Beim Reproduzieren des Gelernten, etwa bei
Hausaufgaben oder Prüfungen, kommen automa-
tisch die Emotionen, die den Lernvorgang begleitet
haben, wieder zum Vorschein. Manfred Spitzer
betont: „Schlichte Wissensreproduktion wie etwa
das Lernen von Vokabeln oder Jahreszahlen funk-
tioniert auch bei negativen Emotionen wie Angst.
Allerdings wird dann bei jeder Reproduktion die
Angst wieder mit hervorgeholt. Dieses Wissen ist
deshalb vollkommen ungeeignet dazu, um Proble-
me zu lösen oder Zusammenhänge zu erkennen.“
Für Spitzer ist deshalb klar: „Wenn Schüler die
entsprechenden Inhalte, Einstellungen, Fähigkeiten
und Fertigkeiten lernen sollen, um kreativ an Pro-
blemlösungen heranzugehen, dann ist eine positive
Lernumgebung an den Schulen von zentraler Be-
deutung.“ Zudem gilt: Eine positive Lernumgebung
hilft auch dabei, Hürden zu überwinden und einen
Lernprozess durchzuhalten, wenn Schwierigkeiten
auftauchen.
Kennzeichen einer positiven Lernumgebung
Was aber genau ist eine positive Lernumgebung?
Wissenschaftler etwa aus der Bildungs- und Ver-
haltensforschung halten unter anderem folgende
Punkte für zentral:
eine schülerzugewandte, wertschätzende und
optimistische Sprache
Aufbau eines produktiven Schülerselbstbildes
– Schüler in der Überzeugung bestärken, ihre
kognitive Leistungsfähigkeit beein ussen zu
können
eine positive Fehlerkultur, denn
Fehler sind wichtige Umwege zum
richtigen Ergebnis und neuer
Anreiz für weiteres Lernen
eine motivierende Aufbereitung
der emen: „Wir lernen, wenn
wir neugierig sind“, sagt Manfred
Spitzer
eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung: Gute
soziale Beziehungen begünstigen den Lernerfolg
ganz erheblich.
Dass Lernerfolg in hohem Maße von einer po-
sitiven Einstellung zum Lernen abhängt, belegen
auch die Schüleraussagen, die im Zusammenhang
mit vielen nationalen und internationalen Schul-
leistungsstudien abgefragt werden. Je mehr es
Lehrkräften gelingt, Freude und Neugier bei den
Schülern zu wecken, umso höher ist die Wahr-
scheinlichkeit für deren Lernerfolg.
Preisgekröntes Praxisbeispiel
Wie eine positive Lernumgebung konkret gestal-
tet werden kann, zeigt das mit dem Deutschen Leh-
rerpreis 2015 ausgezeichnete „My Science“-Projekt
am Gymnasium Olching. Das innovative Konzept
zur Förderung in Mathematik, Informatik, Natur-
wissenschaften und Technik (MINT) ruht auf
verschiedenen Säulen: Kernstück ist das „Sci-
ence-Lab“, ein gut ausgestatte-
tes Labor mit Werkstatt. „Hier
können Schüler aller Jahr-
gangsstufen ihren Forscherdrang entdecken
und ausleben. Wir Fachlehrer und speziell
ausgebildete ältere Schüler, die Wissenschaftstuto-
ren, unterstützen sie dabei“, erklärt Tanja Neufeld,
eine der Lehrkräfte des „My Science“-Teams. Die
alljährliche „Science Fair“, eine Wissenschaftsmesse
an der Schule, bündelt die naturwissenschaftlichen
Aktivitäten vor Ort: Hier stellen Klassen aller
Jahrgangsstufen ihre Projekte vor – eingebettet
in ein buntes Rahmenprogramm. Ein besonderer
Hingucker ist das Projekt „ e Brain of Olching“,
das im mathematisch-technologischen Zweig der 10.
Klassen statt ndet. Angelehnt an die TV-Show „ e
Voice of Germany“ konkurrieren Teams darum, als
Tanja
Neufeld
Fünf einfache Lerntipps
1. In handlichen Portionen lernen:
Statt 50
Vokabeln auf einmal zu lernen, ist es besser, in
kleineren Einheiten je zehn Vokabeln zu lernen.
Regelmäßiges Lernen ist ideal.
2. Aktives Lernen:
Nimmt man Fakten ein-
fach nur auf, bleiben sie ober ächlich. Eine tiefe
Verankerung des Wissens entsteht, wenn man es
anwendet und auf andere Bereiche überträgt, etwa
in dem man es jemandem erklärt, gra sch gestaltet
oder präsentiert.
3. Keine Angst vor Fehlern:
Wer Fehler vermei-
den will, weicht selbstständigem Wiederholen und
Ausprobieren aus – genau das ist aber wichtig, um
sich Wissen oder Kompetenzen richtig anzueignen.
Fehler sind für gutes Lernen unerlässlich.
4. Ziele setzen:
Lernen ist oft auch anstrengend.
Ein klares Ziel zu haben, motiviert: Wichtig ist, für
sich selbst zu klären, was man durch das Lernen
erreichen möchte. Liegen Ziele wie etwa erfolgrei-
che Abschlussprüfungen in weiter Ferne, legt man
am besten Etappenziele fest.
5. Belohnungen einbauen:
Ist eine Etappe
erreicht, motivieren kleine individuelle Belohnungen
weiterzumachen: Musik hören, Freunde tre en,
Sport machen, etwas essen, sich über das Gescha te
freuen.
8
Schule & wir
1 | 2016
TITEL