War es schon immer Ihr Plan, Lehrer zu werden?
Nach dem Abitur, als meine Zeit beim FC
Bayern begann, keimte in mir die Idee – egal,
wie es mit dem Fußball weitergeht – als Lehrer
oder Trainer zu arbeiten. Diese Idee war schon
sehr früh in mir verankert. Während
meiner Zeit beim FC Bayern habe
ich mich auch in der Uni einge-
schrieben. Es gab
zwar noch kein
konkretes Ziel, aber da ich nicht
absehen konnte, ob und wie es mit
einer Pro -Karriere weitergehen wür-
de, durfte ein Plan B nicht vergessen werden.
Ab diesem Zeitpunkt war Mathematik mein
ständiger Begleiter und sollte mich später noch
intensiv beschäftigen.
Wie empfanden Sie nach Ihrem Ende als Profi-
Spieler das Studentenleben?
Während des Studiums und des Referendariats
ging es in vielen Momenten darum, sich selbst zu
überwinden, sich durchzusetzen, zu kämpfen und
auch in schwierigen Situationen nicht aufzugeben.
Meine längste verletzungsbedingte Auszeit dauerte
14 Monate, jeden Tag sieben Stunden Rehazentrum,
Kraftraum: Ohne Energie und Durchhaltevermö-
gen hätte ich nie den Weg zurück gescha t.
Ich erinnere mich an einen vergleichbaren
Moment während des Studiums: Ein paar
Wochen nach Semesterbeginn ging ich aus einer
Vorlesung, bei der ich wieder einmal einiges
nicht verstanden hatte, auf die Toilette, in der
einige Fliesen auf den Boden gebröckelt waren.
Da stellt man sich schon die Frage, ob das der
richtige Weg ist: vor ein paar Wochen noch in
einem 5-Sterne-Hotel und jetzt stehst du vor
einem „Scherbenhaufen“! Es war klar, dass der
Vergleich natürlich hinkt, aber ich habe schon zu
zweifeln begonnen.
Ich bin glücklich und auch ein wenig stolz
darüber, es gescha t zu haben – von meiner
Pro -Zeit habe ich sicherlich das notwendige
Durchhaltevermögen mitgebracht.
Fehlen Ihnen die Fußballfans?
Als junger Spieler habe ich das genossen,
doch je älter ich wurde, desto mehr Belastung
stellte für mich die Präsenz in der Ö ent-
lichkeit dar. Es geht nicht nur um das Fuß-
ball spielen, es geht um einen Verein, um Geld,
schließlich auch um Existenzen. Die Anonymität
im Studium und auch als Lehrer im Vergleich
zum Leben als Pro fußballer emp nde ich daher
eigentlich als sehr angenehm. Ich muss sagen, dass
es wirklich gut tut, wenn sich die Ö entlichkeit
für einen nicht interessiert und man konzentriert
seine Arbeit machen kann.
Wie beurteilen Sie die Arbeit als Lehrer im
Vergleich zu der eines Fußball-Profis?
Als Fußballer habe ich mir oft die Frage gestellt,
welche Bedeutung das eigene Handeln für mich
und auch für die Gesellschaft hat. Man merkt
als Pro nicht wirklich, welche Bedeutung der
Fußball über das Liga-Spiel hinaus hat. Erst nach
meiner aktiven Zeit realisierte ich diesen Ein uss.
Es gibt tausende Fans, die sich zusammentun und
als Gemeinschaft mit Leib und Seele ihren Verein
anfeuern – das geht schon über eine bloße Unter-
haltungsshow hinaus.
Als Lehrer spüre ich viel o ensichtlicher und
schneller den Wert meiner Arbeit. Mit Heranwach-
senden zusammenarbeiten, Wege aufzeigen, auf das
spätere Leben vorbereiten und sich kritisch mit sich
selbst und den anderen auseinandersetzen – das ist
Fußball, Lehramt und
kreative Freiheiten
Auf dem Trainingsgelände des 1. FC Nürnberg in einem gemütlichen Treff für Fuß-
ballfans und Spieler:
Schule & wir
spricht mit dem Fußballer Dieter Frey über seinen
Sport und sein Leben nach dem Profi-Fußball: Der ehemalige Defensiv-Spezialist
ist inzwischen Mathelehrer am Gymnasium der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg.
INTERVIEW
Dieter Frey
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Schule & wir
1 | 2016