen Pflegefall
durch und weise sie auf alles Wichti–
ge hin. Die Frühschicht endet schließ–
lich um 15.00 Uhr.
Was ist an Ihrer Tätigkeit besonders
anstrengend?
Sehr viel Zeit und Kraft benötigt man
vor allem für schwergewichtige Män–
ner, die z. B. an Multipler Sklerose lei–
den oder geistig verwirrt sind und da–
her für alle Dinge eine Hilfe benöti–
gen. Wir haben zwar Hebegeräte,
und auch unser Bad ist höhenverstell-
bar, dennoch bleibt das Schwerstar–
beit. Ich brauche dafür viel Zeit, denn
wenn ich Hektik ausstrahle, überträgt
sich das auf den MS-Patienten, und er
kann mich bei seiner Pflege nicht un–
terstützen. Auch seelisch ist der Dienst
in der Pflegestation nicht immer leicht
zu bewältigen. ln aller Regel bauen
die Leute bei uns ja im Laufe der Jah–
re ab, was zur Folge hat, daß wir häu–
fig mit dem Tod konfrontiert werden.
Gerade im letzten Jahr hatten wir
sehr viele Sterbefälle.
Wie wird man damit fertig?
Nicht so ohne weiteres. Wissen Sie,
zwischen Pflegern und Heimbewoh–
nern entwickelt sich mit der Zeit eine
enge Beziehung. Nur mal ein Bei–
spiel: Da gibt es zur Zeit eine 93jähri–
ge auf unserer Station, die oft "Ma–
ma" zu mir sagt. Wenn so jemand
stirbt, dann geht einem das schon
sehr nahe. Trotzdem bemühe ich mich
immer um eine positive Lebenseinstel–
lung, denn das erleichtert mir die Ar–
beit und hilft auch den alten Men–
schen. Ich kann es ja nicht ändern,
daß Menschen gebrechlich werden
und sterben. A lt werden wir alle und
meistens ·nicht gesünder - das verges–
sen viele. Natürlich bin ich nach
einem anstrengenden Arbeitstag
manchmal fix und fertig. Mir hilft in
solchen Situationen, daß ich daheim
vollkommen abschalten kann, indem
ich Musik höre, mich mit meinem
Mann unterhalte oder Sport treibe.
Haben Sie genügend Zeit, die alten
Menschen intensiv zu betreuen?
Ja durchaus, und das halte ich auch
für sehr wichtig. Wenn es nicht mög–
lich wäre, auf den einzelnen einzuge-